19 Juli 2006

AUTOBAHNKIRCHE

- für das schnelle Gebet zwischendurch -

Wenn man an einer Autobahnkirche vorbeikommt, beginnt man vielleicht, sich Gedanken zu machen, über Gott und die Welt. Zuerst natürlich über die Welt, und über ihr Verhältnis zu IHM.
Konkret: Ob es denn dem eiligen Reisenden so ohne weiteres möglich sein mag, nach stundenlangem Brausen auf der Autobahn innerhalb der kurzen Zeit, die einem dann zur Verfügung steht, zur inneren Einkehr zu gelangen. Zu der Art Einkehr, die erforderlich ist, wenn man mit dem Herrn spricht.
Etwa so:


Hallo Herr, kannst du bitte etwas lauter?

... ja... weißt du, ich frohlocke und bin wohlgemut, wenn DU zu mir sprichst. Aber ich kann Dich grade ganz schlecht verstehen...

... wo ich bin? In einer Autobahnkirche, wieso?

... ja... ja... genau... ja.

Ja... ach? Das wusstest du nicht, Herr?

Aber Herr, ich kann - dich - ganz - schlecht - verstehen! Der Empfang ist hier miserabel. Ich glaube, ich habe hier kein Netz!

Vielleicht liegt das an den vielen Zweiflern und verlorenen Seelen, die hier parken. Was? Ja, lauter! Die Autobahnkirche ist leider aus Beton, da dringt kaum Glaube durch.

Was, dann soll ich jetzt zu O-PRAY-O
wechseln, dem internationalen katholischen Netzanbieter?

...ach so, kleiner Scherz, verstehe... auf meine Kosten...

... aber Herr, nach all der weltlichen Hast hatte ich das Bedürfnis mit DIR zu sprechen! Ich wollte DEINE Stimme hören und DEINEN Trost empfangen! Und DU machst dich lustig über mich!


So weit.

Eine Autobahnkirche stelle ich mir im Verhältnis zur Religion so vor wie McDonalds im Verhältnis zur Ernährung - für das schnelle Gebet zwischendurch.
Insbesondere dann, wenn dort eine Messe gefeiert wird:

Nein, danke, ich bin auf Diät, ich kann einfach nicht den ganzen Leib Christi empfangen. Ich nehme nur die Hostie-light für den ernährungsbewussten Sünder. Nein, kein Essig-und-Öl. Nur ein Tröpfchen Weihwasser!

Oh, sie haben grade welche aus biologisch-fanatischem Anbau? Mit ganz viel BET-A-Karotin? Gut, dann davon. Oh, und Blut-Christi, den Wein aus Texas, im Doppel-Zeitsparpack?

Eine Two-in-One-Messe, damit kommen sie gut über die nächsten hundert Kilometer!

Ja, wissen sie, der evangelische Pfarrer an der letzten Autobahnkirche wollte mir doch glatt Rote-Ge-Bete andrehen. Da bin ich gegangen. Und will jetzt meine Sünden hier bereuen: Das kann nicht Gottes Wille sein, und seine Kraft, und seine Herrlichkeit, in Ewigkeit - oh, ich muss weiter. Bis dann.

1 Kommentar:

Moritz hat gesagt…

Sehr interessant in diesem Zusammenhang scheint mir auch die vielbesuchte Boots-Predigt. Vermutlich gibt es hier ein Trockendock als Beichtstuhl.
(http://www.ohrekreis.de/z_veranst.php?id=1005)

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