Ich weiß auch nicht, warum es hier immer wieder um Käse geht
Seit einiger Zeit gibt es dankenswerter Weise Käsetheken zur Selbstbedienung. Das ist ein großer Fortschritt im Vergleich zu den früheren Zuständen: Die älteren erinnern sich, dass einem die Verkäuferin am Käsestand grundsätzlich immer noch viel mehr von dem ohnehin viel zu teuren Käse andrehen wollte, als man ohnehin schon bestellt hatte. Das berüchtigte "Darf's ein bisschen mehr sein?" in hinterhältigem Singsang. Ganz gleich, ob aus kaufmännischer Berechnung oder Faulheit - es nervte.
Käse in Selbstbedienung ist also ein Fortschritt. Kleine, fertig abgepackte Käseteile, die man sich nach Art und Größe unbedrängt selbst aussuchen kann.
Sehr schön - könnte das sein. Schade nur, dass diese Teile immer verpackt sind, als müssten sie einen nuklearen Erstschlag unbeschadet überstehen. Oder die liebevollen Zudringlichkeiten von ALIEN.
Weniger polemisch formuliert: Ohne schweres Werkzeug kommt man an den Käse nicht ran. Und die wenigsten von uns haben einen Trennschleifer, eine Kettensäge oder einen siebzehnschneidigen Fräshobel als Grundausstattung in ihrer Küche. Ein herkömmlicher Dosenöffner hilft ja leider nicht. Das wiegt den ursprünglichen Vorteil wieder auf.
Das normale Käsestück ist heute vierfach mit schwerem Zellophan umwickelt. An den gefalteten Stellen liegt die Folie in doppelt so vielen Lagen. Die losen Enden der Folie sind mit einem übergroßen Etikett vollflächig verklebt.
Früher stand auf Etiketten an Lebensmitteln eine handgeschriebene Zahl, welche meist aus drei Ziffern bestand. Sonst nichts. Der Kunde wusste dann schon. Heute sind die Etiketten groß genug um jede Menge lebenswichtiger Informationen abzudrucken: Den Käsenamen (große Schrift), das Gewicht des Stücks, den Preis pro Menge, den Preis des Stücks, die Inhalts- Konservierungs-, Farb- und Zusatzstoffe, den Namen des Supermarkts, einen Aufbewahrungshinweis, das Haltbarkeitsdatum, und dies alles groß genug, dass es mit bloßem Auge lesbar bleibt. Außerdem einen Strichcode für die Kasse. Dieses Etikett, nahezu im DIN-Format, klebt unlösbar auf der mehrlagigen Klarsichtfolie.
Im Altertum, an der Theke mit Bedienung, musste das Verpacken schnell gehen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wie man jetzt erkennt. Während der Kunde früher seine Lebensuhr beim Schlangestehen vor der Theke oder während einer sinnlosen Diskussion mit dem Personal ablaufen sah, verbringt er heute die eingesparte Zeit im Keller oder im Baumarkt, bei der Suche nach tauglichen Gerätschaften zum Öffnen.
In der Gegenwart ist der Vorgang des Verpackens der Käsestückchen wahrscheinlich globalisiert, sie werden wegen der günstigen Lohnkonsten zur Kinderarbeit in die chinesische Provinz, nach Südpakistan oder Chile geflogen und das ist immer noch billiger -einschließlich Verschnitt, Abfall und Transportverlusten - als wenn es eine heimische Fachkraft tut. Aber die hat sich ja in jahrelanger Feinarbeit selbst erledigt.
1 Kommentar:
Dieses System ist äußerst genial und ökonomisch sinnvoll, nur leider spielen die hiesigen Verbraucher noch nicht hinreichend mit.
Denke es einmal zu Ende:
Wenn die Verbraucher den erworbenen verpackten Käse nun zum entpacken ebenso in die chinesische Provinz, nach Südpakistan oder Chile schickten (was bekanntlich so gut wie nichts kostet) wäre der Prozeß vollständig und zur allseitigen Zufriedenheit abgeschlossen.
P.S. Noch vollständiger wäre alles, wenn die Chinesen, Pakistani oder Chilenen ihn (den Käse) auch gleich auffressen würden. Allerdings müßte da noch eine Menge Überzeugungsarbeit am europäischen Verbraucher geleistet werden. Nun ka, packen wir's an..
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