23 Februar 2009

Zusammentreffen

Ich versuche mir noch einen Reim auf das Zusammentreffen zweier sehr unterschiedlicher Jubiläen zu machen (wie heißt eigentlich das Originalereignis zu einem Jubiläum?), derer gerade gedacht wird:

Am 20. Februar 2009 hätte Heinz Erhardt seinen hundertsten Geburtstag gefeiert gehabt¹. 
Am Tag seines Geburtstages wurde 1909 außerdem das Futuristische Manifest veröffentlicht, ein künsterlisches künstlerisches Manifest, das Gefahr, Geschwindigkeit und Moderne bejubelte und dabei einige seiner Protagonisten irgendwie zum Faschismus zu führen schien.


Zu Heinz Erhardt wehklagen vorhersehbar tausende Leser "Ja, wenn wir heute noch solche Komödianten hätten..." Dazu fällt mir bei all den aktuellen Krokodilstränen ein, dass ich von ihm reichlich Schrott gesehen habe, Filme in denen er mitwirkte und an die ich mich lieber nicht erinnere: Brave Geschichten aus den 50er und 60er Jahren der Bundesrepublik, die die heile Wirtschaftswunder- und Familienwelt in ihrer Richtigkeit bestätigten. Von Anarchie keine Spur. Erhardt selbst sah seine Tätigkeit dabei durchaus kritischer als seine Jünger in der Gegenwart. Also könnten wir doch seine besseren Werke in angenehmer Erinnerung behalten und über den schaurigen Rest den Mantel des Schweigens breiten. ²


Das Futuristische Manifest wird heute wieder einmal im Maßstab eins zu eins als quasi-gesetzliche Handlungsanweisung gedeutet, nicht etwa einfach als ein provokatives Prosa-Gedicht aus der Frühzeit der Stromlinienform, das eher zufällig den Startpunkt und Oberbegriff zu einer umfassenderen künstlerischen Strömung bildete. ³


Wenn sich zwischen diesen beiden Ereignissen und seinen beiden zeitgleichen Jubiläen sonst schon kein Zusammenhang konstruieren lässt, so doch wenigstens der, dass man alles missverstehen kann - wenn man nur wirklich will.





¹ wenn er denn so alt geworden wäre. Die schwere Krankheit, mit der er gestorben ist, hatte er bestimmt nicht verdient, aber man bekommt auch selten, was man verdient, Gutmenschen genauso wenig wie die Bösewichter.
² diesen seltsamen Ausdruck muss ich auch nochmal gugeln
³ mein Gott! Ein einzelner Satz - über fünf Zeilen!

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