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18 August 2021

Interview

Interview im deutschen Fernsehen, am Tag, nachdem auch die afghanische Hauptstadt Kabul von den Taliban überrannt und eingenommen wurde. Die afghanischen Helfer der Deutschen fürchten nun um ihr Leben.

“Herr Laschet, sie haben gesagt, dass sie den vom Tode bedrohten Afghanen lieber vor Ort helfen wollen als sie nach Deutschland zu lassen?”

”Ja.”

”Wo soll dieses ‘Vor Ort’ sein - in Afghanistan?”

”Ja.”

”Wollen sie mit den Taliban verhandeln…”

”JA! Das sind religiöse Menschen.”

”...damit sie unsere Verbündeten dort erst später umbringen?”

”2015 darf sich nicht wiederholen.”

”...wenn die ausländische Presse weg ist?”

”2015 darf sich nicht wiederholen!”

”Oder wollen sie mit dem Nachbarland Iran verhandeln?”

”Ja.”

”Mit den Mullahs die dort regieren?”

”NEIN!”

”Dann lieber mit dem Nachbarland Pakistan...”

”Ganz genau!”

”...das die Taliban aufgebaut hat und seit Jahrzehnten unterstützt?”

”2015 darf sich nicht wiederholen!”

”Herr Laschet, sie sind ein erbärmlicher Wicht, aber wir danken ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch.”

09 September 2019

SUV-Melancholie

Der SUV ist das Symbol für ziemlich vieles, das in Deutschland derzeit so schief läuft: Auseinander­klaffende Einkommens­schere, Prahlerei, Rücksichts­losigkeit, Uneinsicht, aber auch Neid und/oder Lobbyismus.


Eigentlich braucht es keinen Grund für so eine Betrachtung, sie war ohnehin längst fällig, aber es gibt derzeit wieder einen konkreten Ausgangspunkt: In Berlin ist ein schwerer Unfall geschehen, bei dem ein Fahrer mit einem SUV vier Menschen auf dem Bürgersteig getötet hat.

Ich wiederhole: "SUV" - "vier Menschen" - "Bürgersteig".

Die üblichen Umweltschutzverdächtigen nehmen dies zum Anlass, ein Verbot von SUVs in Innenstädten zu fordern: Der Fußgängerverband, die Umwelthilfe, grüne Politiker.

Die üblichen Ignoranzverdächtigen nehmen diese Forderung zum Anlass, vom Problem abzulenken: Ein Einzelfall, Fahrer war womöglich krank, überhaupt sei es ja immer der unbedachte Fahrer, das SUV könne doch gar nichts dafür, Pietätlosigkeit, Thoughts & Prayers usw. Man kennt die ganze Argumentationskette von der amerikanischen Waffenlobby, wenn es wieder einen Amoklauf gegeben hat, und kann sie 1:1 hierher übertragen.

Grundlage von allem: Die Autoindustrie baut SUVs, weil sie sich in Deutschland sehr gut verkaufen. Es gibt nicht nur eine Nachfrage, sondern auch überraschend zahlreiche Leute, die sich so einen Riesen-Kasten leisten können und wollen. Offenbar wird an den "Geländewagen" sehr gut verdient, jedenfalls besser als an Kleinwagen, daher werden sie offensiv beworben. Für die Industrie gibt es überhaupt keinen Grund, davon abzulassen.

Dass die Verkaufszahlen dieser Geräte derzeit so rasant steigen, liegt einfach an der Einkommensschere in Deutschland: Mehr Leute können sich ein teures Auto leisten, wissen nicht mehr wohin mit ihrem Geld, und gleichzeitig können sich mehr Leute gar kein Auto leisten.

Die Nachteile der neueren SUV sind allgemein bekannt: Sie sind im Durchschnitt viel größer und schwerer als ein herkömmlicher PKW, brauchen mehr Platz, verbrauchen rundherum mehr Ressourcen, und zwar nicht erst während der Fahrt, sondern auch schon bei der Herstellung. Bei Unfällen mit SUV ist derjenige, der nicht im SUV sitzt, eigentlich immer der Unterlegene: Fahrer von Kleinwagen, Fußgänger, Radfahrer.

Und vorher auch, ein SUV ist ja nicht nur größer und schwerer, sondern notgedrungen auch stärker motorisiert und teurer als ein klassischer PKW.

Das hier ist keine wissenschaftliche Abhandlung deshalb lassen wir die wissenschaftliche Definition eines SUV einfach mal weg. Die geneigten Leser wissen schon, was gemeint ist: Nicht der poplige Lada Niva, nicht der kleine SUBARU des Revierförsters. Sondern über 2,00m breite Riesenkisten, halbe Tonne schwerer, breitbereift und tiefergelegt, Alufelgen und mit hunderten von PS, in denen aber auch nur 5 Personen mitfahren können. In der Regel sitzen maximal 2 drin und für Wege abseits asphaltierter Straßen sind solche Geräte denkbar ungeeignet. Man kann damit aber gut auf dem Bürgersteig parken, das ist die eigentliche Bedeutung von Off-Road.

Warum kaufen Kunden nun wohl diese monströsen Apparate? Hauptsächlich zwei Gründe, man kommt ja ganz schnell drauf: Prestige - sie wollen halt angeben mit dem unübersehbaren Monstrum. Und "Man sitzt ja so schön hoch und kann so gut sehen!", also schon ein irgendwie praktischer Aspekt. So bequem und so viel Platz - den man das ganze Jahr über nicht braucht.

Wer einmal mit einem PKW hinter einem SUV her gefahren ist weiß: Gut sehen kann nur der SUV-Fahrer - allen anderen raubt er die Sicht. Genauso verhält es sich mit der Sicherheit, betreffs Unfälle: Sicher ist nur der SUV-Fahrer. Genauso verhält es sich mit dem Verbrauch: Wer schon eine deutlich höhere Summe für das Auto ausgegeben hat, dem ist der Spritverbrauch, wie auch die Umweltbelastung, herzlich egal.

Aber ein SUV ist gut fürs Ego: Der Fahrer sitzt bereits höher, auf die meisten anderen Verkehrsteilnehmer kann er überlegen herabsehen. Einige der SUV-Fahrer (nicht alle) verhalten sich dann auch entsprechend rücksichtslos und fahren wie die Schweine. Beinahe jeder in Berlin ist schon einmal von einem SUV mit aufheulendem Motor überholt worden. Klar, wer so ein Auto zum Angeben gekauft hat, der will damit eben auch angeben. Und er will GENAU DIESEN Neid spüren, der jetzt wieder so heuchlerisch beklagt wird.

Die Vorteile des SUV gehen irgendwie immer auf Kosten der anderen. Das ist im besten Fall gedankenlos, im Normalfall aber einfach rücksichtslos. Und genau deshalb sind diese Kisten bei der Restbevölkerung so verhasst.

31 März 2019

Sätze

Diesmal habe ich immerhin drei Sätze bis in die Mitte des Fettnapfes gebraucht.
Party. Junge Frau steht mir gegenüber und ich versuche ein Gespräch. 

Sie: "Ich bin kürzlich operiert worden."
"Ach ja? Zeig mal!"
"Da, schau."  sie zeigt auf eine Narbe am Hals, Höhe Kehlkopf, die bisher durch einen Schal verdeckt war.
"Oha, ziemlich groß. Das ist eine wunderschöne Narbe!"
"Schilddrüse..."
"Whoaa, sehr beeindruckend! Und so gerade - sehr stylisch, sieht total gut aus!"
"...ich habe Krebs."
"Oijoijoi... oh gott ... aaargh!"
Großer Bloguator™ beschämt ab. Der Rest des Abends verschwimmt im Alkoholdunst...

05 März 2019

Abwegige Umwege

Ich fasse es nicht! LibreOffice erstellt in der derzeitigen Version 6.2 Inhalts­ver­zeichnisse immer schreibgeschützt. Man muss die Verzeichnisse eigentlich immer von Hand anpassen, aber den Schutz kann man nicht einfach aufheben¹.

Also, man kann schon, aber auf einem dermaßen abseitigen Umweg, dass kein geistig gesunder Mensch drauf kommt (jetzt, liebe Leserschaft, ratet einmal, warum Der Große Bloguator™ es trotzdem herausgefunden hat).

Die Lösung ist folgende:
Man markiert das Verzeichnis. Dann fügt man einen Bereich ein “Einfügen → Bereich”. Dort bekommt man das Angebot, den neuen Bereich zu schützen. Und genau deshalb lässt man den Haken bei Schreibschutz weg und macht zusätzlich einen Haken bei “editierbar in schreibgeschütztem Dokument”. Und voila! während sich vorher der Schreibschutz ums Verrecken nicht aufheben ließ, geht es jetzt reibungslos.

Und das, liebe Freunde, ist der Grund, warum niemand, der halbwegs bei Verstand ist, IT-Leute ernst nimmt².


In der Abbildung wird der Vorgang zu Demonstrationszwecken wiederholt, der neue Bereich hat deshalb die Nummer 2. Den hierfür bereits eingefügten Bereich 1  finde ich anschließend übrigens nicht wieder.

… short time after …
… kurze Zeit später …

So weit war diese freudlose Predigt also fertiggestellt, als das Ärgernis mit dem schreibgeschützten Verzeichnis auch bei älteren Dokumenten plötzlich nicht mehr auftritt. Eigentlich sehr schön. Der Weg zur Beseitigung war aber jedenfalls definitiv nicht der, der in der offiziellen Hilfe jedweder Office-Version beschrieben wird. Wer verzweifelt ist, kann es ja einmal so versuchen.





¹ die Lösung in vorangegangenen Versionen war übrigens → Extras → Optionen → LibreOffice Writer → Formatierungshilfen → Geschützte Bereiche → bearbeitbar machen
² vergleiche auch hier

03 Februar 2019

Berichte aus der Gegenwart

Das neue smarte Fon hat UKW-Radio, Der Große Bloguator™ schätzt so etwas. Es stammt von der Firma LG und ist insgesamt großartig.

Die mitgelieferten Ohrhörer jedoch sind ursächlich scheiße. Sie sind zu groß für menschliche Ohren und rutschen ständig heraus. Sie lassen sich auch nicht anpassen.  Muss man erst einmal schaffen: Etwas dermaßen unbrauchbares in die Welt zu setzen.

Für den Radioempfang benötigt man kabelgebundene Hörer, weil das Kabel als Antenne dient.

Das alte smarte Fon kam von der Firma Sony. Es besaß ebenfalls UKW-Radio und unscheinbare, aber sehr taugliche Ohrstöpsel. Herr und Frau Sony können das, immer schon. Oder sie wissen jedenfalls, dass einige Kunden ein Radio auch benutzen wollen, wenn es denn eins gibt.

Doch selbstverständlich funktionieren die Hörer vom SONY-Fon nicht am LG-Fon. SELBSTVERSTÄNDLICH NICHT! Auch wenn der genormte Stecker das irgendwie nahe zu legen scheint.

Der kluge Kaufmann weiß: "Der Kunde muss um Gottes Willen unser untaugliches Zeug kaufen! Oder gar nichts!" Dem klugen Kaufmann ist nämlich völlig gleichgültig, ob der Kunde zufrieden ist. Und über den Sinn von genormten Steckern denkt er nur nach, wenn er die Konkurrenz deswegen verklagen kann.

Das Nichtfunktionieren besteht übrigens darin, dass bei den nichtoriginalen Ohrhörern bestimmte Frequenzen herausgefiltert werden. Da werkelt wohl einfach eine Software, die für NoiseReduction oder GeräuschCancelling oder irgend solchen Quatsch sorgen soll. Man kann sie natürlich nicht konfigurieren.

Also zieht der Große Bloguator los, um geeignete Ohrstöpsel zu erwerben. 

Das Angebot ist ebenso riesig wie das der smarten Fone. Der Umstand, dass nicht alle gleich funktionieren, müsste den Leuten, die sich täglich damit beschäftigen, eigentlich bekannt sein, glaubt man so. Nur findet sich nichts davon auf der Produktbeschreibung. Einig sind sich alle nur über iPhone *und* Android. 

Deshalb wissen es auch die Fachverkäufer nicht. Wer herausfinden will, ob es funktioniert, muss solche Ohrstöpsel kaufen und ausprobieren. 

Es ist überraschend, aber in der Packung liegt keine Gebrauchsanweisung. In unserer Gegenwart werden Gebrauchsanweisungen für die trivialsten Gegenstände verfasst und beigelegt. Gerade für Ohrhörer, die man nur an die einzige vorhandene Buchse anstecken muss, wäre demnach eine umfangreiche Gebrauchsanweisung zu erwarten. 

Aber! Immerhin! Es gibt Sicherheitshinweise! Na klar, was denn sonst!

Sie befinden sich - TUSCH! - auf der Innenseite der verklebten Packung. Heißt: Wer sie wirklich lesen wollte, muss zuerst die Packung zerstören.

Doch doch, Aufreißen fällt unter Zerstören.

Nur muss das allen entgangen sein, die beim Design- und Marketing-Prozess mit dieser Verpackung zu tun hatten. Das wäre *Bildungsnotstand* und nicht ungewöhnlich in unserer Gegenwart: Die Entscheidungsträger - Abitur, Hochschulabschluss - sind nicht in der Lage, den Zweck einer einfachen Maßnahme zu erkennen.

Oder es wäre nicht allen entgangen. "Sicherheitshinweise auf der Innenseite vom Karton? Sind sie wahnsinnig?"
"Aber sonst liest es doch jeder!"
"Was? Und?"
"Und dann kaufen es die Leute vielleicht nicht. Oder sie laufen das Produkt von der Konkurrenz, wo nichts drauf steht."
"Aha. Na dann."


Das wäre wohl Täuschung, wenn die Zuständigen offensichtlich gar nicht wolllen, dass irgendjemand das liest. Aber in unserer Gegenwart stört sich kaum jemand noch daran.



11 Januar 2019

Die reine Größe

Wenn ich sehr große Frauen sehe, bemerke ich häufig einen irgendwie melancholischen Blick. Und eine Körperhaltung, die den Wunsch auszudrücken scheint, dass sie lieber ganz unauffällig sein wollten. Unauffälliger, als sie mit ihrer überdurchschnittlichen Größe sind. Sie versuchen, sich einzufalten. 98 Prozent dieser Gruppe laufen in ostentativ flachen Schuhen herum. Die Schuhe drücken nur eins aus: Ich will kleiner sein - nicht bequem laufen.

Ich - Der Große Bloguator™ - bin auch ein wenig größer als der Durch­schnitts­deutsche. Aber Jungs werden nie auf Körpergröße angesprochen, und wenn, dann nicht im negativen Sinn, sondern schlimmstenfalls neutral, aber meistens ermutigend

In Bezug auf Mädchen klingelt mir irgendwie der Spruch einer alten Frau im Ohr “Das ist ja gar nicht schön, wenn Mädchen so groß sind!” und nie nie nie antwortet eine “Ja Oma, ich werde gleich etwas dagegen tun.”

Mädchen wurde lange Zeit Unzulänglichkeit eingeredet. Für seine Körpermerkmale kann ja niemand was¹. Das ist ungerecht und eine Plage.




¹ ja, über schlechte Ernährungsgewohnheiten kann man streiten

20 September 2017

Zahle mit Daten!

"Der Weg vom Zahlen
bis Heimzahlen
ist nicht weit!"
bekannter Zitatengeber

"Man bezahlt mit seinen Daten." Das ist heute die gängige Weisheit im Umgang mit dem Smartfone, Computer und generell im Umgang mit vermeintlich kostenloser Software. Einen Großteil der Smartfone-Nutzer interessiert das genau gar nicht: "Nee, wieso? Wo ist da das Problem? Wer nichts getan hat, dem passiert auch nichts!"

Einen kleineren Teil des Publikums beschleicht ein unbestimmtes Unbehagen, weil sie ahnen, dass etwas schiefgehen könnte. Nur haben sie im friedlichen, satten Deutschland keine konkrete Vorstellung davon, wie sich das Schiefgehen äußern könnte. Aber auch die kritischen Nutzer stimmen millionenfach irgendwelchen Nutzungsbedingungen der Smartfone- und App-Anbieter zu, ohne sie je gelesen zu haben.

Das liegt einerseits natürlich daran, WIE DIESE NUTZUNGSBEDINGUNGEN VORGELEGT WERDEN: FÜR EINE NEBENSÄCHLICHE WETTER-APP SOLL MAN AUGENTRÄNENMACHENDEN FLIESSTEXT IN GROSSBUCHSTABEN OHNE IRGENDEINE FORMATIERUNG LESEN, DER AUF DEM SMARTEN FON GUT UND GERNE SIEBZIG SEITEN AUSMACHT, KÖNNEN ABER AUCH MEHR SEIN!

"Ich habe die Bedingungen gelesen und verstanden und stimme ihnen zu. Klick."

Natürlich nicht! Der Nutzer SOLL die Bedingungen nicht lesen und schon gar nicht verstehen. Wen das optische Erscheinungsbild noch nicht genug abschreckt, dem werden haarsträubende Sätze und Formulierungen präsentiert, die das normalbegabte Hirn zum Kochen bringen: Dafür wurden die besten Fachidioten aus Jura und Computerwelt zusammengesetzt und um eine unverbindliche Stellungnahme zum Zustand der Welt aus ihrer verschrobenen Sicht gebeten.

Aus ihrer Sicht - das bedeutet, es werden völlig irrelevante Sachverhalte, Umstände und Nebenaspekte zusammen mit einigen wenigen rechtlich bindenden Informationen in juristisch und computertechnisch zutreffende Ausarbeitungen in Fachjargon gepresst.

Dass auch das kritische Publikum solchen unverschämten Verträgen zustimmt, liegt natürlich zudem daran, dass sich niemand ein Bild von den negativen Folgen von Information machen kann.

"Wir verkaufen ihre Adresse selbstverständlich auch an den Geheimdienst von Erdoĝan, sofern er unseren Preis bezahlt. Der wirft Sie dann vielleicht bei Ihrem nächsten Türkei-Urlaub ins Gefängnis und lässt Sie dort verschimmeln, weil Sie einmal zufällig bei einer Kurden-Demo in einem nahegelegenen Café gesessen haben. Nicht unsere Schuld."

Würde so etwas als *erster* Satz in den Nutzungsbestimmungen von Facebook oder Whatsapp stehen - wer weiß, wie viele Nutzer dem zustimmen würden?

Ja, na sicher, immer noch genug.

Aber die Facebooks, Whatsapps und Googles der Welt wollen natürlich auch an die Daten der Leute, die so einem klaren Statement dann doch nicht zustimmen würden: Damit verdienen sie einfach *noch mehr Geld* und im übrigen ergibt das ein realistischeres Bild der Nutzergruppe.

Daher wird der Nutzer mit einem undurchschaubaren Vertragswerk zur Unterschrift überredet. Das heißt, der Nutzer wird durch Form und Inhalt der vermeintlichen Verträge unmündig gemacht.

Verträge mit Unmündigen sind übrigens ungültig. Aber das nur am Rande.

Die FacebookGoogleWhatsappLinkedins wollen also unsere Daten. Unbemerkt greifen sie sich gerne das gesamte Telefonbuch eines Nutzers und laden es in ihre eigene Cloud hoch. Dort hat der Nutzer keinerlei Kontrolle mehr, was mit seinen Daten geschieht - auch wenn die Anbieter noch so treuherzig versichern, dass sie auf gar keinen Fall etwas schlimmes damit anstellen. Außer eben, die Daten an Erdoĝan zu verkaufen. Putin. Oder jeden beliebigen anderen Undemokraten, der den wohlfeilen Preis bezahlt. Und dem hat der Nutzer ja wohl ausdrücklich zugestimmt.

Man kann natürlich die unanständigen "Nutzungsbedingungen" ablehnen und nicht unterzeichnen. Dann funktioniert aber die App nicht. Tja.

Nun, wenn sie doch Daten wollen: Geben wir ihnen Daten! Mehr Daten, als sie verkraften können! So viele Daten, dass ihr gesamter Datenbestand unbrauchbar wird, weil sie wegen der schieren Menge nicht mehr durchschauen, welche Daten nun eigentlich die waren, die sie haben wollten.

Ich stelle mir das relativ einfach vor: Wir benötigen dazu die Daten der alten Telefonbuch-CDs. Gibt es die eigentlich noch auf CD? Die finden sich schon noch irgendwo. Das ist eine simple Datenbank: Vorname Nachname Adresse Telefonnummer Email. Wichtig dabei ist aber, dass die Telefonnummer oder die Adresse in derselben Zeile stehen wie der Name. Tun sie es nicht, ist die Information wertlos. Die Nummern oder Adressen müssen gegenüber den Namen nur um einige Zeilen verschoben werden, und die Telefonnummer gehört nicht mehr zu Frank Müller, sondern Franz Müller. Und in der Rubensstraße 31 wohnt nicht mehr Klaus Müller, sondern Klaas Müller, der nicht nur ein wenig anders heißt, sondern eine ganz andere Person ist.

Wenn irgendeine App diese Daten nun absaugt und hochlädt, vergleicht sie sie anschließend mit ihrem Bestand, erst dadurch werden die Daten so richtig wertvoll: Sie werden verifiziert. Durch den Vergleich der Telefonbücher von untereinander bekannten Menschen kann man sogar herausfinden, dass Frank Müller kürzlich umgezogen ist.

Aber wenn FacebookGoogleWhatsappLinkedin nun *mein* Telefonbuch vereinnahmt, wird es vielleicht feststellen, dass Frank Müller ganz schön oft umzieht. Oder dass Frank Müller eine Mailadresse namens frank.maler@gmail.com benutzt, Frank Maler seltsamerweise aber eine namens frank.mauer@web.com

Diese Beispiele folgen aus einer Verschiebung um nur einige Zeilen. Man braucht die Zahl nur vergrößern oder noch einen zweiten Parameter zu ändern und es ergibt sich eine schöne Permutation.

Das von mir vorgeschlagene Programm muss anschließend dafür sorgen, dass die Datenabgreifer den so neu geschaffenen Datenbestand für mein echtes Telefonbuch halten, abgreifen und zu sich nach Hause hochladen. Und es muss dafür sorgen, dass der Dataminer des Datenabgreifers auch erstmal glaubt, was er da bekommt. Wir glauben ja auch alle Versprechungen der App-Anbieter zum Umgang mit unseren Daten. Oder?

Also muss das Programm die neu geschaffene Telefonbuch-CD-Datenbank in kleinere Teile aufspalten, damit sie nicht unglaubwürdig groß wird. Aber nach und nach soll es natürlich das gesamte deutsche Telefonbuch abarbeiten. Und es muss die Zeile mit der Telefonnummer auf jedem Gerät nach einem anderen Parameter verschieben, so dass mit denselben Namen auf jedem Gerät unterschiedliche Daten entstehen.

Nach kurzer Zeit sollte Franzfrank Malermauermüller in der Datenbank des Datenabgreifers etwa zwanzig bis dreißig Telefonnummern und ebensoviele Wohn-sitze und Mailadressen haben.

Wenn genug Leute dieses Programm nutzen, werden die Datenbestände der Datenabgreifer in Kürze vollständig korrumpiert sein, weil bei den Dataminern niemand mehr sagen kann, welche Telefonnummer nun richtig oder falsch ist.

Grober Unfug? Keineswegs.

Reine Notwehr!

16 April 2017

Beweis

Die Serie Neid, Gier, Geiz umfasste bislang hauptsächlich theoretische Wehklagen und Abhandlungen. Hier beginnt nun auch der praktische Teil - weniger romantische Gemüter würden es vielleicht als “Beweis” bezeichnen.

Vorrede:

Eine der Grundlagen von Wohneigentum ist, dass sich Wohnhäuser mit mehreren Parteien drin schlecht teilen lassen. Man kann ganz schwer sagen, wo der Anteil des einen endet und der des Nachbarn anfängt. Weil der Gesetzgeber aber nun einmal Wohneigentum unbedingt fördern möchte, tut er es trotzdem und nimmt eine Abgrenzung vor.

Das geschieht derart, dass zuerst eine Eigentümergemeinschaft gebildet wird. In dieser wird man Mitglied, hat Mitspracherecht und muss auch mitbezahlen, wenn die Gemeinschaft etwas zu bezahlen hat.

In der Praxis ist so eine Eigentümergemeinschaft natürlich nur selten ein Zusammenschluss gutwilliger Menschen mit gleichen Zielen. Sondern eine Zwangsgemeinschaft von Leuten mit höchst verschiedenen Bestrebungen und Idealen. Das beginnt bei Sauberkeit, vermeintlicher Ordnung, Geräusch, und reicht bis zu sehr unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten.

Um ein Mehrfamilienhaus überhaupt aufteilen zu können, werden alle Teile, die nicht einfach einem einzelnen Eigentümer zugeordnet werden können, dem Gemeinschaftseigentum zugeschlagen. Dies betrifft zuerst natürlich alle tragenden Bauteile: Wände, Decken, Fundamente, aber auch Fassaden, Dächer, Wärmedämmung oder Fenster. Und Balkone.

Zum privaten Teil jedes einzelnen gehören nichttragende Wände, Badausstattung, alle inneren Wandoberflächen und Bodenbeläge. Auch die Beläge des Balkons.

Vorredeende.

Wer Wohneigentum kauft, legt meist eine sechsstellige Summe an. Man darf vermuten, dass vor einer solchen Investition die meisten Menschen den Kaufvertrag genau durchlesen. Heißt: Ein Wohnungseigentümer weiß in der Regel genau, was er da macht. Es ist auch wirklich nicht so schwer.

Aber die Faustregel sagt: “Auf zehn Eigentümer immer mindestens ein Arschloch!”

Und hier nun ein schönes Beispiel: So klar wie Kloßbrühe gehören Balkone zum Gemein­schafts­eigentum. Das ist bereits seit der Erfindung des Wohneigentums der Fall - wenn nicht sogar seit der Erfindung des Balkons.

Aber in fast jeder Eigentümergemeinschaft ist einer, der es nicht glauben will und stänkert. Obwohl er ausdrücklich genau das mit seiner Unterschrift auf dem Kaufvertrag bestätigt hat.

Hier also ein Dachbewohner, der keinen eigenen Balkon hat und deshalb denkt, das er sich vor der Zahlung drücken könne¹:

Üblicherweise haben Dachwohnungen aber Terrassen, welche erheblich aufwändiger herzustellen sind als Balkone, also: Teurer. Dieser hier will so etwas natürlich nicht wissen - und das kommt gar nicht so selten vor.

Eine leichte Retourkutsche der übrigen Eigentümer wäre gewesen, wenn sie den Mann in Zukunft alle Dachdecker- und Wärmedämmarbeiten hätten alleine bezahlen lassen, weil er ja der einzige mit einem Dach ist.

 

 

 


¹ stammt aus dem Immobilienteil des Tagesspiegel vom Wochenende

31 März 2017

Eigentum

Serie "Neid, Gier und Geiz" (3)

Kenne immer deine Rechte
und immer die Pflichten der anderen!
Deutschland 2016
 
“Fußball und Eigentum
bringen das schlechteste
im Menschen zum Vorschein”
persönlicher Zitatenschatz

Um Steuern zu sparen, kaufen die Leute in Deutschland, gerade in Berlin, zunehmend Eigentumswohnungen. Also: Um Steuern zu sparen tun viele völlig abwegige Dinge - so unsinnig es auch sei. Beispielsweise einen fest umgrenzten und persönlich zugeordneten Teil einer Einheit kaufen, die nie dafür gedacht war, in so abstrakte Einzelteile mit verschiedenen Eigentümern aufgeteilt zu sein. Und auf Lebenszeit Mitglied einer Eigentümergemeinschaft werden, deren charakterliche Eignung überhaupt nicht absehbar ist.

Die wenigsten können die Wohnung in bar bezahlen, die gesparten Steuern werfen sie statt dessen lieber einer Bank für die Finanzierung in den Rachen. Dort kommt das Geld wenigstens nicht der Allgemeinheit zu gute, sondern einem besonders angesehenen und förderungswürdigen Teil der Bevölkerung. Außerdem ein paar Maklern, Notaren und Bauträgern, die sich dieses Einkommen sicher redlich verdient haben.

Den Käufern und Möchtegernsparern ist irgendwo schon klar, wie unsinnig das ist, deshalb kommen sie in der Regel mit der Begründung, sich "etwas für das Alter" zu schaffen. Bis dahin zahlen einige für ihre Wohnanlage in aufstrebender Gegend mehr Wohngeld, als anderswo - in weniger aufstrebender Lage - an Miete fällig würde. Das Wohngeld dient nur für die regelmäßigen  Kosten des Gebäudes und läuft zusätzlich zur Finanzierung. Aber man muss ja auch Opfer bringen!

Käufer von Wohneigentum suchen vor allem Sicherheit. Sie werden witzigerweise Mitglied einer Eigentümergemeinschaft, der bei einem normal großen Haus wenigstens zwei Querulanten angehören. Faustregel: "Auf zehn Eigentümer kommt immer mindestens ein Arschloch!" Einer, der immer strikt auf seine Rechte pocht, kleinlichste Forderungen stellt, keine Nachsicht kennt, aber leider auch das Geld die Rechtschutzversicherung hat, um seine Forderungen anwaltlich einzuklagen. Sowie die erforderliche Zeit und Geduld. Der seitenlange Briefe schreibt, die aufgrund der Rechtslage leider bei den Versammlungen verhandelt werden  müssen. Der aber auch nicht verkaufen und ausziehen will, weil "es ihm so gut gefällt". Und weil es sein Recht ist.

Oft ist es so, dass ein einzelner Miteigentümer sinnvolle In­stand­haltungs­maß­nah­men blockieren kann, weil ihm das zu teuer erscheint. Unterdessen sind alle anderen der Ansicht, gerade DER hätte doch genug Geld. Er will sich aber nicht gern davon trennen.

Es kommt jedoch auch vor, dass einzelne Eigentümer Baumaßnahmen fordern, die nur ihren Einzelinteressen dienen, jedoch von der Gemeinschaft bezahlt werden müssen. Doch doch, das ist möglich, beispielsweise weil das Dach schlecht gedämmt ist, aber jeder seine eigene Heizung hat. Dann müssen einige Mitglieder der Gemeinschaft leider eine neue Hypothek für die Dachdämmung aufnehmen, damit die Bewohner der Dachwohnungen Heizkosten sparen können.

Aber damit sind wir ja auch schon wieder beim Steuernsparen. Es lohnt nur für diejenigen, die in nennenswertem Umfang Steuern zahlen müssten - also die mit den hohen Einkommen. Etliche von denen fahren auf öffentlich finanzierten Straßen. Das sind die Straßen, die von ihren nicht abgeführten Steuern errichtet und unterhalten werden sollen.

Sie schicken ihre Kinder zudem gern auf öffentliche Schulen. Wenn deren Qualität allerdings zweifelhaft erscheint - zu wenig Lehrer, zu schlechte Ausstattung - kommt das Kind auf eine Privatschule. Diese müssen die Steuersparer dann zwar selbst bezahlen, aber auch nur teilweise. Sogar Privatschulen haben leider Anspruch auf öffentliche Zuschüsse.






edit nach anerkanntem Einwand. Mehr dazu später auf diesem Kanal

06 Januar 2017

Typisch für was?

Wahrscheinlich ist das gar keine typisch deutsche Geschichte. Jedenfalls ist sie nicht typisch für Berlin - trotz aller Muffeligkeit trifft man in Berlin mindestens ebenso viele hilfsbereite Menschen wie Hohlkörper.

Gestern geschah wieder so eine Sache wo man sich denkt: Typisch! Für was auch immer.
Im Eisstadion haben sie eine Kasse wie früher in der Bank: Ein Häuschen rundum aus Panzerglas, Gegensprechanlage, Schublade zum Gelddurchreichen.

Regelmäßig gibt es Gezeter zwischen jungen Besuchern und den Kassiererinnen, die die Anforderungen an Schüler-/Studentenausweise so eng wie nur irgend möglich auslegen. Man kann da viel falsch machen: Falscher Ausstellungsort, falscher Wohnort, leider nur bis gestern gültig, zulässiges Höchstalter letzte Woche überschritten, Unterschrift der Stellvertreterin des Direktors unleserlich.

Wohlgemerkt: Schüler nicht etwa ganz kostenlos rein, sondern haben nur Anspruch auf ermäßigten Eintritt.

Der Große Bloguator™ ist aus dem Alter für Schülerausweise definitiv raus und froh, dass er sich dieses Theater nicht mehr antun muss. Fremdschämt sich aber dennoch jedes mal über das Kassenpersonal, das keine Kleinlichkeit auslässt.

Gestern nun zahlt der Große Bloguator™  zuerst passend die Eintrittskarte und stellt anschließend fest, dass er nun keine 60ct Kleingeld mehr für die Garderobe hat. Weil an der Garderobe alle nur mit kleinen Münzen zahlen, haben sie dort kaum Geldscheine zum Herausgeben. Aber hier an der Kasse liegen reichlich, sie werden aufrecht stehend in einer offenen Registratur sortiert: Schöne Bündel 5er, 10er und 20er-Scheine. Durch das Panzerglas gut zu sehen.

Kommt der Große Bloguator™ auf eine völlig abwegige Idee: “Ach, können sie mir bitte noch einen Schein wechseln?”

“Ja.”

Der Große Bloguator™ nimmt seinen Schein aus dem Portemonnaie¹ und sobald die Kassiererin des Scheins ansichtig wird ruft sie empört: “Aber keine 50er!”

“Bitte?”

“50er kann ich nicht wechseln! ”

“Öhm, sie stehen da vor bündelweise Geldscheinen und wollen keinen 50er kleinmachen können?”

“Nein, 50er kann ich nicht wechseln! Unten haben sie auch Geld!

Sie meint den Schlittschuhverleih eine Etage tiefer, bei dem man sich immer anstellen muss und den man wegen der selbst mitgebrachten Schlittschuhe gar nicht aufsuchen wollte.

“Warum soll das nicht gehen? Da liegt doch genug Wechselgeld?”

“Nein, 50er kann ich nicht wechseln! ”

Dabei sollte es dann bleiben. Dass jede weitere Diskussion sinnlos ist, weiß jeder, der das Theater um einen Schülerausweis einmal hautnah miterlebt hat.

Am Schlittschuhverleih ist dann zufällig nur eine kurze Schlange und sie wechseln den 50er lächelnd und ohne jede Nachfrage.

Hm?

Auch in Berlin gibt es sehr viele hilfsbereite Menschen, aber es gibt eben auch gedankenlose Knalltüten. Die Eisbahn ist trotzdem sehr schön und wer den Großen Bloguator™ einmal persönlich antreffen will, hat im Winter immer donnerstagabends im Horst-Dohm-Eisstadion gute Chancen.








¹ was glaubt der*die geschätzte Leser\in wohl, wie lange der Autor über die Richtigschreibung eines solchen Wortes nachdenken muss?
Richtig: Gar nicht.

25 November 2016

Streik und Ordnung

In die Rubrik Neid. Gier und Geiz fällt vermutlich auch der regelmäßig wiederkehrende Pilotenstreik. Also: Nicht der Streik selbst, sondern die Empörung darüber. Gegenwärtig geht es um die Lufthansa, die sich als Premium-Fluglinie ausgibt.

Viele Mitbürger halten offenbar inzwischen Flugreisen für ein Grundrecht. Einige halten sogar extreme Billigflüge für ein Grundrecht.

Als vor einigen Wochen eine Billig-Fluglinie bestreikt wurde, wurden erregte Menschen als Zeugen herangezogen, die für ein paar Euro einen 600km-Flug gebucht hatten. Man könnte diese Strecke auch ganz bequem mit der Bahn fahren - ein solches Bahnticket kostet aber aus irgendeinem Grund erheblich mehr.

Dass bei bestehender Nachfrage nach Dumping-Angeboten clevere Kaufleute auch ein entsprechendes Angebot machen, scheint ja klar. Es gibt dann auch regelmäßig die Prestige-Frage, wer denn nun den Flug am aller billigsten gebucht hat. Das ist reine Angeberei, hat aber jeder von uns schon erlebt.

Unternehmen können auf Dauer nicht von Dumping-Angeboten leben. Neben den Angebern sitzen wahrscheinlich auch in jedem Flugzeug genug Leute, die einen regulären Preis bezahlt haben. Außerdem werden beim Anbieter Ausgaben gesenkt - koste es was es wolle. Die Technik wird extern scharf geprüft, sonst würden allein wegen technischer Defekte viel mehr Flugzeuge vom Himmel fallen. Aber am Personal kann der Anbieter durchaus sparen - das ist viel schwerer zu kontrollieren: Die Frage, wie viele Personen man für einen Job braucht, und wie ihre Arbeitszeiten dann aussehen.

Das interessiert natürlich den Kunden der Billigflieger nicht. Er regt sich über die absehbaren Folgen auf, die entstehen, wenn die Airline seinen Geiz ans Personal weitergibt.

Im Hinterkopf behalten wir dabei immer, dass die meisten Füge entbehrlich sind: Die Zeitersparnis ist minimal, die Kostenersparnis existiert hauptsächlich wegen versteckter Subventionen. Die Umweltbelastung wird generell ignoriert oder schöngeredet: Leise Düsenflugzeuge.

Nun ist die Lufthansa nicht ganz so ein Billigflieger und daher eben ein Anbieter für Leute, denen Bahnfahren zu volksnah ist. Eine Prestigesache, nichts lebensnotwendiges. Hier ein Kommentar mit dem suggestiven  Titel Die Zeit der Privilegien ist vorbei. Dort rechnet ein Journalist den Piloten ihre Gehaltsforderung vor (Journalist-Hochschulreife-Hochschulabschluss. Ihr wisst noch was ein Oxymoron ist? Genau: Wenn ein Journalist rechnet).

Zitat “Die Piloten fordern für die vergangenen fünf Jahre insgesamt 22 Prozent, die Lufthansa bietet 2,5 Prozent. Das passt nicht.” Dass das nicht passt, sieht wohl jeder. Aber jeder, der nicht ganz so verblendet ist, sieht das schwere Auseinanderklaffen der beiden Seiten bei Forderung und Angebot.

Genau diese Haltung, die Schuld für den Ausfall entbehrlicher Fliegerei allein bei den Piloten zu suchen, passt sehr gut in unsere Zeit von Neid, Gier und Geiz.

Es wird ohnehin zu viel geflogen.

22 November 2016

Neid, Gier und Geiz

Ein großer Teil der Dinge, die in Deutschland zur Zeit so schief laufen, lässt sich mit diesen drei Stichwörtern beschreiben: Neid - Gier - Geiz.

Überrascht stellt man fest, dass ungemein viele Leute, die wirklich alles haben, den Hals nicht voll kriegen können. Neulich die VW-Manager, deren Konzern wegen kriminellen Verhaltens Milliarden verliert, bestanden darauf, dennoch ihre Boni ausgezahlt zu bekommen - sie hätten ja persönlich fast nichts falsch gemacht. Gier.

Das sollte einmal eine Kassiererin im Supermarkt wagen. In demselben Konzern stehen aber ohnehin Leihsklaven neben Festangestellten und bekommen für dieselbe Arbeit die Hälfte.

Oder Neid: Menschen in gesicherten Beschäftigungsverhältnissen, Haus, Auto, die ein paar armseligen Flüchtlingen nicht die Butter auf dem Brot gönnen. Die PEGIDA-Demonstranten, die sich hinter irgendwelchen “Kultur-” und “Religionsargumenten” verstecken. Leute, denen der christliche Glaube zeitlebens völlig egal war und die meist wegen der Kirchensteuer ausgetreten sind, verteidigen nun angeblich das christliche Abendland.

Wenn “Der Islam” als Rechtfertigung nicht ausreicht, werden sie ehrlich und klagen “Die Flüchtlinge kriegen alles bezahlt!”

Oder eben Geiz: Dass man Dinge kauft, die man gar nicht braucht, weil sie vermeintlich “billiger” sind als normal. Sind sie ja nicht. Der prahlerisch beworbene großzügige Rabatt war von dem cleveren Kaufmann längst eingepreist. Oder für dasselbe Geld wurde die Packung kleiner.

Aber das Argument zieht trotzdem. Der meiste Kunde glaubt tatsächlich, dass er “die Mehrwertsteuer geschenkt” bekommt und erwirbt einen dritten Flachbildfernseher für seine jämmerliche Zwei-Zimmer-Eigentumswohnung, die er ebenfalls nur gekauft hat, weil es dafür Steuervorteil gibt.

Wann ist das so schief gelaufen? Warum schämt sich keiner von denen?

Der Große Bloguator™ kann sich an Zeiten erinnern, in denen man nur solche Sachen kaufte, die man auch wirklich brauchte. Und die man bezahlen konnte. Und an Zeiten, in denen ein Manager vielleicht doppelt so viel verdiente wie ein normaler Angestellter - und nicht das zwanzigfache. Zeiten in denen man zur Miete wohnte und sich nicht mit ebenso neidischen, gierigen und geizigen Miteigentümern herumstreiten musste.

Liegt es wirklich an der damaligen Parole aus der Fernsehwerbung “Geiz ist geil!” Haben das so viele Menschen als neue Ethik verinnerlicht, statt der hergebrachten Religion? Irgendetwas muss passiert sein, es hat in den neunziger Jahren begonnen und entwickelt sich immer noch weiter in der ungünstigsten Richtung.

30 Oktober 2016

Feiertage

Einst vereinnahmte die christliche Kirche bereits vorhandene heidnische Feste und gab sie als ihre eigenen aus. In den amerikanischen Kolonien wiederum schmuggelten christianisierte Sklaven aus Afrika ihre mitgebrachten Götter unter die christlichen. Ein spätes Revanchefoul, sozusagen.

Dann besetzte im Auftrag eines Getränkekonzerns ein rot-weißer Heiliger das ursprünglich christliche Weihnachtsfest mit den Unternehmensfarben. So lösen die verschiedenen Religionen einander in stetigem Wechsel ab.

Die letztere Glaubensrichtung scheint derzeit die Oberhand zu gewinnen: Seit nur wenigen Generationen klagen europäische Frauen an einem Datum namens Muttertag die Aufmerksamkeit ihrer übrigen Familienmitglieder ein. Der Brauch stammt wohl ursprünglich aus der neuen Welt und wurde von den Nationalsozialisten als deutscher Feiertag etabliert, aus welchem Grund auch immer. Vermutlich, weil es nichts kostete.

Seit weniger als einer Generation versucht eine Koalition aus Floristen und Konfekterzeugern all denen ein schlechtes Gewissen einzureden, die ihrer Liebsten am Valentinstag nicht einen räudigen Strauß Blumen und ein Paket Industriepralinen hinstellen.

Und seit vielleicht einem Jahrzehnt Halloween. An diesem Tag ermutigen Eltern und Kindergartenpersonal ihre lieben Kleinen, bei organisierten Beutezügen wildfremde Leute zur Herausgabe von Süßigkeiten zu erpressen, sonst...! Was in Elternhirnen vorgeht, die so etwas erlauben oder sogar anstacheln, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Aber die Blagen müssen ja auf das richtige Leben vorbereitet werden. Und da ist man besser Täter als Opfer. Tja. Wie werden wir diesen Feiertag einst nennen? Ich schlage "Tag des Spatzenhirns" vor.





sorry, ich kann einfach nicht anders, hier noch der Gruß an die Österreicher: Hallo, Wien!

20 Mai 2016

Pfand gehört

“Pfand gehört daneben”

Welcher Vollidiot hat sich eigentlich diesen Slogan ausgedacht? Pfand gehört gar nicht “daneben”, sondern zurück in den Laden und von dort zum Abfüller.

Wer ist überhaupt vorher auf die Idee gekommen, leere Pfandflaschen gehörten vielleicht in den Mülleimer? Da fragt man sich, ob es am allgemeinen deutschen Bildungsnotstand der Gegenwart liegt? Schließlich wird hier das, was ein Günther Öttinger und Edmund Stoiber kauderwelschen, auch großzügig “Englisch” genannt. Und Pfand ist anscheinend ebenfalls ein Fremdwort.

Der Pfand-Slogan ist derzeit in Kreuzberg und Friedrichshain allgegenwärtig, wo zur Grundausstattung des zugezogenen Muttersöhnchens beim Flanieren auf jeden Fall die geöffnete Flasche Bier in der Hand gehört. Die Vollpfosten sind entweder zu bequem oder schlicht zu dämlich, die leeren Flaschen zurück zum Verkäufer zu tragen. Oder in jeden anderen Späti am Weg, der ebenfalls offen hat.

Stattdessen lassen sie die zum Restmüll gewordene Mehrwegverpackung am Wegrand stehen. Genau wie zu Hause bei Mutti kommt hier nämlich irgendwann jemand, der sie wegräumt. Die schöne Entschuldigung lautet: “So verdienen die armen Leute noch ein wenig Geld!” Immerhin, zu Hause bei Mutti konnte das verwöhnte Söhnchen das nicht behaupten.

Die reichen Söhnchen haben es auch nicht nötig, auf den Preis zu achten. Das Späti-Bier kostet selbst mit Pfand weniger als die Hälfte vom Wirtshaus oder Club-Ausschank. Also wirft man die leere Flasche halt weg, stört ja nur.

Wohin das führt, kann man sehr gut am Karneval der Kulturen sehen, der eigentlich perfekt organisiert ist. Dort sind zwar zahlreiche Flaschensammler aktiv, aber die schaffen auch nicht alles weg und wenn ihr Lager voll Leergut ist müssen sie aufhören.

Eine Flasche, die lange genug in der Menge herumliegt, geht zu Bruch. Beim Karneval fliegen deshalb sowieso immer schon Scherben herum. Im letzten Jahr, 2015, als es beim Umzug besonders heiß war, hinterließen tausende Pfandgehörtdaneben-Trottel tonnenweise zerbrochenes Glas. Etwa alle 50m gab es am Abend einen meterhohen Haufen, der jeweils aus mehreren Kubikmetern Glasscherben bestand.

Für die Scherben interessiert sich kein Flaschensammler und zum Teil müssen sie mühsam mit der Hand aus den Sträuchern und Grünanlagen gepflückt werden. Glücklicherweise können sich die Muttersöhnchen in der Metropole auf die Stadtreinigung verlassen, die fast genauso zuverlässig aufräumt wie Mutti zu Hause in der Provinz.

Hm? Nein nein, alles kein Gerücht. Kleine Anekdote aus eigenem Erleben: Ich war etwa zwölf und bei den Nachbarsjungs zu Besuch. Ein Bonbonpapierchen blieb übrig, ich frage also “Wo soll ichn das hintun? Wo isn der Papierkorb?” Und der älteste Nachbarsjunge “Ach, lass fallen, unsere Mutter räumt das dann weg.”

Damals verschlug es mir die Sprache - meine Mutter räumte auch viel weg, aber ich fand das nie selbstverständlich. Der Nachbarsjunge muss dann wohl die Pfandgehörtdaneben-Bewegung gegründet haben.

19 Januar 2016

Mensch und Masse

Kalter Samstagvormittag im Januar.

Oh, eine gewaltige Schlange in Berlin-Mitte! Erster Gedanke im Kopf des Großen Bloguators™ "Da wird endlich wieder Begrüßungsgeld verteilt!"


Dann aber fiel ihm wieder ein, dass Finanzminister Schäuble ja wohl noch im Amt ist und sogar lebt. Hm. Wahrscheinlich kein Begrüßungsgeld. Sehr wahrscheinlich.


Eröffnung eines neuen Elektronik-Marktes oder gar einer ganzen Shopping-Mall?
Dafür sind die Anstehenden wiederum nicht hysterisch genug. Zu gutgelaunt. Und auch zu diszipliniert.


Vielleicht der große Wohltäter Vladimir Putin, der mit viel Geld wohlgesonnene Menschenmassen einkauft? Die russische Botschaft ist gar nicht weit.


Aber endlich fiel es wie Schuppen von den Haaren - richtig! Samstagvormittag, man hatte davon gelesen:


Die Komische Oper verkauft Kostüme aus ihrem Fundus!


Und die stilbewusste Berliner Bevölkerung mit ihrem bekannt sicheren Geschmack nimmt lebhaft Anteil.


Zugegeben, der Großen Bloguator™ war nicht ganz zufällig am Ort des Geschehens. Aber zu spät. Viel. Zu. Spät.


Schade.

13 Januar 2016

Versagen

aus der bekannten Serie Schadenfreude ist die reinste Freude!


Neulich mal hatten wir hier einen Betrag mit  dem Untertitel “Multiples Kranversagen” – das war schon sehr schön – wenn auch gruselig.

Hier kommt jetzt wieder einmal eine Beobachtung zum Thema “Multiples Kahnversagen”: Das Boot mit dem blauen Spinnacker kommt innerhalb einer Regatta in der besten Position, die man nur haben kann, an der Leetonne an. Völlig übermotiviert nehmen sie den Spinnacker zu spät oder unkoordiniert runter und der überehrgeizige Steuermann rundet zudem die Tonne im Millimeterabstand. Also viel zu eng. Jedenfalls versucht er es. Gemeinsames Versagen führt zum absehbaren SuperGAU.

Wer jemals selbst Regatta gesegelt ist ahnt, dass hier einiges schief gehen kann. Schnell berührt man in so einer Situation die Tonne oder bleibt unnötig mit irgendeinem Teil dran hängen, das sich vielleicht ein wenig weit außenbords befindet. Zum Beispiel ein außer Kontrolle geratener Spinnacker.

Am Ende findet sich das Boot in der schlechtesten Position wieder, die man nur haben kann.



Edit, nach mehrmaliger Auswertung des Videos:
Der Steuermann weiß offensichtlich auch genau, wie man so einen fliegenden Spinnacker wieder einsammelt. Sowas gehört nicht zum Grundwissen und kann kein Zufall sein. Der hat das schon öfter gemacht.

11 Januar 2016

Besorgnis

Besorgte Bürger?

In letzter Zeit hat man es in Deutschland vermehrt mit sogenannten "besorgten Bürgern" zu tun.

"Besorgter Bürger" ist ein Synonym für "Rassist" und es wird gerne von den Menschen benutzt, die wissen, dass Rassismus eine unanständige Sache ist, darin aber doch ein bequemes Weltbild erkennen. Immerhin ist ihnen klar, dass sie nie-nie-nie auf der Verliererseite des Rassismus sitzen wollen.

Die "besorgten Bürger" argumentieren gerne mit so Sachen wie "ich bin ja kein Nazi, aber" oder "das wird man doch noch sagen dürfen", ebenfalls Floskeln dafür, dass sie sehr wohl wissen, wie unrecht sie haben, aber dass so eine Lüge bequemer ist als die Wahrheit.

Die Bevölkerungsgruppe der "besorgten Bürger" kann man nach ihrer Motivation grob in zwei Parteien unterteilen:

Den einen ist es unheimlich, wenn sich fremdländische Menschen in einer unbekannten Sprache temperamentvoll unterhalten. Woher dieses Gefühl der Unheimlichkeit rührt, lässt sich schwer sagen, vielleicht, weil man in dem jeweiligen kleinen Heimatort des besorgten Bürgers einfach niemals irgendwelchen Migranten begegnet. Doch, ja, solche Orte gibt es. Oder weil die Migranten schon aus sprachlichen Gründen unter sich bleiben und dabei überhaupt Gruppen bilden. Dass sich auch einheimische Jugendliche so verhalten und keineswegs weniger bedrohlich sind, wird von dem besorgten Bürger gern verdrängt. Außer wenn er an der Bushaltestelle des kleinen Ortes vorbei muss, wo sich die pöbelnden Halbstarken immer treffen. Aber dann denkt er nur an die Halbstarken und vergleicht sie nicht mit Migranten.

Das Gefühl der "Unheimlichkeit", also des unausgesprochenen Sichbedrohtfühlens, ist wahrscheinlich eine kulturelle Angelegenheit. Wer einmal außerhalb Mitteleuropas auf Reisen war, weiß, dass sich gegenüber deutschen Reisenden kaum jemand so benimmt. Obwohl sich dazu mehr als genug Anlässe aufzählen ließen. Keine Besorgnis anderswo. Oft wird man als Fremder mit großer Freundlichkeit empfangen. Und das hat nichts mit der Anzahl der Besucher zu tun: Die besorgten Deutschen sind ja einem einzelnen fremdländischen Menschen gegenüber genauso misstrauisch wie einem Dutzend.

Dieser ersten Gruppe besorgter Bürger kann man zwar nicht mit Argumenten kommen, das ist ihnen zu anstrengend. Aber man kann sie in Kontakt mit Einwanderern, Reisenden, Flüchtlingen bringen, also mit allem, was sie für fremd und bedrohlich halten. Aus der Nähe merken sie dann, dass diese fremden Menschen interessante Gebräuche, Kleidung, Musik und ganz gutes Essen haben. Damit ist viel gewonnen.

Die zweite Gruppe der "besorgten Bürger" nennt sich so, weil sie sich nur um eins sorgt: Sich selbst. Sie haben Angst, dass ein Flüchtling etwas kostenlos erhält, das sie selbst mit wenig Geld bezahlen mussten. "Wieso kriegen DIE Handys? Kleidung? Sogar Taschengeld! Eine Wohnung! WIR müssen alles selbst bezahlen!"

Neid, Gier und Eifersucht bestimmen ihr Leben, aber diese Regungen stehen nicht in so hohem sozialen Ansehen wie Mitgefühl und Freundlichkeit. Aber ein hohes Ansehen wollen sie außerdem noch haben, wobei es nichts kosten darf. Denn wenn es etwas kostet, muss es auch exklusiv sein!

Etwa das Handy-Gerücht: Da wird behauptet, jeder Flüchtling bekäme ein Handy geschenkt. Nun sind gerade Handys in Deutschland Kultgegenstände wie früher nur das Auto - sie liegen für jeden im erschwinglichen Bereich und man kann sie überall herumzeigen, um damit Geschmack und Weltläufigkeit zu beweisen.

Das Handy ist eigentlich ein Anachronismus: Anfangs brauchte man gar keines, weil es ja noch überall Festnetz-Anschlüsse gab. Es setzte sich dennoch durch - zunächst als reines Prestige-Objekt für Manager und Oberschüler. Erst seit dem Smart-Phone haben Handys so etwas wie einen echten Nutzwert. Das Smart-Phone wiederum ist ein kleiner Computer und nur die wenigsten "besorgten Bürger" können es angemessen bedienen. Etliche können kaum unfallfrei ihren Namen schreiben. Sie wissen nur: Ein Handy ist ein Status-Symbol und ihrer Ansicht nach dürfen Flüchtlinge so etwas nicht besitzen. Wenn nun jemand behauptet, da würden Handys verschenkt, werden sie von Neid geschüttelt und erheben sich gegen die allgemeine Ungerechtigkeit.

Es ist dieselbe Sorte Mensch, die selbst die eigenen Geschwister bei jeder Gelegenheit über den Tisch zieht, "weil die das sonst mit mir machen!", die aus Verbitterung zu PEGIDA-Demos geht, weil vor dem eigenen Einfamilienhaus nur ein japanischer Mittelklassekombi steht und nicht ein schwerer SUV aus deutscher Produktion.

Dies empfindet der besorgte Bürger als krasse Benachteiligung. Fakten will er nicht hören, sofern sie ihm nicht in den Kram passen. Es ist sinnlos, mit solchen Leuten zu diskutieren, weil sie an der Wahrheit überhaupt nicht interessiert sind, sondern nur an einer schönen Ausrede - wenn nicht für ihren Egoismus, dann dafür, warum sie es zu nichts gebracht haben.

Deshalb ist Rassismus für sie das ideale Konzept: Man kann sich über andere erheben, ohne jemals irgendetwas sinnvolles geleistet zu haben. Einfach nur durch Geburt.

Einige der besorgten Bürger haben sich allerdings sogar Wohlstand "erarbeitet", das geht in Deutschland am besten, indem man dreist ist und immer am Rande des Betruges. Als Ausgleich für dieses Risiko brauchen sie einen Grund, warum sie keinesfalls etwas von ihrem Wohlstand abgeben müssen. Rassismus ist da genau richtig, gegen die bessere Geburt gibt es nun einmal keine rationalen Argumente.

24 Dezember 2015

Straße rüber

Lernt man heute als Kind nicht mehr, wie man über die Straße geht?

In Berlin haben wir eine schöne Tradition: Wenn kein Auto kommt gehen wir über die Straße. Fußgängerampeln haben dabei eher so Hinweis-Charakter.

Die heutige Soziologen­generation könnte das vielleicht als "ergebnisorientiertes Handeln" brandmarken. Tut sie aber nicht, weil der heutigen Soziologen­generation so etwas nicht auffällt, obwohl es sich ganz eindeutig um ein Defizit handelt. Also, nicht bei den Berlinern, sondern bei den jugendlichen Zugereisten aus der Provinz.

Man erkennt sie daran, dass sie entweder auch mitten in der Nacht, werktags, an einer menschenleeren Straße ohne jeglichen Verkehr vor einer Fußgängerampel stehen bleiben, sofern sie Rot zeigt. Oder sie laufen blind über die Straße, auch mitten im Berufsverkehr und wenn die Stelle total unübersichtlich ist, wo also niemand bremsen könnte, selbst wenn er es wollte. Und die meisten deutschen Autofahrer wollen doch noch nicht einmal.

Anscheinend lernen in einigen Bundesländern Kinder heute nicht mehr, wie man über die Straße geht. Liegt vielleicht daran, dass im Deutschland der Gegenwart bis zum sechzehnten Lebensjahr die Mama immer zur Stelle ist und den Jugendlichen an der Hand nimmt, wenn er über die Straße muss. Oder sie bringt ihn gleich da hin, wo ihn sein heutiger Termin hin führt - im SUV aus der eigenen Eigenheimgarage bis vor die Tür des zu besuchenden fremden befreundeten Eigenheims.

Später verschlägt es den Jugendlichen dann nach Berlin, wohl weil es in der Biografie jedes Provinz­abiturienten unheimlich gut aussieht, wenn man zwischen neunzehn und einundzwanzig eine Weile "in Berlin gelebt hat". Was danach auf dem Lebensweg zu geschehen hat, hat die Mama dem Kind bereits Jahre vorher fest einprogrammiert. Aber dazwischen zwei Jahre Berlin. Und hier wollen sie über die Straße.

Die einen ziehen dann die Nonkonformistenuniform an und etliche von ihnen meinen, dass diese sie auch vor heran rasenden Autos schützt.

(die Fortgeschrittenenvariante dazu ist übrigens der Kreuzberger Suizidradler:
Das ist derselbe Typ Jugendlicher, der nur leider vergessen hat, nach einer Zeit des "Auslebens" den von Mama geplanten Lebensweg wieder einzuschlagen. Ein elender Rechthaber, der unerschütterlich an die eigene Unverwundbarkeit glaubt und in jedem anderen Verkehrsteilnehmer nur biologischen Abfall erkennt, egal ob es sich dabei um Fußgänger, Fahrrad- oder Autofahrer, Rentner, Behinderte oder Kleinfamilien handelt¹)

Die anderen der neu zugereisten kleiden sich immer noch wie Mamas Liebling, blankgeputzte Schuhe, Trenchcoat, Burberry-Schal, schwarze Hornbrille, Jutebeutel, und bleiben brav an jeder roten Ampel stehen.

Immerhin pöbeln die alle nicht herum, wenn der Stadt-Berliner sich benimmt als wäre er zu Hause: "ROT!" Das wiederum rufen nämlich häufig die Berliner aus den Randbezirken und wenige innerstädtische Rentner, die ihre Erziehung noch zu Vorkriegszeiten genossen haben. Diese Leute wissen zwar genau, wie das mit der Straße funktioniert, kommen aber nicht darüber hinweg, dass manche ihr Leben anders anwenden: "Was Recht ist muss Recht bleiben!" oder "Rot gilt für alle!"

Vereinzelt bleiben hier aber auch junge Erwachsene in Nonkonformistenuniform an roten Ampeln ohne Autoverkehr stehen. Die sind ein großes Rätsel. Sie wissen anscheinend noch nicht so genau, wo ihr Lebensweg sie hin führen soll.

Hm. Trotzdem: Lernt man heute als Kind nicht mehr, wie man über die Straße geht?





¹ trifft man gelegentlich auch in der Darreichungsform des "Messenger", das ist neuhochdeutsch für "Fahrradkurier"

10 November 2015

Tier und Tod

aber auch: Ergänzung

Der Große Bloguator™ wäre gern Vegetar. Er ist aber als Fleischesser aufgewachsen und wird sofort schwach, wenn ihm jemand ein Stück Fleisch unter die Nase hält. Stichwort: Grillabend.

“Wenn ich die Tiere selbst schlachten müsste, wär’ ich längst Vegetarier!”

Es geht dabei um Ethik und Moral, irgendwie, Folgerichtigkeit und konsequentes Handeln. Ja, pretty deep, ich weiß. Der Umstand, dass Fleisch aus Tieren besteht, wird dabei als bekannt vorausgesetzt. Und genau hier liegt ein überraschender Punkt: Anscheinend weiß das gar nicht jeder!

Das folgende Video ist schon 3 Jahre alt und stammt aus Brasilien, könnte man aber vermutlich völlig identisch in einem deutschen Supermarkt drehen:



Der Link dazu stammt ursprünglich von @StereoSushiSu auf Twitter, welche den Großen Bloguator™ aus irgendeinem Grund geblockt hat (“Denn sie wissen nicht, was sie tun”), aber dennoch gelesen wird.

(dort wird als Quelle auf einen Facebook-Kanal verwiesen. Der hat das Video keineswegs selbst aufgenommen, sondern verbreitet es nur unter seinem eigenen Namen weiter, wobei er leider leider vergessen hat, den Verfasser, Urheber und Darsteller irgendwo zu erwähnen. Aber er möchte mit der Tränenzieher-Masche gerne noch als “Bildungseinrichtung” finanziell über Patreon gefördert werden. Ganze Kanäle voll mit geklautem Zeug. Arschlöcher. Nunja¹)

Eigenes Recherche-Ergebnis: Das Video selbst stammt wohl vom brasilianischen Fernsehkanal SBT und wurde offenbar in einem real existierenden Supermarkt mit Fleischtheke aufgenommen. Dafür ist zunächst einmal dem Kaufmann zu danken! Und natürlich dem TV-Sender.

Die Idee zu dem Sketch ist nicht ganz neu. Von dem Video gibt es eine englische Version, die in einer Art Fernsehstudio spielt und bereits ein Jahr früher hochgeladen wurde. Die wirkt etwas weniger authentisch, ist aber früher. Mit einfachen Mitteln ist der Autor der Geschichte nicht weiter feststellbar. Immerhin, Webseite der Englischmänner findet man hier.

 

--- hier könnte eine schöne Majuskel einen neuen Abschnitt ankündigen ---

--- ist in HTML aber schwierig ---

 

So, nochmal zu dem Untertitel Ergänzung und zurück zu @StereoSushiSu  – dort wurde nämlich kürzlich auch das folgende Zitat aus den Kommentaren zu einem veganen Rezept vorgestellt:

Womit wir wieder beim “Trollen – aber richtig” aus dem vorigen Blogeintrag wären:

Von der Handlungsweise könnte das eigentlich klassisches Trollverhalten sein – Veganern vorschlagen, dass man Würstchen und Speck ins vegane Essen geben könnte, damit es besser schmeckt². Die regen sich darüber zuverlässig auf.

Aber, wie wir sehen: Anscheinend wissen tatsächlich viele Leute nicht, dass Würstchen und Speck aus Tier bestehen. Damit ist das keineswegs mehr Trolling, sondern einfach nur Bildungsnotstand, wie er sich gerade in Deutschland – und nicht Brasilien – immer mehr ausbreitet.

Tja. Ich werde diesen Eintrag wieder einmal unter Freudlose Predigten taggen.







¹ Arschloch heißt in diesem Fall Gary Yourofsky auf Facebook. Mehr muss man nicht wissen.

² "Spinat schmeckt wesentlich besser, wenn man ihn vor dem Verzehr durch ein großes Schnitzel ersetzt." Sorry, ich musste es einfach tun.

³ und eigentlich sollte hier endlich mal ein Beitrag über das Geltungsbedürfnis von Foren-Schreibern erscheinen

04 September 2015

Penis-Theater

Ja ja, reißerischer Titel diesmal, was? Aber dabei soll es nicht bleiben, nein nein!

Auf Twitter wurde Der Große Bloguator™ kürzlich auf dieses Werk hingewiesen - wer eine Weile darüber sinniert, kommt ganz von selbst drauf:
 


Dieser an sich schon schauerliche Höhepunkt des niederen Humors wird auf AMAZON angepriesen, und an jener Stelle wird es dann richtig gruselig, weil "Kunden die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch"
  • Kacka Sutra: 52 inspirierende Techniken, das große Geschäft zu verrichten
  • Leben mit einem großen Penis: Rat Und Weisheiten Für Männer, Die Außerordentlich Gut Ausgestattet Sind
  • Das KLO-Orakel: Erkenntnis aus der eigenen Scheisse ziehen. Ein Wahrsagespiel
  • Fürze, Der ultimative Blähführer: Buch mit Soundkonsole
  • Bilder, zu denen Sie nicht masturbieren sollten
Schaurig.

Aber, pubertärer Humor hin oder her – anscheinend geben ein Haufen (sic!) Leute einen Haufen Geld dafür aus. Das Penis-Theater-Buch etwa liegt immerhin auf Rang 256 der Amazon-Bestsellerliste und ganz weit vorne in diversen Unterrubriken:
  • Nr. 1 in Bücher → Geschenkbücher → Nach Personen → Männer
  • Nr. 1 in Bücher → Geschenkbücher → Weitere Anlässe & Themen
    → Kunst, Musik & Architektur
  • Nr. 3 in Bücher → Geschenkbücher → Humor
Es passiert nicht oft, aber - dem Großen Bloguator verschlägt es die Sprache.



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