27 Januar 2016

Werktag

Dialog im Büro

“Ich geh einkaufen - soll ich was mitbringen?”

”Flüssigseife für den Spender.”

”Wir haben doch noch welche?”

”Öcht?”

”Ja.”

”Wirklich?”

”Ja!”

”Ganz sicher?”

”Ja-ha!”

”Gut. Dann bringst du also keine Seife mit.”

”Ja.”

”Für den Spender.”

”Genau.”

”Also was sollst du mitbringen?”

”Keine Seife!”

”Kannst dir das merken?”

”Ich schreibs mir auf.”

”Besser ist das. Du bringst sonst wieder das falsche mit.”

”Gebongt: Keine Seife.”

”Und nicht die falsche!”

”Sonst muss ich halt nochmal gehen.”

Wir sind manchmal ein wenig überarbeitet. Glaubt uns auch wieder keiner.

22 Januar 2016

Gefühltes Wissen

Berliner wird man in der Regel nicht durch Geburt, sondern durch Zuzug - auch wenn es Ausnahmen gibt. Irgendwann hält sich jeder Zugezogene für einen Berliner, das ist je nach Selbstbewusstsein nach 1 Monat bis 2 Jahren der Fall.

Damit einher geht in der Regel das Auskenner-Syndrom. Es zeigt sich dadurch, dass man anderen Leuten großherzig die Stadt erklärt und wie sie funktioniert.

Hier haben wir ein schönes Beispiel aus dem Internet, das aber durchaus so exemplarisch stehen bleiben kann:


 

43 Dinge, die Du nur in fünf Jahren Berlin lernst

”Rennst Du oder nimmst Du die nächste Bahn?”
Philipp Jahner BuzzFeed-Redaktion, Deutschland

1. Die Hälfte der Leute, die behaupten, sie kämen aus Berlin, kommt in Wirklichkeit aus Brandenburg.
Skandal! Der meiste Berliner kommt nämlich aus Hamburg, München, Stuttgart, Münster, Heidelberg, irgendwelchen Käffern in Hessen sowie aus den Berliner Randbezirken. Und aus dem Speckgürtel - der liegt in Brandenburg.
(sehr gute Quelle hier: Berliner Zugezogenen-Atlas, Morgenpost)
2. Du kannst jedem Menschen mit nur einem Wort den Tag versauen: Schienenersatzverkehr. 
Viele Menschen fahren sogar in Berlin immer noch mit dem Auto zur Arbeit - so unsinnig das auch sei. Wer die Öffentlichen nimmt, kann hier jedes einzelne Fahrzeug genau verfolgen.
3. Du machst nur einmal im Leben den Fehler, den Fernsehturm “Alex” zu nennen.
Darüber regen sich nur die frisch zugezogenen auf. Aber sag doch mal "Prenzlberg" zu einem, der stark berlinert...
4. Und du gehst nur ein einziges Mal in der Simon-Dach-Straße feiern und dann nie wieder.
Wo?
5. Den Alexanderplatz zu überqueren war die Vorlage für das Trimagische Turnier bei Harry Potter.
Gut beobachtet: Der Alexanderplatz ist nämlich die Wüste mit der Straßenbahn und dem Kaufhaus, nicht die am Fuß des Fernsehturms.
6. Mit der M10 fahren ist wie “Stairway to Heaven” rückwärts hören.
Satansche Botschaften in der Party-Tram? Als wäre Vorwärts nicht schon schlimm genug. In Australien gab es mal einen Wettbewerb um die beste Coverversion des Stücks. Der Sieger erhielt anschließend Morddrohungen.²
7. Die BVG ist der Teufel und Gott in einer Person.
Die BVG betreibt die gelben Dinger mit den vielen Rädern. Zum Glauben und Beten kann man in eine der zahlreichen Kirchen gehen. Dort ist man in der Regel allein.
8. Das eigentliche Wappentier der Stadt ist nicht der Bär, sondern ein unter Herbstlaub liegender Haufen Hundekacke.
Das beste Wappentier der Stadt wäre wohl der Laubbläser.
9. Plane Dein Leben ohne die S-Bahn.
So sagt nur einer, der den Parkplatz vor der Scheune für ein Grundrecht hält. Nimm die U-Bahn. Es gibt sogar Busse im 20min-Takt. Geh schlimmstenfalls ein paar Meter zu Fuß.
10. Du wirst immer das Gefühl haben, Dinge zu verpassen und das ist das Normalste der Welt.
Das Gefühl trügt nicht. Aber man gewöhnt sich dran.
11. Freie Termine beim Bürgeramt gibt es so viele, wie Piraten im Landesparlament.
Parlamentspiraten muss man online ein halbes Jahr im voraus buchen?
12. Du brauchst für jeden Weg mindestens 45 Minuten. Egal, ob Du ans andere Ende Deines Kiezes willst oder auf die andere Seite des Ringes.
Da ist was dran. Aber Dein Kiez muss ganz schön groß sein. Echt?

(Großer Bloguator™ durchquert seinen Kiez gerne volltrunken und benötigt dafür in der Tat 45min.)
13. Es ist scheißegal, wie Du Deinen Kaffee trinkst. Lass Dich nicht unter Druck setzen.
Trink den Kaffee nicht im Gehen - das ist stillos und unreif, Berlin hin oder her. Und lass deinen Vornamen nicht auf einen Pappbecher schreiben.
14. Die Winter in Berlin sind länger und härter, als Du es Dir je vorgestellt hast.
Nach einem Winter weißt du: Noch härter!
15. Berliner sind Pfannkuchen und Pfannkuchen sind Eierkuchen. Frag nicht, warum.
Aber du bestellst ja auch Wiener in Wien und Frankfurter in Frankfurt, was? Rundstücke in München und Semmeln in Hamburg? Jedenfalls darfst du Omelett zu Eierkuchen sagen und niemand ist dir böse.
16. Deine besten Freude leben auch in der Stadt, aber manchmal seht ihr euch mehrere Wochen lang nicht.
Du willst ja deine Zeit nicht immer mit denselben zwei besten Freunden verbringen.
17. Auch nicht, wenn ihr im gleichen Bezirk wohnt. Oder Viertel. Oder Straße.
Auch dann nicht.
18. Es gibt nur zwei Sorten Menschen: Die, die wegen einer einfahrenden Bahn loslaufen und die, die in drei Minuten die nächste nehmen.
Es gibt Menschen, die auf Rolltreppen links stehenbleiben!
Hm … Menschen?
19. Alle Begegnungen beginnen total unverbindlich. Das ist toll und nervig zugleich.
Genau - sehr wahrscheinlich nämlich, dass gleich noch ein viel interessanterer kommt: Hallo-ho!
20. Die Stadt hat vier Millionen Einwohner und genau so viele Bürgermeister.
Och...
21. Es gibt einen Abschnitt der Ringbahn, den Du noch nie gefahren bist.
Was hast du in den 5 Jahren gemacht?
22. Mach Dir beim Einkaufen keinen Stress, wenn Du was vergessen hast. Es gibt Spätis!
Es gibt auch Restaurants und Dönerbuden und ein oder zwei Kneipen mit Bier *und* Kaffee. Und morgen dann wieder offene Läden. So lange hält es ein erwachsener Mensch aus.
23. Und die Supermärkte am Ostbahnhof.
Und die Supermärkte an JEDEM Bahnhof. Und den Rund-um-die-Uhr-Reichelt.
24. Manche Leute hassen Touristen, weil diese die Stadt nicht verstehen. In Wirklichkeit sollte man einfach alle Menschen hassen, die zu langsam laufen oder im Weg stehen – egal, woher sie kommen.
So ist es, und diese Menschen kommen viel zu häufig aus den Randbezirken oder dem Speckgürtel.
25. Das Sauerstoff-Schiff auf dem Landwehrkanal existiert!
Ja, und?
26. Es gibt offizielle Hundekacke-Sauger.
Die gibt es seit über 20 Jahren. Machen ein hässliches Geräusch.

...schschschlorrrpp!
27. Verzögere bei der Fahrkartenkontrolle das Suchen nach Deinem Ticket, damit die Leute, die sich keine Monats- oder Jahres-Karte leisten können, eine Chance haben, auszusteigen.
Das ist ein guter und menschenfreundlicher Hinweis: Beherzige ihn!
28. Die beste Reaktion auf Berliner Schnauze ist Grinsen.
Bosheit ist die Berliner Methode, Interesse zu zeigen. Mit Leuten, die einen nicht interessieren, macht man sich diese Mühe nicht.
29. Das Brandenburger Tor siehst Du nur, wenn Du Besuch hast oder zu einer Demo gehst.
Man sieht es öfter im Fernsehen als real. Genau wie den Fernsehturm - in diesem Fall ein Versäumnis.
30. In der U-Bahn gibt es nur Edge.
Geheimtipp für den Auskenner: Das Buch und die Zeitung sind seit einiger Zeit erfunden.
31. Busfahren sollte immer Deine letze Wahl sein.
Das merkst du schnell genug selbst.
32. Denn es gibt nur in Berlin die so genannten “BVG-Minuten” - Das ist die Zeit zwischen planmäßiger und tatsächlicher Abfahrzeit.
Aber nur der Berliner S-Bahn frieren auch im Sommer mal die Weichen ein.
33. Am Potsdamer Platz gibt es riesige Häuser, die eigentlich nur fake sind.
Damit der westdeutsche Besucher endlich eine Vorstellung vom Begriff Potemkinsches Dorf bekommt.
34. Alle hoffen, dass der BER niemals fertig wird. Denn …
Niemanden in Berlin interessiert der BER wirklich!
35. Der Flughafen Tegel ist der beste Flughafen der Welt.
Angeblich auch einer der kleinsten. Aber man sieht ja: Berlin braucht gar keinen größeren. Es wird ohnehin zu viel geflogen.
36. Halte Dein Fahrrad in Schuss.
vor allem lass es dir nicht klauen.
37. Die Torstraße ist Hitler.
Hm, und was hältst du von ein paar Jahren Nachhilfe in Geschichte?
38. Spandau ist nicht unser Brooklyn, sondern ein Vorort von Hamburg.
Brooklyn? Wir brauchen Spandau, damit der Berliner eine Vorstellung von PROVINZ hat. Spandau ist die PEST!
39. Der Mauerpark kann so viel mehr als ein mit Menschen überfüllter Flohmarkt sein. Eine mit Menschen überfüllte Karaoke-Veranstaltung zum Beispiel.
Aber zuerst mal ein mit Menschen überfüllter Flohmarkt. Voller Touristen.
40. Hufelandstraße, Husemannstraße und Humannplatz wirst Du auch auf Deinem Totenbett noch durcheinander bringen.
Quatsch, der Berliner beschreibt dem Besucher gedudig den Weg von der Hosemann- in die Husemannstraße. Ob der Besucher will, oder nicht.
41. Es sollen schonmal Menschen auf der Suche nach einem freien Parkplatz an Altersschwäche gestorben sein.
Naja, Wehmut. In ihrem Heimatort konnten sie jederzeit vor ihrer Scheune parken.
42. Pfand gehört daneben.
Pfand gehört nicht auf die Straße. Der Berliner gibt es einfach im Laden zurück. Der Händler ist da gar nicht böse drüber.
43. Du darfst in Berlin aussehen und sein, wie Du willst. Das hat mit Toleranz zu tun, aber auch damit, dass sich 4 Millionen Menschen nicht für Dich interessieren.

Wenn du eine Weile hier wohnst merkst du es selbst: Warum sollten die sich für dich interessieren?

 




 


² vielleicht sollten sie statt der Warnglocke lieber dieses hier spielen, wenn sie durch die Menschenmenge am Alexanderplatz brettern müssen: MP3

19 Januar 2016

Mensch und Masse

Kalter Samstagvormittag im Januar.

Oh, eine gewaltige Schlange in Berlin-Mitte! Erster Gedanke im Kopf des Großen Bloguators™ "Da wird endlich wieder Begrüßungsgeld verteilt!"


Dann aber fiel ihm wieder ein, dass Finanzminister Schäuble ja wohl noch im Amt ist und sogar lebt. Hm. Wahrscheinlich kein Begrüßungsgeld. Sehr wahrscheinlich.


Eröffnung eines neuen Elektronik-Marktes oder gar einer ganzen Shopping-Mall?
Dafür sind die Anstehenden wiederum nicht hysterisch genug. Zu gutgelaunt. Und auch zu diszipliniert.


Vielleicht der große Wohltäter Vladimir Putin, der mit viel Geld wohlgesonnene Menschenmassen einkauft? Die russische Botschaft ist gar nicht weit.


Aber endlich fiel es wie Schuppen von den Haaren - richtig! Samstagvormittag, man hatte davon gelesen:


Die Komische Oper verkauft Kostüme aus ihrem Fundus!


Und die stilbewusste Berliner Bevölkerung mit ihrem bekannt sicheren Geschmack nimmt lebhaft Anteil.


Zugegeben, der Großen Bloguator™ war nicht ganz zufällig am Ort des Geschehens. Aber zu spät. Viel. Zu. Spät.


Schade.

15 Januar 2016

Exotiq

Wie die regelmäßige Leserin¹ ja weiß, pflegt der Große Bloguator™ gerne Vorurteile. Nicht nur die eigenen, sondern die aller Leute. Aus den unterschiedlichsten Gründen.

Eines davon lautet, dass “Techno und richtige Musik nur unwesentlich weiter von einander entfernt liegen als die Erde vom Mond”.

Ja, wohl!

Und dann wird er mit hintergründigem Zeug aus Grönland konfrontiert. Ich wiederhole: Grönland! Von einer Band namens Uyarakq, deren Geräuscherzeugung einen total hibbelig macht und die den Erwartungen, die man von Grönland vielleicht hat, sogleich eine neue interessante Richtung geben kann.

Und besonders witzig ist selbstverständlich außerdem die überaus unerwartete Streuung des Buchstaben Q in den Titeln – ohne die bei uns übliche Kombination mit dem U.

Ja, äh, und los:

Hier gleich noch eins:

 

 

Hm, stelle bei wiederholtem Hören fest, dass die Beispiele vielleicht gar kein Techno sein sollen.

So, so? Na gut, dann muss sich jetzt leider wieder über jemand anderen lästern.


¹ männliche Leser dürfen selbstverständlich auch wissen
² kam neulich via Radioeins Freistil rein

13 Januar 2016

Versagen

aus der bekannten Serie Schadenfreude ist die reinste Freude!


Neulich mal hatten wir hier einen Betrag mit  dem Untertitel “Multiples Kranversagen” – das war schon sehr schön – wenn auch gruselig.

Hier kommt jetzt wieder einmal eine Beobachtung zum Thema “Multiples Kahnversagen”: Das Boot mit dem blauen Spinnacker kommt innerhalb einer Regatta in der besten Position, die man nur haben kann, an der Leetonne an. Völlig übermotiviert nehmen sie den Spinnacker zu spät oder unkoordiniert runter und der überehrgeizige Steuermann rundet zudem die Tonne im Millimeterabstand. Also viel zu eng. Jedenfalls versucht er es. Gemeinsames Versagen führt zum absehbaren SuperGAU.

Wer jemals selbst Regatta gesegelt ist ahnt, dass hier einiges schief gehen kann. Schnell berührt man in so einer Situation die Tonne oder bleibt unnötig mit irgendeinem Teil dran hängen, das sich vielleicht ein wenig weit außenbords befindet. Zum Beispiel ein außer Kontrolle geratener Spinnacker.

Am Ende findet sich das Boot in der schlechtesten Position wieder, die man nur haben kann.



Edit, nach mehrmaliger Auswertung des Videos:
Der Steuermann weiß offensichtlich auch genau, wie man so einen fliegenden Spinnacker wieder einsammelt. Sowas gehört nicht zum Grundwissen und kann kein Zufall sein. Der hat das schon öfter gemacht.

11 Januar 2016

Besorgnis

Besorgte Bürger?

In letzter Zeit hat man es in Deutschland vermehrt mit sogenannten "besorgten Bürgern" zu tun.

"Besorgter Bürger" ist ein Synonym für "Rassist" und es wird gerne von den Menschen benutzt, die wissen, dass Rassismus eine unanständige Sache ist, darin aber doch ein bequemes Weltbild erkennen. Immerhin ist ihnen klar, dass sie nie-nie-nie auf der Verliererseite des Rassismus sitzen wollen.

Die "besorgten Bürger" argumentieren gerne mit so Sachen wie "ich bin ja kein Nazi, aber" oder "das wird man doch noch sagen dürfen", ebenfalls Floskeln dafür, dass sie sehr wohl wissen, wie unrecht sie haben, aber dass so eine Lüge bequemer ist als die Wahrheit.

Die Bevölkerungsgruppe der "besorgten Bürger" kann man nach ihrer Motivation grob in zwei Parteien unterteilen:

Den einen ist es unheimlich, wenn sich fremdländische Menschen in einer unbekannten Sprache temperamentvoll unterhalten. Woher dieses Gefühl der Unheimlichkeit rührt, lässt sich schwer sagen, vielleicht, weil man in dem jeweiligen kleinen Heimatort des besorgten Bürgers einfach niemals irgendwelchen Migranten begegnet. Doch, ja, solche Orte gibt es. Oder weil die Migranten schon aus sprachlichen Gründen unter sich bleiben und dabei überhaupt Gruppen bilden. Dass sich auch einheimische Jugendliche so verhalten und keineswegs weniger bedrohlich sind, wird von dem besorgten Bürger gern verdrängt. Außer wenn er an der Bushaltestelle des kleinen Ortes vorbei muss, wo sich die pöbelnden Halbstarken immer treffen. Aber dann denkt er nur an die Halbstarken und vergleicht sie nicht mit Migranten.

Das Gefühl der "Unheimlichkeit", also des unausgesprochenen Sichbedrohtfühlens, ist wahrscheinlich eine kulturelle Angelegenheit. Wer einmal außerhalb Mitteleuropas auf Reisen war, weiß, dass sich gegenüber deutschen Reisenden kaum jemand so benimmt. Obwohl sich dazu mehr als genug Anlässe aufzählen ließen. Keine Besorgnis anderswo. Oft wird man als Fremder mit großer Freundlichkeit empfangen. Und das hat nichts mit der Anzahl der Besucher zu tun: Die besorgten Deutschen sind ja einem einzelnen fremdländischen Menschen gegenüber genauso misstrauisch wie einem Dutzend.

Dieser ersten Gruppe besorgter Bürger kann man zwar nicht mit Argumenten kommen, das ist ihnen zu anstrengend. Aber man kann sie in Kontakt mit Einwanderern, Reisenden, Flüchtlingen bringen, also mit allem, was sie für fremd und bedrohlich halten. Aus der Nähe merken sie dann, dass diese fremden Menschen interessante Gebräuche, Kleidung, Musik und ganz gutes Essen haben. Damit ist viel gewonnen.

Die zweite Gruppe der "besorgten Bürger" nennt sich so, weil sie sich nur um eins sorgt: Sich selbst. Sie haben Angst, dass ein Flüchtling etwas kostenlos erhält, das sie selbst mit wenig Geld bezahlen mussten. "Wieso kriegen DIE Handys? Kleidung? Sogar Taschengeld! Eine Wohnung! WIR müssen alles selbst bezahlen!"

Neid, Gier und Eifersucht bestimmen ihr Leben, aber diese Regungen stehen nicht in so hohem sozialen Ansehen wie Mitgefühl und Freundlichkeit. Aber ein hohes Ansehen wollen sie außerdem noch haben, wobei es nichts kosten darf. Denn wenn es etwas kostet, muss es auch exklusiv sein!

Etwa das Handy-Gerücht: Da wird behauptet, jeder Flüchtling bekäme ein Handy geschenkt. Nun sind gerade Handys in Deutschland Kultgegenstände wie früher nur das Auto - sie liegen für jeden im erschwinglichen Bereich und man kann sie überall herumzeigen, um damit Geschmack und Weltläufigkeit zu beweisen.

Das Handy ist eigentlich ein Anachronismus: Anfangs brauchte man gar keines, weil es ja noch überall Festnetz-Anschlüsse gab. Es setzte sich dennoch durch - zunächst als reines Prestige-Objekt für Manager und Oberschüler. Erst seit dem Smart-Phone haben Handys so etwas wie einen echten Nutzwert. Das Smart-Phone wiederum ist ein kleiner Computer und nur die wenigsten "besorgten Bürger" können es angemessen bedienen. Etliche können kaum unfallfrei ihren Namen schreiben. Sie wissen nur: Ein Handy ist ein Status-Symbol und ihrer Ansicht nach dürfen Flüchtlinge so etwas nicht besitzen. Wenn nun jemand behauptet, da würden Handys verschenkt, werden sie von Neid geschüttelt und erheben sich gegen die allgemeine Ungerechtigkeit.

Es ist dieselbe Sorte Mensch, die selbst die eigenen Geschwister bei jeder Gelegenheit über den Tisch zieht, "weil die das sonst mit mir machen!", die aus Verbitterung zu PEGIDA-Demos geht, weil vor dem eigenen Einfamilienhaus nur ein japanischer Mittelklassekombi steht und nicht ein schwerer SUV aus deutscher Produktion.

Dies empfindet der besorgte Bürger als krasse Benachteiligung. Fakten will er nicht hören, sofern sie ihm nicht in den Kram passen. Es ist sinnlos, mit solchen Leuten zu diskutieren, weil sie an der Wahrheit überhaupt nicht interessiert sind, sondern nur an einer schönen Ausrede - wenn nicht für ihren Egoismus, dann dafür, warum sie es zu nichts gebracht haben.

Deshalb ist Rassismus für sie das ideale Konzept: Man kann sich über andere erheben, ohne jemals irgendetwas sinnvolles geleistet zu haben. Einfach nur durch Geburt.

Einige der besorgten Bürger haben sich allerdings sogar Wohlstand "erarbeitet", das geht in Deutschland am besten, indem man dreist ist und immer am Rande des Betruges. Als Ausgleich für dieses Risiko brauchen sie einen Grund, warum sie keinesfalls etwas von ihrem Wohlstand abgeben müssen. Rassismus ist da genau richtig, gegen die bessere Geburt gibt es nun einmal keine rationalen Argumente.

06 Januar 2016

Gesunde Ernährung

Wer in Deutschland aufwächst¹, wächst in der Regel als Fleischesser auf. In den sechziger und siebziger Jahren war das noch viel folgerichtiger als heute. Die hysterische Reaktion, mit der Der Große Bloguator™ und viele andere auf die Änzeichen von Veganismus antwortet, lässt vermuten, dass diese Idee ganz tief drinnen etwas sehr Grundsätzliches bedroht. Fragt sich doch, was das wohl sein mag?

Rein rational weiß der aufgeklärte Carnivor durchaus, dass man sich auch ohne Tier ernähren kann. Theoretisch. Der aufgeklärte Carnivor kommt auch nicht mit Dumpfbackenargumenten wie Proteinen, Gehirnentwicklung oder Tradition. Die sind alle so dünn wie durchsichtig.

Natürlich enthält totes Tier Proteine, natürlich haben sich Gehirne irgendwann irgendwie entwickelt und selbstverständlich hat das Fleischessen in europäischen Breiten eine gewisse Tradition.

Wobei "Tradition" nur bedeutet, dass der Fleischesser sich nicht erinnern kann, wann seine Großeltern damit angefangen haben. Älter ist so eine Tradition in der Regel nicht, und in diesem speziellen Fall eben auch nicht. Proteine sind natürlich wichtig, waren aber längst nicht immer während der Menschheitsentwicklung im heutigen Umfang verfügbar. Und über "Gehirn" muss man bei Dumpfbackenargumenten ja ohnehin nicht reden.

Am überzeugendsten ist dann die enorme Verdrängungsleistung von "Aber Hühnchen ist doch kein Fleisch?"

Es bleibt spannend.






¹ also ich -

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