03 September 2015

Kommunikation Vertrauen

Seit ein paar Tagen bin ich bei LinkedIn angemeldet, dem Business-Netzwerk. Hat sich so ergeben, weil ein Freund mich “eingeladen” hat, das ist der Fachbegriff, so sagt man wohl.

Das Angebot solcher Netzwerke an den Nutzer ist die Gewinnung von Kunden und anderen nützlichen Geschäftskontakten, eben durch Vernetzung. Der kommerzielle Netzwerkanbieter hat sicher eine Möglichkeit gefunden, auch an solchen Teilnehmern Geld zu verdienen, die einen Gratis-Account benutzen. So weit, so gut, als misstrauischer Mensch kann ich mir das bis dahin vorstellen und empfinde es auch als fair.

Nun macht mir LinkedIn Vorschläge, mit welchen anderen Mitgliedern ich mich vernetzen könnte – und da wird es interessant: Es schlägt mir tatsächlich Leute vor, die ich kenne. Mit vielen hatte ich aber auch seit Ewigkeiten nichts zu tun.

Hm. Woher wissen die, dass wir uns kennen - kannten - früher einmal gekannt haben - irgendwann einmal in ferner Vergangenheit begegnet sind? Ich habs ihnen ja nicht gesagt?

Entwickle allerschlimmste Zwangsvorstellungen darüber, auf welchem illegalen Weg die Firma Jahre alte Verbindungen zwischen mir und den anderen herausgefunden haben könnte: Hören die mein Telefon ab? Lesen seit fünfzehn Jahren meine Mail mit? Haben alles gespeichert was ich jemals unverschlüsselt über Internet gesendet habe?!?

Das wäre zwar technisch einfach, aber ja alles höchst illegal, nicht wahr? Und was illegal ist, wird ja auch nicht gemacht. Nie. Wissen wir doch alle. Schon gar nicht in der Wirtschaft.

Da muss es doch noch einen anderen Weg geben?

Suche eine Weile, erleide einen Herzstillstand, denn ich finde: “Laden sie hier Ihr Adressbuch hoch!”

Hallo?!? Ich habe das bislang immer als bösen Scherz über ahnungslose deutsche Abiturienten verwendet. Über Leute, die es wegen ihrer langwierigen und teuren Ausbildung wirklich besser wissen sollten, “Medienkompetenz”, aber ihr ganzes Adressbuch bei Facebook hochladen. Selbstverständlich einschließlich aller Daten, die da über mich drin stehen: Geburtsdatum, Wohnorte, alle Telefonnummern, alle Mailadressen, Zusatzinformationen, selbstverständlich auch die privaten.

“Wir importieren Ihr Adressbuch, um Kontakte vorzuschlagen und Ihnen bei deren Verwaltung zu helfen.”

Ja ja. Ist ja nicht so, dass da einzelne Personenkontakte gezielt eingespeist werden, sondern eben das GESAMTE ADRESSBUCH! Aaaargh!

“LinkedIn wird Ihr Adressbuch zu Ihrem Vorteil auswerten!” Das bisschen Bequemlichkeit genügt bereits, damit kluge und engagierte Menschen, vor denen ich viel Respekt hatte habe, komplett den Verstand verlieren.

Ich bin erschüttert. Aber so läuft das wohl inzwischen.

“Willkommen im richtigen Leben, lieber Goldfisch!”

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