21 Juni 2007
Man fasst es nicht!
Gestern verschlug es mir beim Durcharbeiten der Tageszeitung die Sprache: Ohne Beweise als Betrüger angeprangert
Zusammengefasst: Die Berliner Polizei - und zwar das LKA, nicht etwa eine kleine Wache am Stadtrand - erhält telefonisch anonym einen Hinweis, dass ein Geschäftsmann einen Kreditbetrug plane. Anstatt der Sache gründlich nachzugehen, werden alle seine Geschäftspartner angeschrieben und in vorbeugender Denunziation auf den Verdacht aufmerksam gemacht, mit Worten, die die Sache als bewiesen erscheinen lassen.
Mit dem Geschäftsmann will nun keiner mehr Geschäfte machen, der erscheint ja kriminell.
Nachdem die Geschäftsbeziehungen zerstört sind, ergeben die Ermittlungen zufällig leider nichts. Das LKA kann darin keinen ungewöhnlichen Vorgang erkennen und entschuldigt sich leichtfüßig "...konnte der Verdacht nicht erhärtet werden." Da war ein echter Sprachkünstler am Werk. Jeder Empfänger weiß jetzt: "Der Verdacht besteht weiter, wir waren nur leider zu dämlich, ihn zu erhärten".
Das ist dermaßen überheblich und anmaßend, dass es mir die Sprache verschlägt: Dieses Vorgehen erinnert mich an die feudalistische Zarenzeit oder die Allmachtsphantasien des dritten Reiches, wo ein Amtsträger auch bei Fehlverhalten keine Konsequenzen zu fürchten hatte. Auf so etwas kann nur ein Berliner Beamter kommen, der derartig abgesichert ist, dass er selbst im Fall der Verurteilung noch in Ruhe seine Pension genießen kann. (kann sich noch jemand an den Fall Antes erinnern?)
Die richtige Formulierung muss heißen: "Der Verdacht wurde ausgeräumt. Die für den Vorgang Verantwortlichen wurden entlassen und müssen jetzt ihr Geld mit Arbeit verdienen."
Ganz davon ab frage ich mich, woher das LKA wohl die Namen so vieler Geschäftspartner hat und was der Datenschutzbeauftragte dazu sagt?
Und damit wünschen wir den Verantwortlichen ein sehr anstrengendes Jahr mit einigen herben Rückschlägen im Berufsleben sowie ein paar Monate sehr unruhigen Schlafes und schalten zurück ins Funkhaus.
Und so geht's weiter: Falscher Verdacht
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2 Kommentare:
Hm, klingt wie der übliche anonyme Anruf eines Clemens Wergin oder Stefan Herre.
Der Denunzierte war doch bestimmt Moslem oder wenigstens Ausländer?
Weiß ich nicht wer da angerufen hat, mit Wergin oder Herre habe ich noch nie gesprochen.
Für mich klingt das eher so, als ob beim LKA nicht die Erwachsenen die Arbeit machen, sondern ahnungslose Azubis, die vielleicht von ihren Eltern auch ein paar Vorurteile geerbt haben. Die Erwachsenen beim LKA lesen anscheinend die Post ihrer Azubis nicht, bevor sie sie unterschreiben und abschicken.
Der Denunzierte war wohl Türke, in diesem Fall hätte es aber sicher auch einen Südamerikaner oder Afrikaner treffen können, die stehen doch auch alle im Ruf, Drogenhändler zu sein, oder wenigstens genetisch veranlagt zur Kriminalität. "Migrationshintergrund" ist ja derzeit das politisch korrekte Synonym für "verdächtig".
Aber!
Wen es tröstet: Es gibt auch Behörden, wo ganz unabhängig von der Herkunft jeder Bauherr oder Investor, also jeder mit Geld, für ein ausbeuterisches Betrügerschwein gehalten wird, das man mit allen Mitteln am Weitermachen hindern muss. Also am Bauen zum Beispiel.
Geht doch nichts über ein gepflegtes Vorurteil.
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