31 Dezember 2010

Erkenntnisgewinn

Beim hiesigen Blog handelt es sich ja um eine quasiwissenschaftliche Einrichtung - ein Fachblog eben. Daher soll von hier aus auch ein Ausblick auf andere Einrichtungen zum Erkenntnisgewinn gegeben werden.

Es  gibt da nämlich das Graphitti-Blog, wo einem ausschließlich mittels Grafiken die Welt erklärt wird. Die Grafiken mögen auf das ungeübte Auge übertrieben wirken, und im Graffitti-Blog werden sie zudem als "lustig" annonciert, aber der geduldige Betrachter merkt: Da ist was dran.

Beispielsweise an dieser hier, die ziemlich genau das Berliner Geografieverständnis wiedergibt - welches an anderem Orte bereits verbal beschrieben wurde:


Bosheit und Niedertracht (5)

die kleinliche Rache der Macht
 

Was bisher geschah:
Student Lennart steckt mitten in der Diskussion mit zwei dubiosen Typen, die ihm eben die Tür eingetreten haben. Gerade ist sein Fernseher zu Bruch gegangen, aber sie sprechen mit ihm über MP3-Musik. Der Zusammenhang bleibt ihm schleierhaft.




"Weißt du, unser Boss sagt: Ein paar hundert Musikstücke, jedes ein paar hundert mal kostenlos heruntergeladen - davon könnte er für uns einen schönen Swimming-Pool bauen..."

"Einen Swimming-Pool?"

Lennart hatte mit der neuen Wendung des Gesprächs Schwierigkeiten.

"Das würden wir sehr begrüßen, einen Swimming-Pool..."

Er hatten den Eindruck, dass die beiden noch weit kranker waren, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

"Aber die Leute würden das doch gar nicht kaufen, wenn sie es bezahlen müssten!"

"Den Swimming-Pool?"

"Die Musik!"

"Wir würden auch keinen Swimming-Pool kaufen, wenn wir ihn bezahlen müssten."

"Sehen sie!"

"Und dann würden wir eben nicht Schwimmen gehen. Aber wenn unser Boss das Geld hätte, dann würde er für uns einen Swimming-Pool bauen, dann hätte ein Dutzend Handwerker wochenlang zu tun."

"Nein! Das ist falsch!"

"Ist es nicht. Oder? Du bist doch Bauwissenschaftler. Sag selbst!"

"Nein, vielleicht nicht."

"Was sind das eigentlich für hübsche Gläser da auf dem Regal?"

"Geschenk von meiner Oma."

"Das sind doch Schnapsgläser. Sind die aus Kristall?"

"Ja."

"Geschliffene Schnapsgläser aus Kristall in einem Studentenhaushalt?"

"Ja. Alt. Antik. Die sind von meiner Oma. Vorgezogenes Erbe, hat sie gesagt."

"Jurii, sieh mal, die sind von seiner Oma."

Jurii nahm eins der Gläser am Stiel, hielt es gegen das Licht und ließ vesonnen die Sonnenstrahlen darin funkeln.

Der kleinere Einbrecher wiederholte "Verzogener Erbe, hat sie gesagt."

Dann schlug Jurii es auf eine Kante des Regals.

"Nicht!"

Juriri stellte den heil gebliebenen Fuß mit dem Stiel wieder an den ursprünglichen Platz.

"Willst du etwa nicht, dass die wertvollen Gläser kaputt gehen?"

"Nein!"

"... von deiner Oma?"

"Nein!"

"Dann darfst du keine fremde Musik mehr ins Internet stellen."

"Tu ich doch nicht mehr!"

"Ehrlich?"

"Ehrlich!"

Juri nahm ein weiteres Glas und schlug es auf die Kante vom Regal. Den Fuß mit dem Stiel stellte er zurück.

"Wirklich ehrlich?"

"Wirklich ehrlich!"

Das nächste Glas zerprang.

"Aha."

"Nicht!"

"Lennart, Lennart! Wie wirst du das bloß deiner Oma erklären?"

"Ich ... weiß nicht ... ?"

"Wenn meine Kinder einmal studieren, wünsche ich mir aber, dass sie mehr wissen als du."

"Ja. Sicher."

Inzwischen standen fünf Füße mit Stiel im Regal.

"Das ist doch nicht nur so eine Hilfswissenschaft, dieses Wirtschafts- ... dieses Wi-Ing-Ding?"

"Nein! Natürlich nicht!"

Das sechste Glas klirrte. Hier zerschlug Jurii auch den Stiel. Den Fuß stellte er zurück zu den anderen.

"Und man wird da auch richtiger Ingenieur, oder? Jemand der etwas technisches entwickelt - Flugzeuge - U-Boote - Rennwagen - Kraftwerke oder so?"

"Ja ... nein ... ich weiß nicht ..."

"Oder lernt man da nur, wie man andere Leute ausbeutet?"

"Ich ... ich weiß nicht."

"... wie man all die knechtet, die einer richtigen Arbeit nachgehen?"

"Ich weiß nicht."

"Unser Boss ist so einer, glaube ich, auch irgendwas mit Wirtschaft. Und Ingenieur. Oder so."

"Aha?"

30 Dezember 2010

Bosheit und Niedertracht (4)


die kleinliche Rache der Macht


Was bisher geschah:
Student Lennart steckt mitten in der Diskussion mit zwei dubiosen Typen, die ihm eben die Tür eingetreten haben. Gerade ist sein Fernseher zu Bruch gegangen und er weiß nicht, ob das schon das schlimmste war.




Lennart kam zu Bewusstsein, dass er einen schweren Fehler begangen hatte: Er hatte die Geisteskranken gereizt. Er verlor allmählich völlig die Fassung. Die Situation überstieg an Absurdität alles, was er in seinem Leben kennengelernt hatte, einschließlich der Schulhofprügeleien durchgedrehter Unterschicht-Mitschüler und der Ausraster bedröhnter Drogenopfer in irgendwelchen hippen illegalen Hinterhofbars.
Aber der kleinere Kerl antwortete ruhig und rätselhaft: "Wahnsinnig. Schon. Irgendwie schon, glaube ich."
"Was wollen sie von mir?"
Lennart klang erschöpft. Die Kerle sahen ihn mitleidig an.
"Sieh mal: Du betreibst da dieses Blog, Musik und so, Dateien, alles kostenlos..."
"Mein Blog? Was ist damit?"
"... und du lädst Musik ins Internet hoch, wo sie jeder kostenlos herunterladen kann..."
"Na und?"
"Was glaubst du, warum die Musiker das machen? Wochenlang arbeiten, monatelang, eine CD aufnehmen, ein Musikvideo, Werbung und alles das?"
"Na, die machen gern Musik..."
"Genau: Die wollen mit ihrer Musik Geld verdienen. Und was glaubst du, warum die Plattenlabels das machen: Geld ausgeben, damit Musiker im Studio Musik aufnehmen können?"
"Ich ... ich weiß nicht?"
"Was glaubst du, warum so ein Label hunderte Angestellte hat?"
"Ich weiß nicht ... ?"
" 'Ich weiß nicht! Ich weiß nicht!' Wofür studierst du eigentlich, Lennart, wenn du nichts weißt?"
"Was soll ich denn von Musik wissen? Ich bin Wi-Ing!"
"Was?"
"Ich bin Wirtschaftsingenieur, so mit Bau und Wirtschaft."
"Ach so: Was du vom Bau nicht weißt kannst du auch nicht in Wirtschaft?"
"So ähnlich ... ... ... was? Nein! Das ist eine Wissenschaft!"
"Irgendwie kommen wir vom Thema ab, Lennart."
"Ja, äh, welches Thema?"
"Was glaubst du, warum so ein Musik-Label Musik veröffentlicht?"
"Ich ... ich weiß ... nicht ...?"
Der kleinere antwortete streng: "Da waren wir schon! Ich kürze die Sache mal ab: Die Leute wollen Geld verdienen!"
"Ja - und?"
"Und du veröffentlichst ihre Musik im Internet, wo sie jeder kostenlos herunterladen kann."
"Ja - und? Aber ich tu doch niemandem weh!"
"Ach? Ist das so?"
"Ich tu doch niemandem was! Das ist doch nicht schlimm!"
"Findest du?"
Lennart war gestresst. Er hatte keine Ahnung, worauf dieser Überfall hinaus laufen sollte.
"Was hat denn mein Blog damit zu tun? Was wollen sie von mir?"
"Ach ja, richtig, was wollten wir eigentlich von dir? Jurii, kannst du dich erinnern, was wir von ihm wollten? Ich hab doch schon versucht, es ihm zu sagen, aber er sieht es nicht ein!" Jurii schüttelte den Kopf.
"Oh, Jurii! Jetzt muss ich wieder alles selbst erklären. Sieh mal, meinst du, der Verstärker hier passt zu unserem Trafo?"
"Nein! Nicht! Das ist ein Sammlerstück!" Lennart hatte sich zusammengerafft.
"Das dachten wir uns. Der sieht auch sehr wertvoll aus, verchromt. Wahrscheinlich sehr teuer, oder? Exklusiv. Sind da etwa Röhren drin?"
"Ja."
Der Trafo war bereits angeschlossen. Der kleinere Kerl schaltete den Verstärker an.
"Nein! Nicht!"
"Aber, aber, Lennart! Dir passiert doch gar nichts!"
"Nicht den Verstärker!"
"Ach so, nicht den Verstärker..."
Der kleinere Kerl drehte den Regler am Trafo. Nach kurzer Zeit gab es ein "Puff!" und eine Rauchwolke. Mit leicht überschlagender Stimmer heuchelte er: "Oh mein Gott! Womöglich ist er jetzt kaputt! Welch ein Glück, dass er nicht brennt! Wahrscheinlich nur ein Kondensator kaputt. Das kann man leicht reparieren."
Lennart hatte Zeit um durchzuatmen. Genau einmal. Dann krachte die Axt in den Verstärker. Er hyperventilierte wieder. Nach einer kurzen Weile hatte er sich beruhigt.
"Also, Lennart: Jedes Musikstück, das du ins Internet hochlädtst, wird tausendmal herunter geladen."
"Na klar, dafür mache ich das doch!"
"Und jedes, das kostenlos herunter geladen wird, wird nicht im Laden gekauft und bezahlt!"
"Aber das ist doch ganz was anderes!"
"Sagt dir das Wort Copyright irgendetwas?"
"Wenn das mal veröffentlicht ist, ist es doch egal! Dann kann das doch jeder nehmen!"
"So? Unser Boss sieht das nicht so."
"Ihr Boss? Wer ist ihr Boss?"
"Der stellt sich bei dir nicht vor. Aber er sagt immer zu uns: 'Jedes Musikstück wird ein paar hundert mal herunter geladen und ein paar hundert mal nicht bezahlt. Aber die Leute hören es trotzdem'."
"Aber ich tu doch niemandem weh!"
"Oh doch!"
"Die Musikkonzerne haben doch genug! Die sind doch riesig! Das sind Schweine! Das merken die doch gar nicht!"
"Wären wir wohl hier, wenn sie es nicht merken würden?"
"Sie sind wegen den paar MP3 hier? Da gibt es doch ganz andere! Das sind doch Riesen-Konzerne!"
"Mag sein. Aber wir dachten, wir fangen einmal bei dir an."
"Aber ein paar MP3, das ist doch gar nichts!"

29 Dezember 2010

Bosheit und Niedertracht (3)


die kleinliche Rache der Macht


Was bisher geschah:
Student Lennart steckt mitten in der Diskussion mit zwei dubiosen Typen, die ihm eben die Tür eingetreten haben und nun über öffentlichen Nahverkehr sprechen wollen. Es geht um Schwarzfahrten.



"Aber du könntest auch die Fahrten bezahlen, oder?"
"Das ist politisch! Das sollte kostenlos sein!"
Er hatte das Gefühl, dass er sie überzeugen könnte.
"Vielleicht hast du da recht. Nehmen wir lieber ein anderes Beispiel. Du rauchst Shit, obwohl das verboten ist."
"Was rauche ich?"
"Shit?"
"Ach, sie meinen Weed? Gras, ja?"
Mit Räucherwaren kannte er sich gut aus.
"Egal wie ihr dazu sagt. Jedenfalls ist es verboten."
"Na und? Ich tu doch niemandem weh. Wen stört das?
"Es ist verboten. Wenn es erlaubt wäre, könnten Steuern da drauf sein."
"Steuern auf Weed?"
Lennart saß regungslos auf seiner Couch. Vor ihm standen zwei bewaffnete Irre und nötigten ihm eine absurde Diskussion über Genussmittel auf.
"Na gut, wir versuchen es nochmal anders. Jurii, hast du das Gerät dabei?"
Offensichtlich hatte Jurii. Er nahm seinen Armeerucksack ab und zog nach einigem Wühlen einen schwarzen Kasten heraus. Der Kasten hatte ein Kabel mit Stecker, eine Steckdose und einen großen Regler.
"Das hier ist ein Transformator."
Lennart zuckte zusammen.
"Wollen sie mich foltern? Hilfe!"
Die Axt krachte noch einmal in eine der bereits zerstörten Boxen.
"Halt den Mund Lennart! Wir werden dich schon nicht foltern - wenn wir nicht müssen! Aber nur so lange, wie du uns nicht dazu zwingst! Also: Das hier macht schönen Strom, man kann es wunderbar regeln, von 150 bis 850 Volt, und es hat ein wenig Elektronik eingebaut. Wenn ein technisches Gerät an diesem Apparat hängt, brennt irgendwas da drin durch, und zwar bevor die Sicherungen reagieren."
"Wozu soll das gut sein?"
"Gut, dass du fragst - ich dachte schon, du fragst nie! Sieh mal, du hast da diesen wunderbaren Fernseher... ewig breit, Flachbild ... wovon bezahlst du sowas eigentlich? Ich kann mir sowas nicht leisten."
"Das ... das war ein Geschenk ..."
"So? Wer schenkt dir denn sowas?"
"Meine ... Eltern. Meine Mutter."
"Ja, natürlich, die Mama, so ist wahre Mutterliebe! Ein riesiger Flachbild-Fernseher! Hast du's jetzt endlich, Jurii?"
Lennart wollte die Situation entschärfen und versuchte ein Gespräch: "Meine Mutter hat mir den TV-Set" - er sprach es amerikanisch: Tie-Wie-Sett - "zum Einzug geschenkt, tolles Gerät, in die neue Wohnung!"
Mehr wollte ihm nicht einfallen.
"Ja, genau, die Mama! Sieh mal, jetzt haben wir ihn an den Transformator angeschlossen, wunderbares Gerät, sag ich dir! Man muss nur den Stecker vom Fernseher aus der Steckdose ziehen und an den Transformator anstecken..."
"Ja, und?"
"... und dann einschalten. Und dann dreht man den Regler langsam hoch..."
"Was soll das?"
Die Frage erübrigte sich. Nach einem dumpfen "Puff!" stieg schwarzer Rauch auf.
"Oh, Lennart! Ich glaube es brennt! Du musst pusten!"
"Was?" Lennart sprang auf und blies wie verrückt in die Kühlrippen an der Seite des Geräts. Nach einer Weile hörte die Rauchentwicklung auf.
Der kleinere Kerl erkannte seine Leistung an: "Ein Glück! Das hast du gut gemacht! Vielleicht wäre deine ganze Wohnung abgebrannt. Womöglich das ganze Haus!"
Lennart fiel hyperventiliert zurück auf die Couch. Er hatte die Nacht davor mit Freunden in einer Bar verbracht und nur wenig geschlafen. "Was wollen Sie denn von mir?" fragte er ermattet.
Der kleinere Kerl ging auf die Frage gar nicht ein. "Keine Sorge, da ist ja nur ein kleines Bauteil kaputt gegangen. Zum Glück. Nicht auszudenken, wenn der ganze Fernseher kaputt gegangen wäre."
"Ja."
"Ich meine: Wie hättest du das deiner Mama erklären sollen?"
"Ich weiß nicht..."
"Zum Glück braucht man nur ein kleines durchgebranntes Bauteil zu ersetzen."
"Ich seh gar nicht so viel fern. Ich lese oft einfach ein gutes Buch."
"Wovon solltest du einen neuen kaufen?"
"So einen kann ich mir nie im Leben kaufen..."
"Na dann muss ich mir ja keine Sorgen machen."
Die Axt landete in der Mattscheibe des bis dahin fast intakten Fernsehers.
"Seid ihr ... sind sie wahnsinnig?"
"Wer? Wir?"
"Ja!"
"Ob wir wahnsinnig sind? Hm ... och ... ich glaube ..."

Yesss...

... it's not a woman!

Das Internet ist unter anderem voll mit dürftigen Beweisen, dass Frauen nicht Auto fahren können. Viele dieser Geschichten kommen aus den USA und GB und tragen die Überschrift "Yes - it's a woman!" Naja, debile Kerle eben, die sich irgendwas beweisen müssen.

Wer wissen will, wie dämlich sich Männer durchaus anstellen können, sieht sich das folgende Video an:
Gefunden auf The Daily What

Aufschlussreich ist dabei nicht allein der Umstand, dass sich der Baggerfahrer nach beendetem Manöver ausschließlich um die empfindliche Schaufel seines Fahrzeugs sorgt, aber nicht um das fremde Auto, welches er gerade bedächtig konzentriert und dabei quälend langsam zerlegt hat. Aufschlussreich ist doch auch der hysterische Kommentar des offensichtlich unbeteiligten Typen, der die Sache zufällig vom Fenster aus mit der Kamera aufzeichnet.

Bonustrack: Die genauso hysterischen Kommentare der Besucher des Blogs.

28 Dezember 2010

Bosheit und Niedertracht (2)

die kleinliche Rache der Macht
 

Was bisher geschah:
Student Lennart steckt mitten in der Diskussion mit zwei dubiosen Typen, die ihm eben die Tür eingetreten und eine Lautsprecherbox zerstört haben.




Lennart überlegte verzweifelt, aber in seinem Wohnzimmer lag absolut nichts herum was sich zur Verteidigung gegen eine Axt, ein Messer und zwei irrsinnige Kerle eignete.
"Aber ... was wollen sie denn von mir?"
Der kleinere sprach zuerst in der anderen Richtung: "Jurii, findest du nicht, dass das jetzt unsymmetrisch aussieht? Das ist doch unästhetisch! Jurii, sag doch, das findest du doch auch, oder?"
Jurii nickte.
"Jurii, das können wir doch nicht so lassen, so unsymmetrisch, oder?"
Jurii nickte.
"Ja, was machen wir denn da, Jurii?"
Die Axt krachte in die andere HiFi-Box, die bisher noch intakt war. Er hatte etwas Mühe, sie wieder heraus zu hebeln. Holzsplitter bröselten heraus.
"Jurii! Das ist wirklich destruktiv!"
Jurii nickte. Er schlug gleich noch einmal zu.
"Jurii! Also wirklich! Soll uns der junge Mann für Barbaren halten?"
Jurii verzog traurig den Mund, nickte und schlug ein weiteres mal zu.
"Aha. Stimmt. Danke."
Lennart hatte inzwischen begriffen, dass er sich tatsächlich in dieser absurden Situation befand und es sich auch nicht nur um den Scherz irgendeines geschmacklosen Bekannten handelte. Er versuchte es erneut.
"Aber was wollen sie denn von mir?"
Eine andere Wahl als diese hilflose Frage hatte er ja nicht.
"Lennart, sieh mal, du fährst schwarz mit der U-Bahn..."
Das traf zwar zu, sporadisch, aber von gewalttätigen Hausbesuchen hatte er noch nicht einmal aus den autonomen Zirkeln gehört, in denen eine ausgeprägte Autoritäts-Paranoia herrschte.
"Sind sie von den Verkehrsbetrieben?"
Er hätte nicht zu fragen brauchen. Es war offensichtlich, dass sie etwas illegales taten.
"... was glaubst du, warum die Verkehrsbetriebe das machen, U-Bahnen und so?"
Der Ton eines Lehrers, eher des Direktors, während er einen scharfen Verweis begründet. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.
"Das ist ihre Pflicht! Menschen müssen sich irgendwie fortbewegen!"
Seine Mitschüler hatten ihn früher den Rächer der Mittelschicht genannt. Sie warfen ihm vor, dass er nur seine Meinung sagte, wenn ihm ein persönlicher Nachteil drohte. Und auch nur dann, wenn es ohne Risiko war.
"Ach ja, stimmt, schon, richtig. Aber meinst du nicht auch, das die Verkehrsbetriebe Geld verdienen wollen? Ein ganz klein wenig Geld verdienen?"
Aber jetzt hatte er ein Risiko und sagte trotzdem seine Meinung. Er war ein Held. Nur konnte er sich im Augenblick nicht richtig darüber freuen.
"Das ist ihre Pflicht! Das sind öffentliche Unternehmen! Die müssen die Bevölkerung transportieren!"
"Na gut, da hast du vielleicht recht. Aber sollten sie nicht auch ein wenig Geld dafür bekommen?"
"Nein! Das sind öffentliche Unternehmen! Sonst kauft sich jeder ein Auto und es werden mehr und mehr und es stinkt und ist laut und das Leben in der Stadt wird völlig unerträglich! Das muss kostenlos sein!"
Er ereiferte sich.
"Aha. Na, das stimmt vielleicht."
"Und außerdem sind die Bahnen nie überfüllt, die fahren sowieso, ich tu doch niemandem weh damit!"

Unterschied

Ja, in den USA fällt zur Zeit auch einiges aus, wie man so hört, Flugzeuge, Busse, das ganze Leben, sowas halt. Wer wissen will, warum das so ist, kuckt sich das folgende Video an und fragt, sich, ob es für das Gejammer in Deutschland irgendeinen stichhaltigen Grund gibt:

Der Regisseur schreibt dazu: Dezember 2010 Blizzard im Zeitraffer. Aufgenommen mit einer Canon auf einem Stativ, mit Fernauslöser und einer Zeitschaltuhr, die alle fünf Minuten ein Foto veranlasst. Etwa 20 Stunden Leben in 40 Sekunden Film.

Erkenntnis ohne Einsicht


Es genügt nicht
Bücher über das
Zeichnenlernen zu kaufen
wenn man Zeichnen
lernen will.






Geht das nicht wenigstens als Haiku durch?

27 Dezember 2010

Bosheit und Niedertracht (1)


Die kleinliche Rache der Macht


Lennart lag auf der Couch und blätterte lustlos in einem brandneuen Super­helden-Comic. Er hätte in der Uni bei seinem Laborpraktikum sein sollen, aber er war noch verkatert vom Vorabend und hatte keine Lust. Beim Praktikum durfte man maximal zweimal fehlen damit man die Bescheinigung bekam. Dieses war erst das zweite mal. Er wurde durch ein Krachen und Splittern an der Tür aufgeschreckt und sprang auf um nachzusehen. Im Flur seiner eigenen Wohnung kamen ihm zwei Kerle in Lederjacke und schwarzer Hose entgegen.
Er musste tief Luft holen: "Wer sind sie?"
Der kleinere der beiden antwortete mit betonter Gelassenheit, wie ein Gangster im Film: "Ach, unser Name ist ganz unwichtig."
Lennart versuchte so entschlossen wie sein Vater zu klingen.
"Was wollen sie hier? Raus!"
Das schien sie nicht sehr zu beeindrucken.
"Du bist doch der Lennart, dem das Free-Music-Blog gehört, oder?"
Damit sollte für ihn ein sehr verwirrendes Erlebnis beginnen.
"Was? Ja."
Lennart war überrascht. Was konnte seine Musikseite im Internet mit ein paar grobschlächtigen Einbrechern zu tun haben?
"Siehst Du!"
Ihm wurde allmählich bewusst, dass der größere der beiden Männer eine glänzende Axt mit einem Metallstiel in der Hand hielt. Den Arm mit der Axt ließ er locker herab hängen und ein wenig pendeln. Dabei sah er Lennart interessiert an. Der kleinere, der mit ihm gesprochen hatte, hielt ein Messer in der Hand, er kam näher. Er versuchte es noch einmal energisch, aber weniger überzeugend.
"Was ... was wollen Sie von mir?"
"Lennart, Lennart, du bist wirklich ein böser Junge!"
Lennart schwieg und blieb stehen. Ihm fiel zu dieser großmütterlichen Feststellung in Verbindung mit dem Messer und der Axt absolut nichts ein.
"Lennart, Lennart, du gehst bei Rot über Ampeln, du fährst schwarz mit der U-Bahn, du schlingerst nachts ohne Licht auf dem Fahrrad und du lädst Musik in deinem Blog hoch ins Internet. Und wer weiß, wo du deinen Shit kaufst. Du bist wirklich ein böser Junge!"
"Sind sie von der Drogenfahndung? Ich will sofort einen Anwalt sprechen!" 
Er wusste, wie abgegriffen und insgesamt bescheuert dieser Satz in seiner Situation war, aber ihm wollte einfach nichts besseres einfallen. Er hatte das Gefühl, dass er irgend etwas beeindruckendes sagen müsste.
"Oh Lennart! Wie kannst du nur so etwas von uns denken?"
Der kleinere der Kerle streckte seine Hand aus und schob Lennart rückwärts in sein Wohnzimmer.
"Ich meine: Wie kannst du nur von uns denken, dass wir dir einen Anwalt rufen würden? Sehen wir etwa so aus?"
Dort stolperte er wieder auf die Couch. Lennart starrte die beiden Männer an.  
"Und du siehst doch auch nicht so aus. Anwälte sind doch nur was für Schwächlinge. Und für Verbrecher. Du wirst doch kein Schwächling sein?"
"Nein."
"Und auch kein Verbrecher, oder?"
"Nein!"
"So siehst du auch gar nicht aus. Und wir auch nicht. Sieh mal, würden wir deine Boxen zerstören, wenn wir von der Drogenfahndung wären?"
"Welche Boxen?"
Die glänzende Axt des größeren Kerls krachte in die linke Box der HiFi-Anlage. Lennart zuckte vor Schreck zusammen.
"Nein, würden wir nicht: Wozu sollte das denn gut sein? Schade, jetzt ist der Lautsprecher wohl kaputt."
Das war vermutlich auch der Zweck: Dass Lennart erschrecken sollte. Das war ihnen gelungen.
"Sind sie wahnsinnig?"
"Wenn wir von der Drogenfahndung wären, wären wir ja Staatsdiener. Dann dürften wir womöglich bei dir gar nichts mutwillig kaputt machen. Oder?"
Er schrie: "Hilfe!"
"Lennart, Lennart! Es ist früh am Nachmittag und deine Nachbarn sind bei der Arbeit. Ein paar vielleicht sogar beim Studium, in der Bibliothek. Nur du bist zu Hause. Komisch eigentlich. Wer soll dich denn hören?"
Lennart rief noch einmal, aber mit weniger Überzeugung: "Hilfe!"
Der kleinere Kerl redete begütigend auf hin ein.
"Sieh mal, was meinst du, was uns davon abhält, mit dieser Axt deine Knie zu zerschmettern? Na?"
"Ich ... ich weiß nicht..."
"Genau: Wir auch nicht. Glaubst du nicht auch, dass du uns besser keinen Grund geben solltest?"
"Ich ... ich weiß nicht ...?"
"Eben."

26 Dezember 2010

Nachrichten

In Nürnberg gibt es einen Club, der seine Fetisch-Sado-Maso-Abende unter dem Motto HAPPY AUA veranstaltet. Der Charme dieses Wortspiels erschüttert mich bis ins Mark.

Dafür geht die ausschweifende Orgie auch nur bis abends um eins. Um die Zeit ist es doch noch nicht mal richtig dunkel? Weiß jetzt nicht, ob mein Weltbild damit schon wiederhergestellt ist.

Helferlein Rechtschreib

Das folgende habe ich diesmal vom Bildschirm abfotografiert, der Einfachheit halber. Gesucht war ein überragender Berg - das ist nicht zwingend ein Haufen aus Superautos:




Oder wollen die mir die drängende Frage beantworten, wie ich ein Superauto zusammensetze?

25 Dezember 2010

Kunst! Es handelt sich um Kunst!

Ich lese laut vor:
"Zwölf männliche, kastrierte Rentiere, Rentierurin, Fliegenpilze (gefroren und getrocknet), acht Gefrierkuben, zwei Kühlschränke, Schnee, zwei nicht geschlechtsbestimmte Stubenfliegen, acht Monitore, zwei Kameras, Gerüsttribüne, Einzäunung aus lackiertem Stahl, Futtertröge aus Edelstahl, Rentierfutter, Tränken, Wasser, Urinfänger, Halfter aus Naturleder, diverse Laborutensilien, Verbundglas, Spiegelflie, Bodenabdeckung aus Baufolie, Tanzteppich, Holzspaneinstreu; Kanarienwaage Harzer Roller, Kanarienwaage Timbrado Espanol, Mäuseplatz, Aufzugbett, Doppelpilzuhr".


Das liest sich wie die Karikatur einer Ausstellung, so als ob sich der große Martenstein oder gar Kurt Tucholsky persönlich in ironischer Übertreibung und mit nachsichtigem Lächeln zur Kunst der Gegenwart geäußert hätten. Interessanter Weise ist es aber die real existierende Beschreibung zu einer real existierenden Ausstellung, die gerade im Hamburger Bahnhof läuft.

Zusammengefasst: Es handelt sich um irgendetwas mit Rentieren, Fliegenpilzen und Rentierurin. Dazwischen flattern Kanarienvögel in riesigen Käfigen, schwarze Mäuse irren durch weiße Labyrinthe und es stehen ein paar überlebensgroße Fliegenpilz-Schnittmodelle sowie Kühlschränke mit Glastür in der Gegend herum. Die ganze Sache ist total abwegig und in ihrer Abseitigkeit faszinierend. Fast schon schön. Aber dabei eben ziemlich abseitig, was bedeuten soll: Ohne nachvollziehbare oder überhaupt irgendwelche innere Logik. Das kommt in der Kunst öfter vor.

Das Handlungsgerüst lautet zusammengefasst etwa "Steinzeit-Inder trinken fliegenpilzhaltigen Rentier-Urin und haben Halluzinationen. Deutscher Künstler halluziniert mit."

Wenn man sich darauf einlässt, dass Kunst nicht zwingend immer nur ein in Essig und Öl gemaltes Tafelbild sein muss, sondern auch einfach durch Objekte Assoziationen in Gang setzt, ist man schon weit über "Dit kann ick ooch, so malt meine Tochter!" hinaus. Aber die Soma-Ausstellung ist ein ganz anderes Kaliber: Die Kunst bestand schon darin, für diese Drogenphantasie den Leuten mit dem Geld genug Geld abzuschwatzen, um die ganze Halle vom Hamburger Bahnhof zu bespielen.

Inhaltlich ist dabei leider irgendetwas auf der Strecke geblieben. Jedenfalls erscheint die Zusammenstellung von Rentieren, Kanarienvögeln, Labyrinthmäusen und dem ganzen Zeug äußerst beliebig. Aber mit den Stichwörtern Halluzination, Assoziation und Kunst lässt sich so ziemlich alles erklären.

Wie dem auch sei: Rentiere sind hübsche Tiere und nett anzuschauen. So lange sie im Hamburger Bahnhof stehen werden sie nicht zu Rentierschinken verarbeitet. Man kann in der Ausstellung auf der Empore übernachten - warum auch immer. Reizvolle Vorstellung: Eine Nacht im Museum, auf einer Empore, zwischen lauter Rentieren. Die Sache kostet 1000€ pro Nacht und ist zum Glück schon bis zum Ausstellungsende ausgebucht, sonst müsste Der Große Bloguator™ dringend darüber nachdenken.



24 Dezember 2010

Aktualisierung des Angebots


In Schöneberg begegnen die türkischen Supermärkte der kommenden Feiertagshäufung auf ihre Weise: Es befinden sich von allem noch riesigere Packungen im Angebot als sonst schon.

Während man normalerweise Reis und Bulgur nur bis hin zu 10kg-Paketen und Joghurt, Schafskäse oder Oliven in 2kg- Dosen findet und sich da schon fragt, was der Laie damit wohl anfängt, ist der Laden jetzt voll bis unter die Decke mit Reis in 25kg-Säcken und Bulgur ebenfalls in Halbzentner-Gebinden, Joghurt in 5kg-Bechern und Tee in 1Kilo-Paketen. Ein Kilo Tee ist eine ganze Menge. Und an den Kassen bilden sich lange Schlangen.

Klar, da bereiten sich alle vor auf Weihnachten im Kreis der Familie - einer Familie, die in zweieinhalb Tagen 25kg Reis essen soll und dazu etwa 2000 Tassen Tee trinkt: Es wird auf jeden Fall gesellig.

Schönes Schöneberg!

19 Dezember 2010

Deutsches Wintermärchen

Geil! Wenn es überhaupt noch eines Beweises für die vollkommene Unfähigkeit des Managements von DieBahn bedurft hätte, dann ist es das, was heute gerade passiert:

DieBahn wähnt sich ja ständig im Wettbewerb mit dem Flugzeug und setzt deshalb schwerpunktmäßig auf Hochtechnologiezüge. Die fahren leider nur bei schönem Wetter. Zu schön darf es dabei aber auch nicht werden - dann fahren zwar die meisten der Züge immer noch - aber der Mensch hält es drinnen nicht aus, weil die Klimaanlage oder die WCs oder die Türen oder alles gleichzeitig nicht funktionieren.

Unter Null Grad fahren die Milliardenzüge auf den Milliardenstrecken auch irgendwie nicht, wie wir seit neuestem wissen. Ja, der Winter, leider, leider. Schnee, Frost, alles Feinde des geregelten Bahnbetriebes, sehr unerwartet, das.

Da wir diesen Winter etwas mehr Schnee als in den letzten fünf Jahren haben, insgesamt liegen jetzt etwa zehn Zentimeter, ist das Fliegen schwierig. Die Fluggesellschaften raten den Passagieren daher, auf die Bahn umzusteigen. Endlich ist sie da, die lang erhoffte Situation, auf die inzwischen vier Generationen von teuer eingekauften Bahnmanagern hingearbeitet haben: Konkurrenz zum Flugzeug! Das wäre DIE CHANCE für die Bahn:...

... wäre es früher gewesen, so vor 1980 etwa. Aber im Moment ist DieBahn über jeden froh, der nicht mit dem Zug fährt. Sie bietet den Leuten an, den Fahrpreis zurückzuzahlen, wenn sie doch lieber nicht den Zug nehmen.

Sieht so ein Offenbarungseid aus? Schon, oder?

Ich frage mich, ab wann sie Prämien zahlen an jeden, der im Winter nicht mit DieBahn fährt. Kann nicht mehr lange dauern. So eine Prämie würde im Vergleich zu den Investitionen in die Hochtechnologiezüge überhaupt nicht ins Gewicht fallen, Portokasse. All die Grubes, Mehdorns und Dürrs werden auch das noch als Erfolg verkaufen und dann Bonuszahlungen für die Verringerung des Passagieraufkommens fordern, das ist jetzt schon absehbar.




Spaßiger Weise ist letzte Woche in Schönefeld - auch so ein Thema - der Flugverkehr deshalb zusammengebrochen, weil der eine von zwei Lieferanten des Enteisungsmittels leider kein Enteisungsmittel hatte. Sie haben im Winter wohl nicht mit Frost gerechnet, oder mit Schnee. Ich könnte mir vorstellen, dass dort bei DieBahn abgeworbene Spitzenkräfte in der Unternehmensführung sitzen. Diese haben sich ganz innovativ gefragt, ob man für die paar kalten Tage wirklich Vorrat halten muss, da liegt das Geld doch nur untätig herum, heute kann man ja alles just-in-time geliefert bekommen.

Die andere Firma konnte problemlos liefern.

18 Dezember 2010

Für den Fall...

... dass es Den Großen Bloguator™ a.k.a Goldfischli wieder einmal trifft, hat da anscheinend schon einer was vorbereitet: Ein Fischbild ...

... aber gegenwärtig besteht da keine Gefahr.

15 Dezember 2010

Tugend voran!


Grade erwische ich mich dabei, wie ich das aufgezeichnete Radiofeature zum Thema Tugend unter der Kategorie "Blues" abspeichere.

14 Dezember 2010

Winter

Zufällig haben wir ja gerade Winter und da will ich einerseits keine Winterserie draus machen - das hier ist ja kein Themenpark - andererseits aber Euch alle auf dieses weitere schöne Kunstwerk hinweisen:

kommt von der BBC

13 Dezember 2010

Sprachbetrachtung


Die Sprache entwickelt sich.
Die Sprache lebt.
Die Sprache regiert!
Oder so.

In den allgemeinen Sprachgebrauch haben zur Verfeinerung des Begriffsfeldes "Sprache" in letzter Zeit ein paar Neuschöfpungen Einzug gehalten: Soziolekt beispielsweise, oder Ethnolekt.

... und das Wort Neuschöfpung ....

Naja, gemeint ist halt, dass man als Mitglied einer bestimmten Einkommensklasse oder einer Gruppe mit Einwanderungshintergrund vielleicht nicht ganz so spricht, wie sich das die Neuedeutscherechtschreibung und ihre Erfinder vorstellen. Aber auch keine der herkömmlichen Umgangssprachen und Dialekte, wie sie gerne für den Bildungsbürger in lustig gemeinten Parodiewerken veröffentlicht werden: "Spontisprüche" oder "Business-Bayrisch für Manager" (ich habe übrigens in über dreißig Jahren nicht herausgefunden, was ein "Sponti" sein sollte, oder jedenfalls keinen persönlich kennengelernt. "Bayrisch" kenne ich aber schon).

Ganz überrascht sind die Bildungsbürger herkömmlicher Bildung dann von der Nachricht, dass die Anwender von Ethnolekt in der Lage sind, zwischen Ethnolekt und Hochsprache hin und her zu schalten (akademisches neuhochdeutsch: "switschen"). Sie machen sich einen Spaß draus, mutwillig falsch zu sprechen.

... ich muss wirklich lernen, kürzere Einleitungen zu schreiben ...

Seit Erfindung des Ethnolekt darf man auch hier ganze Silben weglassen: "Deut-", "Ar-" oder auch "I-". Die Sprache wird dadurch unsachlicher und wärmer. Was dabei heraus kommt, ist dann, wie man heute so spricht. Man sagt jetzt

schland!
und
schloch!

Aber man kann damit nun auch ganz zulässig sagen

schliebedisch!






¹ na klar, die ganz humorvolle Fraktion hat natürlich in Wikipedia auch dafür eine Definition erstellt, die dort bis ans Ende aller Elektronen die Wahrheit repräsentieren wird, aber wie gesagt: Persönlich ist mir nie einer begegnet. Wahrscheinlich eine urbane Legende, für unsere Freunde aus dem wilden Süden: Der Wolpertinger der achtziger Jahre.

11 Dezember 2010

Irgendwas polnisches

Geiiiil! Die unterschiedlich verbogenen Gedanken und Vorstellungssysteme des Menschen¹ lassen sich nicht besser veranschaulichen als mit dieser Performance:











¹ gemeint sind natürlich die Benutzer des labyrinthischen Pfades, die nicht einfach geradeaus gehen, sondern im flachen Schnee trotzdem dem Pfad folgen - bis zu einem jeweils sehr unterschiedlichen Punkt

07 Dezember 2010

Zweck und Entfremdung (2)

Man kann auch so nutzlose, aber hübsche Tiere wie Eichhörnchen zweckentfremden. Immerhin wollen die einem nichts andrehen.

Hä?

Nee, ich fang nochmal anders an: Da trainiert jemand sein Eichhörnchen für die nächste Einbrecherolympiade.



In den Links sieht man, dass er nicht der einzige ist.

Im Grunde ist das eine umgekehrte Kettenreaktions-Maschine (im amerikanischen Internet-Englisch a.k.a. Rube-Goldberg-Machine). Hm. Oder?

06 Dezember 2010

Zweck und Entfremdung

Eine vom Großen Bloguator™ sehr geschätzte Kreativitätstechnik ist die Zweckentfremdung. D.h., sobald man erkennt, dass eine Einrichtung zwar irgendwie sinnvoll, aber auch langweilig ist, wird nach alternativen Anwendungsmöglichkeiten gefahndet. Das ist im Grunde Vandalismus und Zerstörung, aber höherer Ordnung.

Besonderen Spaß macht das bei Einrichtungen, die den propagierten Zweck nicht erfüllen. Das passiert zuweilen nur aus der Unfähigkeit der Entwickler heraus, sehr viel öfter auf Grund ihrer Großspurigkeit, am häufigsten aber aus purer Absicht.  Der Große Bloguator™ fühlt sich leicht angepisst, wenn ihm mit irgendeinem Nützlichkeitsversprechen gegen ein geringes Entgelt doch nur etwas sinnloses angedreht werden soll.

Das Entgelt ist ja nicht immer klingende Münze. Heutzutage wird in dem öffentlichen Raum, der da Internet heißt, mit den Währungen "Aufmerksamkeit" und "Persönliche Informationen" gehandelt. Der weltgrößte Händler ist ein Unternehmen namens Google, und es bietet so allerlei nützliche Dienste an. Nützlich für das Unternehmen Google.

... und für den Großen Bloguator™, wie auch einige andere, die bei Google einen Haufen schönes Spielzeug finden. Hier etwa den Online-Übersetzer (anhören!), der vorgibt, seine Übersetzungen auch sprechen zu können. Jeder hat schon mal so eine automatische Übersetzung gesehen: Nigeria-Spam kommt gern in dieser Verkleidung, und das ist gleichzeitig auch das einzige. Man merkt nach einer Weile: Ernsthaft will den automatischen Übersetzer dann eigentlich doch niemand verwenden.

Aber unernst taugt er als Human Beat Box. Ist leider noch nicht ausgereift, im Zweifelsfall kuckt man besser doch erst mal bei Youtube.

03 Dezember 2010

Blogdramen

Wer da glaubt, was Der Große Bloguator™ immer so schreibt sei doch alles stark übertrieben, wenn nicht sowieso ganz frei erfunden, der irrt. Die Inspiration liegt auf der Straße. Frau TheaBromina nannte das früher "alles in mühseliger Heimarbeit 100%ig selbst erlebt". Nun erlebt Der Große Bloguator™ nicht nur in Heimarbeit, sondern auch oft draußen, vor der Tür, aber gerade deswegen: Viele dieser Erzählungen basieren auf einem wahren Kern und werden zum Zwecke der Dramatisierung ein wenig ausgeschmückt. Beispielsweise um die Stimme des Ich-Erzählers.

Der Ich-Erzähler ist ja manchmal ein wenig boshaft, wohingegen Der Große Bloguator™ ein überaus netter Kerl ist und keiner Fliege etwas zuleide tun könnte. Außer vielleicht dem einen oder anderen Hund. Und dem einen oder anderen Nazi. Und der einen oder anderen politischen Führungspersönlichkeit, die unautorisiert das Maul aufreißt. Aber sonst hat fast nichts und niemand etwas zu befürchten.

Wie zur Bestätigung der schlimmsten Albträume sind in letzter Zeit wieder einigen Sachen passiert. Die Leser der letzten Staffel von "Musik & Tön" fanden die Geschichten vom Bau vielleicht stark überzogen.

1. Aber es begab sich zu der Zeit, da die ersten Folgen gerade gepostet waren, da wurde das Haus mit der Wohnung des Großen Bloguators™ eingerüstet und die Fenster mit einer Plane lieblich verhängt. Da war es Oktober, kurz vor dem Wintereinbruch. Der Putz der Fassade soll nämlich gründlich repariert werden. Ab +5C° darf man nicht mehr verputzen, weil der Putz dann nicht hält. Grade rechtzeitig ... wäre das vielleicht gewesen, wenn man denn auch sofort mit der Arbeit begonnen hätte.

Oktober also. Zu diesem Zeitpunkt, so früh, konnte man natürlich nur das Hinterhaus einrüsten. Die Straßenseite kam dann in der zweiten Novemberwoche dran. Und der Wintereinbruch wieder völlig überraschend. Dann dauerte es nur noch ein, zwei Wochen, bis es wirklich losgehen konnte. Derzeit, bei -3° bis - 14°, wird Putz abgeschlagen. Das kann noch so zwei Tage dauern. Ab dann kann mit voller Kraft verputzt werden. Dann haben wir Dezember, und bislang bringt der Schnee mit sich.

Hm? Och, nur so. Es war halt irgendwie dringend mit dem Verputzen, nehme ich an.

2. Um die Ecke, in der Monumentenstraße wird seit geraumer Zeit das Wohnhaus einer Baugruppe errichtet. Aber es wird nicht fertig. Angefangen haben sie im August 2009, mit dem Vermessen. Ende Oktober mit dem Bauen, in sehr kleinen Schritten, wirklich sehr kleinen. Beim großen Schnee im Dezember waren dann der Keller und das halbe Erdgeschoss fertig. Bis das Eis weg war und wieder gefahrlos gearbeitet werden konnte, war es April geworden, wir erinnern uns.

Was sie den ganzen Sommer lang gemacht haben, kann man nicht so recht sagen. Jetzt ist immerhin schon die Wärmedämmung der Fassade dran und es gibt auch Fenster. Der Putz fehlt teilweise immer noch, bei der gegenwärtigen Kälte wird das auch nix mehr.

Nun sollte man erwarten, dass von drinnen, aus dem inzwischen geschlossenen und beheizbaren Gebäude, ohrenbetäubender Baulärm dringt. Aber das Haus liegt still und friedlich da, direkt neben der Schießanlage des Schützenvereins, zu der die Balkone zeigen. Mal sehen wie lange das gut geht. In diesem Jahr wird das Haus auf keinen Fall mehr fertig - und im nächsten Jahr auch nicht sofort.¹

Es bleibt weiter spannend.

Grade lese ich in der Glaserei über das 102-geschossige Empire State Building in New York: "... wurde in 13 Monaten errichtet".

3. Und selbstverständlich kennt Der Große Bloguator™ auch einen Architekten, der seine freien Mitarbeiter zuweilen nicht bezahlt. Begründung: "Das hat alles viel zu lange gedauert!" Wobei er natürlich genau wusste, wie lange es gedauert hat - er saß ja die ganze Zeit daneben.





edith, nur kurze Zeit später:
¹ Wie Architekten so sind ... nein, es ist ihnen nicht zu peinlich, die beschämende Fehlkoordination mit Bau"fortschritt" zu bezeichnen und öffentlich auszustellen, beispielsweise im Internet. Wer noch näheres wissen will gugelt "Am Flaschenhals" und "Berlin". Unsereiner wundert sich manchmal, wie es zu dem überaus schlechten Ansehen des Architekten in der Öffentlichkeit kommt.

02 Dezember 2010

Schnee in Berlin

Berlin ist die Hauptstadt der Wetterhysteriker. Wenn von "Heftigen Schneefällen" die Rede ist, dann liegen am Ende drei Millimeter. Und die fünf Zentimeter, die letzte Nacht still und leise über der Stadt niedergesunken sind, nennt man hier ganz ernsthaft eine "Schneekatastrophe".

Die gegenwärtige Schneekatastrophe wurde seit zwei Tagen angekündigt und deshalb funktioniert wieder einmal nichts. Sobald hier eine Schneeflocke fällt regieren im Freien Chaos und Wahnsinn.

Der typische Berliner Autofahrer kann sonst schon nicht besonders gut fahren, und bei Regen gar nicht. Das alles muss man mit 10 multiplizieren, um sich die Lage bei "Schneechaos" vorzustellen. Winterreifen ändern daran überhaupt nichts.

Leider kann man den Autofahrern das Ausweichen auf die öffentlichen Verkehrsmittel nicht empfehlen: Die funktionieren dann nämlich auch nicht. Die S-Bahn hat bisher nur auf drei oder vier Linien vor dem überraschenden Wintereinbruch kapituliert. Die übrigen sind voraussichtlich in den nächsten Tagen dran. Von der S-Bahn erwartet hier aber auch niemand mehr etwas anderes seit sie letztes Jahr wegen Wartungsmängelnn den Betrieb wochenlang komplett einstellen musste.

Die DB, Eigentümerin der S-Bahn, lässt ihre Hochtechnologie-Züge schließlich auch langsamer fahren seit es kalt geworden ist. Hochtechnologie funktioniert halt nur bei Sonnenschein. "Nur wenige Minuten Verzögerung", "Sicherheit der Fahrgäste". In England haben sie in solchen Fällen nach Anschaffung von millionenteuren Schneeräumanlagen schon einmal gesagt, es sei leider "der falsche Schnee" gefallen. Oder es lag "Laub auf den Schienen". Darauf warte ich in Deutschland noch.

Da will die BVG natürlich nachziehen. Auf einem Abschnitt der Hauptstraße in Schöneberg fahren 4 Buslinien. Fahrplanmäßig verkehrt jede der Linien im 10 -15Minuten-Takt. An der betreffenden Haltestelle hält tagsüber in der Regel alle 3 Minuten irgendein Großer Gelber. Jedem ist schon klar, was bei dem seit Tagen absehbaren "Schneechaos" passieren wird: Eine halbe Stunde lang kommt kein einziger Bus. Wer dann den ersten genervten Busfahrer fragt, bekommt die empörte Auskunft, dass man ja nicht Auto fahren kann bei dem Wetter, "wir sind über eine Stunde zu spät dran!" Naja, der Mann kann wirklich nichts dafür. Seine Firma aber schon.

Und dann sind da die Bürgersteige. Im letzten Winter waren sie wegen des laschen Schneeräumgesetzes für 3 Monate mit Eisplatten bedeckt, spiegelglatt und praktisch unbenutzbar, Streugut half nicht mehr. Die Hausbesitzer dachten sich, dass zusammengetrampelter Schnee doch auch ganz schön ist, und jedenfalls besser, als wenn sie sich selbst um die Schneeräumung kümmern oder diese womöglich sogar bezahlen müssten.

Im Sommer wurde das Problem vom Senat angegangen und das Gesetz geändert. Es ist aber erst seit drei Tagen in Kraft. Die Hausbesitzer zogen daraus bis vor vier Tagen den Schluss, dass sie in diesem Winter wohl auch wieder nicht Schnee zu räumen brauchen. Viele kündigten das auch an, "Planungsunsicherheit", wie man von den großen Gesellschaften hörte. Das liest sich so und will sagen, das sie sich auch in diesem Winter lieber nicht um die Sicherheit der Fußgänger kümmern wollen. Niemand konnte ja bisher ahnen, dass es im Winter schneien würde, und die Immobilienunternehmen bitten sinngemäß um eine großzügige Kulanzregelung bis Ende Juni.



edith, keine zwei Stunden später:
Die Kollegin rief grade an. Auf ihrer S-Bahnlinie - die offiziell nicht zu denen mit wetterbedingten Schwierigkeiten zählt - fällt jeder zweite Zug aus. Von den übrigen kann die S-Bahn nicht sagen, wann sie kommen. Grund: Computerausfall. Klar doch, draußen fällt Schnee und drinnen fallen zufällig ein paar Rechner aus. Das müssen dieselben Computer sein, die auch DieBahn bei der Koordinierung ihres Hochtechnologie-Chaos verwendet.




Wir lassen uns das Wort auf der Zunge zergehen: "Witterungsbedingt".

01 Dezember 2010

Henry

Zwar habe ich grade dem Herrn Glaser aus der Glaserei vorgeschlagen, dass er doch mal Henry Mancini drannehmen möchte, aber eigentlich: Warum sollte ich das nicht auch selbst tun? In der Rubrik "Was Der Große Bloguator™ so alles hört" oder so, völlig außerhalb aller Festtage, Jubiläen und pflichtmäßigen Gedenkenstermine, einfach nur so.

An sich ist ja auch über Henry Mancini alles schon längst gesagt: Dass er der Komponist vom Pink-Panther-Thema ist, von Moon River, dem Musikthema zu Peter Gunn, Mission Impossible und tausend anderen. Es gibt einen sehr wohlwollenden Artikel in der Wikipedia, der das Herz mindestens genauso sehr wärmt wie Mancinis Musik selbst. Es gibt eine großartige Webseite zu seiner Person, in der man unter Music Samples etliche Stücke hören kann. Mehr ist dem fast nicht hinzuzufügen.

Das einzige was noch gesagt werden musste ist, dass er einer der großen Helden des Großen Bloguators™ ist: HENRY MANCINI.

Aceto Kleister

¹

Wenn die Flasche mit dem sogenannten, diese Benennung aber nicht verdienenden, Aceto Balsamico nicht mehr auf geht weil der Verschluss verklebt ist, dann ist das der Beweis dafür, dass man sich ziemlich verzuckerte Plörre hat andrehen lassen.






¹ ja, genau, bei mir um die Ecke, im schönen Schöneberg, gibt es ein ganz bekanntes Lokal ähnlichen Namens, das aber mit dem Titel nur wenig gemeinsam hat.

Obwohl...

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