22 Februar 2013

Ferne Welten - Geschichten aus der Zukunft (9)


Heute: Sprachwissenschaft (9)



"Der dritte Baum enthält übrigens einen Kalender."

"Einen ... Kalender?"

"In der Tat: Der Übersetzungscomputer zeigt regelmäßig wiederkehrende Ereignisse in unterschiedlichem Rhythmus."

"Und ... wo gilt dieser Kalender: Hier? Oder auf der Erde?"

"Ähm, nun ja, ich fürchte weder - noch."

"Sondern? Was haben sie denn noch untersucht?"

"Er gilt auf dem Mond."

"Ach, auf dem Mond!"

"Äh, ja."

"Einem Mond von hier oder dem der Erde?"

"... der Erde."

"Bestimmt nicht Io oder Callisto? Das haben sie doch geprüft, oder?"

"Ja."

"Ich gehe doch recht in der Annahme, dass sie alle 20 Jupitermonde untersucht haben?"

"Die größeren, ja."

"Die sieben großen von Saturn und die drei von Neptun und auch alle anderen Monde in unserem heimischen Sonnensystem?"

"Ähm, ja."

"Und letztlich hat der Kalender zum Mond der Erde gepasst?"

"Ja. Den habe ich leider zuletzt geprüft."

"Sie hätten doch jeden einzelnen Brocken der Saturn-Ringe probiert, wenn es für ihre abseitigen Theorien nötig gewesen wäre!"

"Vielleicht. Mag sein."

"Wie sind sie überhaupt auf die Idee mit dem Kalender ... ach, ich frage schon gar nicht mehr!"

"Na, Muster ... regelmäßig ... das ist doch naheliegend?"

"Das ist überhaupt nicht naheliegend!"

"... da habe ich eben etwas wiedererkannt. Astronomie gehört immerhin zu den Grundlagen unserer Raumfahrerausbildung."

"Allmählich wünschte ich, es wäre nicht so."

"Doch, das ist nützlich für die Raumfahrt!"

"Und ich wünschte, unsere Raumfahrtbehörde wäre weniger wählerisch."

"Was?"

"Sie könnten Raumfahrer auswählen, die deutlich weniger intelligent sind, keine durchgedrehten Übergenies. Sondern am besten total stumpf. Aber die ihre Arbeit machen ohne zu fragen."

"Ich nenne es Kreativität!"

"Sicher. Und wozu sollte man auf dem unbewohnbaren Mond einen Kalender brauchen?"

"Man kann damit Jahreszeiten bestimmen, zum Beispiel."

"Jahreszeiten? Auf dem Mond?"

"Nur so ein Beispiel. Warum nicht? Oder man kann damit Sonnenfinsternisse vorhersagen."

"Natürlich, das ist doch völlig klar: Mit diesen Angaben kann man auf dem Mond jahreszeitlich abgestimmte Gerichte kochen. Und wenn es plötzlich dunkel wird hört man kurz auf."

"Was meinen sie?"

"Naja, Wurzelgemüse im Winter, Früchte im Sommer und Wild im Herbst..."

"Ich bin Vegetarier!"

"... meinetwegen vegetarisches Wild ... genau das ist es doch, was man auf dem Mond wollen würde. Wenn man da wohnen würde und kochen könnte.
Und wenn es dunkel wird hört man kurz auf."

"Nehmen sie mich auf den Arm, Doc?"

"Niemals würde ich es wagen!"

"Oh doch! Sie sind zynisch. Unromantisch!"

"Ich? Finden sie?"

"Allerdings!"

"Na gut: Auf einem Baum hier auf Frankensteins Zoo steht also, im Muster der Rinde verschlüsselt, ein Kalender, der auf dem Mond unserer Erde gilt, für Sonnenfinsternisse, zum Beispiel. Außerdem ein Kochbuch und ein Gedichtband?"

"Ganzer Gedichtband weiß ich nicht, dafür müsste ich noch weitere Bäume untersuchen."

"Himmel bewahre! Aber also mindestens ein einzelnes Gedicht?"

"Ja. Genau. Das ist mein Ergebnis."

"Also Käptn, wenn das das Ergebnis ihrer Arbeit mit dem Übersetzungscomputer ist..."

"Ja?"

"Käptn, dann, fürchte ich, müssen wir unseren Übersetzungscomputer ganz neu justieren."





- over and out -

1 Kommentar:

nic. hat gesagt…

Naaaaaaaaaa-hiiiiiin! Noch nicht zu Ende sein!

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