16 Dezember 2006

Halloween-Paragliding

I.
Kürzlich nahm mich ein Freund mit zum Gleitschirmfliegen. Bis da hin interessierte mich die Sache. Inzwischen habe ich so meine Zweifel.

"Paragliding" ist Fliegen mit einem lenkbaren Fallschirm. Mit den entsprechenden Aufwinden kann man sich dabei erstaunlich lange in der Luft halten. Aber es ist wie immer beim Fliegen: Das Problem sind der Start und die Landung.

Bei der Landung leuchtet das ohenhin ein: Man sollte sich dem Boden nicht zu eilig nähern, sonst gibt's einen dicken Fleck, und "runter kommen sie immer". So weit klar.

Beim Start kommt es darauf an, weit genug weg vom Boden zu kommen, da die Aufwinde erst in einiger Höhe wirksam werden. Das ist einfach, wenn der Wind gegen einen Abhang weht. Man muss nur gegen den Wind den Abhang hinunter laufen, sobald der Schirm sich aufgebläht hat, ist er auch schon im Aufwind - und es kann losgehen. Leider hat man nicht immer einen Abhang oder den entsprechenden Wind zur Verfügung, manchmal fehlt einem sogar beides. Dann muss man wesentlich höher über den Boden, um den thermischen Aufwind zu erreichen.

Theoretisch ist das beinah genauso einfach, es geht wie beim Drachensteigenlassen. Nur, dass unten keiner läuft, sondern der Paraglider mit einer Motorwinde an einem sehr langen Seil nach vorne gezogen wird - bei ausreichender Geschwindigkeit befördert ihn der Schirm dann nach oben, im Groben.

Im Detail ist es leider komplizierter: Am Start steht der Flieger und daneben der Starthelfer. Der Flieger hat das Windenseil vorne am Bauch eingehängt. Die Winde und ihr Fahrer sind mehrere hundert Meter entfernt und stehen mit dem Starthelfer über Funk in Kontakt. Der Flieger läuft einige schnelle Schritte bis sich der Schirm aufgebläht hat, und wenn alles in Ordnung ist ruft der Starthelfer über Funk START! - der Windenfahrer gibt Gas und es geht bergauf. So weit die Theorie.

Als ich dort zum Zusehen war, gab es eine Abweichung vom Plan: Der Flieger lief einige schnelle Schritte, und als der Schirm halb aufgebläht war stolperte er und stürzte.

Der unerfahrene Starthelfer¹ rief aufgeregt STOP!, was der Windenfahrer allerdings durch den Wind und über das schlechte Funkgerät vermutlich als START! verstand - also gab er ordentlich Gas. Der Flieger wurde bäuchlings über den Boden geschleift. Weil das wegen des Widerstands schwerer ging als sonst, gab der Windenfahrer eben mehr Gas. So legte der Flieger etliche Meter zurück.

Irgendwann wurde er schließlich so schnell über den Boden geschleift, dass der Auftrieb des Schirms doch ausreichte. Er hob endlich ab. Inzwischen hatte allerdings der Starthelfer seine Fassung wiedergefunden und rief "ANHALTEN! ANHALTEN! AUFHÖREN!" Das war anscheinend unmissverständlich und der Windenfahrer nahm das Gas wieder weg.

Ich sah den Flieger in ein paar Metern Höhe in Zeitlupe an mir vorbeischweben: Vorne alles aufgerissen, die blutigen Fetzen seiner Kleidung hingen herunter, es herrschte Totenstille, eine Menge Blut tropfte herab. Grausig - Halloween Paragliding!

Kurz darauf plumpste der Flieger mit einem dumpfen Geräusch wieder auf den Boden. Dann ging es auf dem Platz zu wie in einem aufgerissenen Ameisenhaufen.

II.
Sie haben ihn schon wieder zusammengeflickt, sah wohl schlimmer aus als es war, und ein wenig Glück muss man ja haben. Aber vom Fliegen bin ich vorläufig geheilt.


¹ ich hatte doch tatsächlich zuerst "Sterbehelfer" getippt, tss tss.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Videos? YouTube? Watt nu???

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