19 Mai 2008

Musik und Tön


II. Staffel

IV.
Von heute aus könnte ick ooch nich mehr so jenau sagen, wieso ick eigentlich mit meine ex zusammen war. oder die mit mir. ick dachte mir eben, dass man nu mal mit irgendwem zusammen sein muss. oder dass et besser is, regelmäßich zu streiten, als wenn man dauernd janz alleene rumzusitzt. wat für'n quatsch!

und meine ex, die brauchte wohl bloß'n mann zum vorzeigen. egal, wat für eenen. ihre eltern, ihre freundinnen, die hätten ja womöglich komisch kucken können, wenn se keenen findet. dit wollte sie nich riskieren. als wir noch jünger warn kams ihr auf geld noch jar nich so an, sie hat ja selber verdient.

inzwischen hat se sich eenen mann mit ordentlich kohle jesucht - der muss noch'n größeren schatten haben als ick damals: ick frage mich, wie er det mit die hyäne aushält, die meine ex is. vielleicht jeht se ihm ooch weniger uffn keks, so lange wie er sich großzügich zeicht. gloob ick aber nich - die triezt leute aus prinzip, und nich weils um irgendwat wichtiget jeht.

ick dachte damals, dass dit so sein muss, wenn man zusammen is. dabei heute, mit susanne, is dit allet so einfach, wir müssen uns noch nich mal groß mühe jeben, dit jeht allet einfach so von selbst.

irgendwann kam meine ex mit 'sie brauchte mehr freiheit' und so. dachte ick mir erst nüscht bei, freiheit is ja nüscht schlechtet, an sich. dass se vielleicht mich damit meinen könnte, auf den jedanken bin ick jar nich jekommen.

denn hat se wat mit ihrem chef anjefangen. habe ick zufällich herausjefunden, ging mir aber nich so zu herzen, „wenn se meint" dachte ick, sie jehört mir ja ooch nich. nich mir persönlich, meine ick. und man hat ja selber mal seine schwachen momente, ick seh mir ooch jerne hübsche mädels an. aber jegessen wird zu hause!

der chef hat denn ziemlich bald wieder schluss jemacht mit meine ex, wurde ihm wohl zu anstrengend. kann ick ihm jut nachfühlen. oder zu teuer. und da kam se zurück.

denn hatte ick sie aber wieder dauernd am hals, und dit wurde noch nerviger zu hause. isn blödes jefühl, wenn dir dauernd bedeutet wird, wie sehr de zweite wahl bist. dit war die zeit, wo meine modellbahn zu voller blüte kam.

uff ihre arbeit war dit wahrscheinlich nu ooch nich mehr so lustich, wo der chef mittlerweile ihr ex war und sie den jeden tach bewundern konnte. ihm hat dit vermutlich nich viel ausjemacht, jenau deswegen isser doch chef jeworden, dicket fell kann da sehr hilfreich sein. bei mir konnte se sich ja leider nich ausheulen. dit hat se aber doch tatsächlich einmal kurz versucht. ick habe ihr bescheiden bedeutet "musste dich bei deinem chef beschweren, der is dafür zuständich, so is dit in modernen unternehmen. und wenn er nich will, jehste zu deine freundinnen und kaust die beede ohren ab."

bin ick mal jespannt, wat die jesacht hätten: wie der untreue fatzke sie einfach liegenlassen konnte, wo se sich doch so an ihn ran jeschmiert hat. die hätten mitjefühl jeheuchelt und hinter ihrem rücken tückisch jelästert, wusste sie ja. die freundinnen waren da jenauso ehrlich wie meine ex, deshalb konnten die überhaupt so jut mit'nander. aber war ja klar, dass am ende irgendeener die schuld da dran haben musste. war ja klar, dass ick dit wohl sein würde.

irgendwann is se ausjezogen - meine ex, nich die modellbahn - sie tönte immer noch, sie brauchte 'mehr freiheit'. na, dacht ick mir, wohl eher freie bahn für eenen neuen beschäler. für eenen kerl der blöde jenuch is.

dabei jings ihr noch nich mal ums beschälen, nich mal darum. dit hat sie jedenfalls nie sonderlich interessiert, nich mal janz am anfang als wir zusammen waren. ick meine, wenn man noch so jung und frisch is, da is man doch ständig in aktion, da möchte man doch ständich. nich so meine trude. die hatte mich wirklich nur, damit ihre freundinnen nich denken, sie würde keenen abkriegen.

nee, sie heißt nich trude, meine ex heißt anders, „der name wurde von die redaktion jeändert", nur falls sie doch nochmal 'n anwalt kennlernt.

irgendwie war unser familienleben damals so dit volle janze pflichtprogramm: sonntachsausfluch, kinoschmonzetten, weihnachtsmärkte, strandurläube. und nüscht, wo man wat erlebt, wat man nich schon hundertmal jesehen hat.

hin und wieder mal beischlaf „auf besonderen wunsch eines einzelnen herrn". aber jedenfalls nich aus liebe. noch nich mal aus gier. höchstens aus langeweile. zum glück sind da keene kinder bei entstanden.

sonntachsausfluch in die langweilichsten ecken der provinz, zur blumenausstellung oder zum obstweinfest nach werder, spezialität „Bretterknaller", wo schon mittachs lauter besoffene rumtorkeln und gröhlen und streit suchen.
kinoschmonzetten mit herz und schmerz, hauptsache mit möglichst berühmte filmstars, und am ende kricht die hauptdarstellerin ihren reichen macker. meine ex dachte wohl, dass ihr leben ooch noch so wird.
weihnachtsmärkte, die alle gleich stinken, nach verbrannten würstchen und dünnem glühwein, mit immer dieselben drei andenkenbuden. meine ex liebt weihnachtsmärkte, „die sind ja sooo romantisch". und ick bin det ja nich, wa?

urlaub war immer am schlimmsten: pauschal und irgendwo am strand, volle drei wochen lang! ick bin jedes mal vor langeweile fast jestorben und war immer heilfroh, wenn's wieder vorbei war. wenn ick jesacht habe „wir können uns doch ooch ins auto setzen und einfach irgendwo anhalten" war ihr det immer „zu unsicher" und sie hatte ooch wat gegen „die ganzen verwanzten pensionen im ausland!" Die hat noch nie ne verwanzte pension jesehen, schwör ick ihnen! so wat kennt die jar nich. jenau: und ooch keene ohne wanzen.

aber triste hotelzimmer in sengender hitze ham ihr nüscht ausjemacht. im besten fall hatte sie da sogar noch wat zu nölen, weil da ne schwarze spur auf dem silikon an der wanne war: „Iiiiiigitt! Schimmel!" Beim billijen pauschalfrühstück zwischen den janzen anderen lemmingen zu sitzen hat sie nich jestört. jeden tach denselben weg zum strand trampeln, zusammen mit tausend anderen... ach wat, ick reg mich ja bloß auf, is ja zum glück vorbei. und da is nüscht, wat ick vermissen würde!

schon deswegen hab ick lauter bewunderung für meine susanne. wenn ick an den unterschied denke, kann ick mir jar nich vorstellen, dass die beiden auf demselben planeten leben: susanne is zu fuß in marokko jewandert, ohne klo und frühstücksbüffet, sowat jeht anscheinend ooch, und zum paddeln war se zwischen die schwedischen inseln. sie kann alleene zelten und ohne hilfsmittel feuer machen. na 'n messer brauch se wohl dafür. ihr fahrrad will se immer alleene reparieren und ick muss ihr meine hilfe förmlich aufdrängen, ick hab schließlich ooch manchmal zeit für so wat. wenn se'n kratzer oder ne offene schwiele hat, is se stolz drauf, lacht und meint „Faules Fleisch muss weg, das wächst schon wieder zu".

Susanne kann ooch tapezieren und malern und leuchten anschließen - aber im staubwischen sind wer beide gleich schlecht und auf dit jeschirr hat keener so rechte lust. dit waren nu wieder die spezialstrecken von meine ex - und wehe, da kam unautorisiert wiedern stäubchen dazu, denn war die kacke am dampfen! ehrlich, mir fehlt da wirklich nüscht.

wir wären schon beede jerne n bisschen ordentlicher - aber susanne ist künstlerin, sacht se denn immer. und ick bin een schwachet opfer meiner triebe. nichaufräumenwollen zählt doch zu die triebe, oder? janz so schlimm isset vielleicht ooch jar nich, wir wolln ja doch nich, dass unsere kleene im chaos aufwächst.


V.
wie meine ex weg war, konnte ick meine freizeit wenichstens wieder bei tageslicht verbringen. ick musste nich immer runter in den staubijen keller. sicher, jemusst hätte ick vielleicht nich, aber oben war ja die hölle. is eigentlich lustich, wenn ick drüber nachdenke, dass bei uns die hölle oben war, und unten nich.

viel besser war's nachher trotzdem nich, nu saß ick ja alleene rum. ick bin nich schüchtern oder so, aber irgendwie bliebs dabei, ziemlich lange, fühlte sich einsam an. ick hatte zwar auf arbeit meine kollegen und ooch so noch n paar freunde, aber dit is wat anderet als ne eigene frau. trübe zeit war dit, will ick jar nich dran erinnert werden ... fast jenau so wenich wie an die zeit mit meine ex.

zum glück is dit inzwischen lang jenuch her: dauert ne weile, aber verwächst sich allmählich.

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