09 Februar 2012

Schüsseln im Outback (4)

Zwei Reisende sitzen im Schatten einer großen Satellitenschüssel mitten im Nirgendwo und erörtern die Lage. Ihr Auto ist nicht mehr da und der Anhalter, den sie mitgenommen haben, ebenfalls nicht. Außerdem wissen sie nicht einmal annähernd, wo sie eigentlich sind


"Wir könnten auf die Schüssel steigen, dann können wir immerhin weiter kucken."

"Wie willst du auf das Riesen-Ding steigen? Sollen wir eine Räuberleiter machen?"

"Sei nicht albern!"

"Siehst Du irgendwo eine Treppe?"


"Da ist eine Tür."


"Aus Stahl, ja."


"Die kriegen wir schon auf."


"Siehst du oben einen Ausgang?"


"Von hier aus nicht."


"Da ist auch keiner. Da oben ist der Motor, der macht ganz nebenbei Matsch aus Dir, während er die Schüssel verstellt. Das wolltest Du doch nicht: Matsch werden. Oder?

"Nein."

"Man könnte sowieso nur nach einer Seite sehen. Nach der anderen ist ja die Schüssel."

Er stand auf und griff nach dem Knauf der Tür. Er ließ sich nicht bewegen.
"Einen Versuch wars wert."

"Was sind das überhaupt für Dinger?"


"Welche?"

"Die Schüsseln!"

"Hia."


"Was?


"Human Interstellar Array ... oder so ähnlich."


"Ach wirklich?"


"Ich hatte neulich etwas darüber gelesen. Diese Schüsseln stehen auf der ganzen Welt herum und sind alle zusammengeschaltet. Es gibt ein paar tausend davon, sie beobachten irgendwas im All."


"Wenn wir diese hier anzapfen, dann könnten wir eine Meldung senden, dass wir hier festsitzen und uns jemand abholen soll."


"Und du willst den Außerirdischen tief im Universum eine Botschaft zusenden, dass wir hier, in dem Australien auf der Erde, im Outback festsitzen. Und dass sie uns aus dem Sternbild des Schwachkopfs eine Patrouille schicken sollen, die uns zu den galaktischen Zivilisationen zurück bringt, aber ein wenig zügig?"


"Na, vielleicht nicht ins Sternbild des ... äh ... naja, das wird doch hier auf der Erde auch jemand hören? Wenn man mit so einer Riesenschüssel sendet."


"Da muss ich dich enttäuschen."


"Wieso?"


"Diese Schüsseln können gar nichts senden. Die empfangen nur."


"Oh."


"Genau."

Das Brummen setzte wieder ein.
"Ist dir eigentlich aufgefallen, dass die sich alle gleichzeitig bewegen?"

"Ja klar. Die beobachten ja alle dasselbe. Wenn sie sich nicht gleichzeitig bewegen, beobachtet jede was anderes. Das ist wohl nicht der Sinn der Sache."


"So?"


"Das ist eine irrsinnig kostspielige Anlage. Jede Forschungs-Sekunde mit dieser Anlage muss tausende kosten, weil auf der ganzen Welt ein paar tausend Schüsseln gleichzeitig gesteuert und verstellt werden müssen, damit alles so klappt wie geplant. Die Universum-Forscher auf der ganzen Welt prügeln sich darum, ein paar Forschungs-Sekunden auf dieser Anlage zugeteilt zu bekommen."


"Was du alles weißt!"


"Hab ich neulich erst in dem Artikel gelesen. Und wenn ein Forscher so ein paar Forschungs-Sekunden bewilligt bekommen hat, dann geht seine Universität erstmal fast pleite, weil sie dafür so viel Geld auftreiben müssen. Sehr interessante Sache, das."

Das eine Solar-Paneel der Hifi-Anlage stand inzwischen am Rand des Schüssel-Schattens.
"Ich werd mal das Paneel umstellen."

"Ja, natürlich. Weil wir ja nichts dringender brauchen, als gute Musik."

"Nicht mal Radio haben die hier."


"Die haben hier bestimmt irgendwo Radio, so in dreihundert oder fünfhundert Meilen Entfernung. Was willst du denn jetzt mit dem Radio?"


"Na, vielleicht suchen die uns ja schon. Oder der Anhalter hat einen Unfall gebaut und dabei haben sie gemerkt, dass ... das ... Auto ... geklaut ... ist?"


"Nein."


"Nicht?"


"Wir haben es noch nicht mal als gestohlen gemeldet. Wie sollten sie da merken, dass es geklaut ist?"

Sie saßen auf ihren Klappliegen und schwiegen sich eine Weile an. Es brummte wieder aus dem Fuß der Schüssel. Das ganze Feld von Schüsseln bewegte sich wieder ein Stück vor.
"Die werden doch von irgendwo gesteuert."

"Ja, sicher. Worauf willst du hinaus?"

"Wenn es da eine Störung gibt, dann kommt doch ein Reparatur-Trupp und bringt das in Ordnung."


"Schon möglich."


"Und wenn das so eine teure Anlage ist, dann haben die es bestimmt eilig mit ihrem Störungsdienst."


"Ziemlich wahrscheinlich."


"Na siehst du!"


"Was sehe ich?"


"Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass es eine Störung gibt, wenn zwei Leute mitten in der Wüste halb am Verdursten am Fuß von so einer Schüssel sitzen?"


"Na, so betrachtet: Ziemlich wahrscheinlich."


"Na siehst du."



Keine Kommentare:

kostenloser Counter