10 Juli 2011

"Idiotenapostroph"

Das ist ja hier immer wieder mal ein Thema: Der sogenannte Deppenapostroph - oder besser: Die Apostrophen-Inquisition. Das sind Leute, die es mit wenig Talent aber viel Fleiß bis zur allgemeinen Hochschulreife gebracht haben, am besten noch humanistisch-altsprachlich-alltagsuntauglich, und anderen die Welt erklären, wie sie ihrer Meinung nach sein müsste. Apostrophenpriester.

Wenn man nichts hat außer einem bisschen vermeintlicher "Bildung", das man aber auch nur hat, weil die Eltern, Papastudienrat und Mamahausfrau, so nachdrücklich darauf bestanden haben, dann kann man sich wenigstens darauf berufen, dass man die Regeln ja *ganz* *genau* *kennt* und die anderen nicht. Die sind nämlich die Idioten.

Das Argument, dass Sprache am besten so ist, wie sie gesprochen und verstanden wird, schert die Leute nicht. Aus welcher Höhe dieses überhebliche Pack auf Menschen herabsieht, die sich wenigstens Mühe geben, kann man an dieser Webseite sehr schön ablesen: Idiotenapostroph


Alles beginnt mit dem Foto ganz oben auf der Seite. Das stellt wohl die Apostrophenidioten so dar, wie sich der Autor Idioten vorstellt: Ein wenig missgestaltet. Merke: Mangel an Intelligenz, niedere Bildung, Tendenz zu Rechtschreibfehlern - das alles kann man sehen! Glaubt jedenfalls der humanistisch maturierte Apostrophenpriester. Die Physiognomik lässt grüßen, und von da ist es gar nicht so weit bis zur wissenschaftlichen Rassenlehre. Ist klar dass sich so einer über kreativ gesetzte Apostrophen ereifert.

Der Apostrophenpriester kennt zwar einige ausgewählte Rechtschreibregeln *ganz* *genau*, über die Zusammenhänge der restlichen Welt muss er sich genau deshalb keine Gedanken machen.

Aber vielleicht interpretiere ich schon das Foto ganz falsch und die Menschen auf dem Bild sind nur die nächsten Verwandten des Apostrophenpriesters. Dann hätte ich ihm bitter unrecht getan. Glaub ich aber nicht.

Gleich im ersten Absatz des Textes werden nämlich Menschen als Hirntote bezeichnet, die noch nicht einmal zwischen Apostroph, Gravis und Akut unterscheiden können, wie jeder Abiturient, also ... wie fast jeder zweite ... zwanzigste? ... na ist ja auch egal, jeder kann das doch.

Das könnte man jetzt noch als Fall von Ironie oder wenigstens Sarkasmus betrachten - wenn nicht im Folgenden die Regeln noch einmal haarklein erläutert würden. Wir schließen daraus: Den Autoren ist es bitter ernst.

Zum Schluss haben die Autoren auch noch eine schöne Linksammlung zusammengetragen, wo gleichgesinntes Pack ebenfalls seine Minderwertigkeitskomplexe auslebt. Durchaus berechtigte Minderwertigkeitskomplexe. Es ist auch eine Schule dabei, die die eitle Arroganz der Halbgebildeten gleich noch systematisch an die nächste Generation weiter gibt.

Eigentlich eine typische Geschichte: Sobald es der Deutsche zu ein wenig Wohlstand oder ein wenig Bildung gebracht hat, beginnt er, auf andere herab zu sehen, kann den Hals nicht voll genug bekommen und lebt von da an ständig in der Angst, man könnte ihm auch nur einen kleinen Teil dessen wieder wegnehmen oder seine zusammengeklaubten Titel nicht angemessen anerkennen.

3 Kommentare:

fwolf hat gesagt…

wenn du einmal solche Unfälle wie etwa "Birkel's Nudel'n" gesehen hast, wirst du auch zum Hassfeind der Apostrophitis :P

Dummerweise gehen solche grammatikalischen Unfälle auch noch mit dem massiven Einsatz des sog. Deppenleerzeichens einher - Augenkrebs vorprogrammiert!


cu, w0lf.

100 Goldfischli hat gesagt…

Bei den fehlgesetzten Apostrophen sind Leute am Werk, die sich immerhin Mühe geben, richtig zu schreiben und es klappt halt nicht. Finde, dass es viele wichtigere Sachen gibt über die man sich aufregen soll. Eigentlich nur.

Die andere Frage ist, ob man es dabei belässt, zu sagen "Das Apostroph da entspricht aber nicht der deutschen Rechtschreibgesetzgebung in der Fassung von 1936, zuletzt geändert am 10. Juli 2003", sondern eine hämische Webseite aufsetzt in der man am Beispiel fremder Schreibfehler die eigene lückenhafte Bildung zum Maß der Dinge erklärt.

Wenn sich Sprache nicht ändern dürfte würden wir heute noch so schreiben wie Walther von der Vögelwiese - oder wo ist da der naturgegebene Bezugspunkt ab dem sich die Regeln nicht mehr ändern durften?

Anonym hat gesagt…

Volle Zustimmung zu Deinem Beitrag!

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