Der Große Bloguator™ begibt sich gerne auf Zeitreise. Beispielsweise an Orte seiner Jugend. Beispielsweise in seine frühere Heimatstadt¹, aus der er vor langer, langer Zeit im Unfrieden geschieden ist.
Mittlerweile hat Der Große Bloguator™ jedoch seinen Frieden gemacht: Mit seiner Heimatstadt, mit den Verhältnissen und mit den meisten Menschen im Allgemeinen. Nicht mit allen, selbstverständlich.
...hm? Äääh, ja, es geht um einen Ort, an dem sich Der Große Bloguator™ in einer Zeitschleife wähnt, nämlich das Waldbad namens Langer Teich, ein wenig außerhalb der Ortschaft, mitten im Wald.
Früher, noch zu Zeiten der Mauer und des Eisernen Vorhangs, war dieses Waldbad eine der Top-Freizeitdestinationen der Bewohner dieser Kleinstadt am äußersten Rande Deutschlands. In den Ferien und an Wochenenden war es brechend voll, man musste sehr früh am Tag anreisen, um auf der Wiese einen freien Platz für sein Handtuch und den kleinen Rucksack zu finden. Über dem ganzen hingen ganz typische Gerüche: Holzschutzmittel, Grillimbiss, Wald, Gewässer.
Umziehen konnte man sich in einem hölzernen Gebäude, weiter hinten mit verschließbaren Schränken, weiter vorne mit Sammelumkleiden für die Kinder. Warum auch immer.
Wie in anderen Bädern auch gab es einen Kiosk mit Eis und Bratwurst. Der Geruch von Holzschutzmittel mischte sich mit dem von Sonnenöl. Aber im Gegensatz zu anderen Bädern auch mit dem Geruch von Wald. Und einem Hauch von Fischteich.
Eine sehr eindrucksvolle Kulisse.
Nun ergab sich an einem Sommertag im Jahr 2019 die Gelegenheit zu einem erneuten Besuch, mit etwas mehr als 40 Jahren Abstand. Aus der Presse war zwischenzeitlich zu erfahren, dass das Waldbad von einem Verein betrieben wird und nicht mehr kommerziell - wurde es vielleicht auch nie, keine Ahnung.
Eigentlich sollte es nur ein kurzer Blick von draußen werden, an der Hecke vorbei, über den Zaun der Badeanstalt: Um zu sehen, wie viel davon noch unverändert existiert². Und um nicht Eintritt zu bezahlen für das Recht, voll bekleidet zwischen lauter gestrandeten Walen herumzustolpern.
Nun ja, wie es so ist mit den Erwartungen: Die Hecke gibt es nicht mehr. Aber dafür kostet es auch keinen Eintritt. Und an einem Samstagnachmittag im Sommer kurz vor den Ferien herrscht erstaunliche Weite: Es gibt kaum Besucher!
Ein paar Dinge sind aber immer noch da: Der Steg aus Beton und der Sprungturm mit dem 3m-Brett. Das Nichtschwimmerbecken. Die Sammelumkleiden aus Holz, "Knaben" und "Mädchen", ohne ein einziges Fenster aus Glas und mit dem originalen Geruch nach Holzschutzmitteln von vor 40 Jahren. Der Kiosk, wo man immer noch NOGGER kaufen kann: "Nogger dir einen!"
(FLUTSCHFINGER stammt erst aus den 1980er Jahren, wird aber auch verkauft. Leider inzwischen auch MAGNUM³. Aber sie haben auch einfach Pommes und Schnitzel)
Neu hinzugekommen sind zahlreiche hübsche Kabinen aus Holz, mit Edelstahlduschen in der Mitte, über dem alten Becken. Und neu hinzugekommen ist eben die unfassbare Menschenleere dieses unspektakulären, wirklich schönen Ortes: Am Samstag der Ankunft des Großen Bloguators™ insgesamt nur ca. 30 Besucher.
Daher hier die klare Empfehlung an alle, die es im Sommer in den äußersten Nordosten Bayerns verschlägt: Geht ins Waldbad Langer Teich!
nein, es ist keine Wüste, am Tag des Besuches hatte es bereits eine Weile nicht geregnet
¹ vgl. hier: Abrechnung mit einer Heimatstadt
² sehr hohe Wahrscheinlichkeit: Unveränderung ist eine der Kernkompetenzen der Ortschaft
³ über MAGNUM wird hier sicher noch eine eigene Litanei erscheinen