II. Staffel
I.
wieso meine frau eigentlich mit mir zusammen is, weeß ick jar nich so jenau. ick meine: ick bin 15 jahre älter wie sie. dass männer auf junge frauen stehen is ja nich neu. aber junge mädels auf alte knacker? ick bin so alt, dass ick fast ihr vater sein könnte. naja, 15 jahre sind knapp vorbei am vaterseinkönnen - aber trotzdem! ick bin ja keen popstar, oder so'n stinkendreicher blaublüter aus monaco und hannover.
wenn ick susanne - so heißt meine frau: susanne - also, wenn ick sie danach frage, jibt sie mir komische antworten, oder macht quatsch. Und denn sacht se „Ach, Dicker..." dabei bin ick nich dick. nich richtich dick jedenfalls. eigentlich jar nich.
ick bin nich reich und ooch nich wohlhabend und jar nich berühmt, oder so. aber ick freu mir, dass ick se habe, die susanne. wat besseret is mir im leben bis dahin nich passiert. inzwischen ham wer sogar ne tochter.
kenn'jelernt ham wer uns beim straßenfest, beim karneval. hier jibs ja jede menge straßenfeste, und fast alle sind gruselich. aber der karneval der kulturen is dit größte! schon von der menge her, aber hauptsächlich, weil da so viel verschiedenet volk is: hundert nationen in meiner ortschaft, und alle auf eenem fleck - dit jefällt mir.
ick meine: wozu lebe ick in so 'ner riesenstadt, wenn ick jar nich mitkriege, wat die andern so machen? ick jeh da jerne hin, immer schon. da bringen die leute ihre kinder mit bis mitten inne nacht, oder tanzen auf der straße und jeder lässt den andern so sein wie er is.
zuerst jesehen ham wer uns vor so 'ner afrikanischen bühne: da ham drei omas aus südafrika dit volk aufjemischt. mich ooch. die warn mächtich in fahrt, und dit volk am ende jenau so. am schluss, nach drei zugaben, hatte ick mörderisch durst. am jetränkestand hab ick se wiederjetroffen. da hatte ick schon eenen im tee, und dit mädel war ooch ziemlich lustich. da wusst ick ja noch nich, dass se susanne heißt. und sie fracht mich „Und das hat ihnen gefallen?"
die hat SIE zu mir jesacht! nich zu fassen ...!
und ick so etwa „Klar hat mir dit jefallen! die sind doch großartich! mir jefällt überhaupt der janze trubel hier, ick komme immer her, wenn ick kann."
war ja ooch schon spät abends und dunkel draußen. aber die tausend stände mit jetränken und fremdländischet essen waren alle beleuchtet, jeder einzeln, wie so warme inseln in der nacht, und dazwischen friedliche leute aus hundert ländern. und von überall her kam musik.
und denn hab ick 'n jedicht vom robert gernhardt aufjesagt. ick weeß ja nich viele jedichte auswendich, nur zwei oder drei, mehr kann ick mir nie merken, und dieset schien mir passend, im weitesten sinne:
Samstagabendfieber
Wenn mit großen Feuerwerken
Bürger froh das Dunkel feiern,
sich mit Bier und Fleischwurst stärken
und in die Rabatten reihern,
Wenn sie in den Handschuhfächern
kundig nach Kondomen tasten,
und die breiten Autos blechern
strahlend ineinanderhasten,
Wenn in Häusern bunte Schatten
herrlich aufeinander schießen,
sich verprügeln, sich begatten,
bis die letzten Kinos schließen,
Wenn dann in zu lauten Räumen
viele Menschen sich bewegen
und beim Lärmen davon träumen,
stumm einander flachzulegen,
Wenn am Ende Franz und Frieda
glücklich in der Falle liegen -:
Wer gedenkt dann jener, die da
noch eins in die Fresse kriegen?
jut, wa? den robert gernhardt hab ick fast komplett jelesen, der hat ooch die witze von otto erfunden. nee, nich die von otto versand, sondern die von otto waalkes. und susanne hat jestaunt. hatte se wohl nich erwartet von eenem wie mir. und jelacht hat se so charmant, und natürlich.
aber ick hatte schon ordentlich eenen im tee. und mit dit letzte restchen von bewusstsein dacht ick mir „Mann, is die nett..." und ick dreh mir nur kurz um und wieder zurück und da war se plötzlich verschwunden.
und ick stand da, irgendwie alleene, zwischen hundertausend lustigen leuten mit juter laune, und alle am feiern. und ick dachte mir „Super, dit war's denn wieder!" und denn hab ick vor verzweiflung noch zwee jenommen und denn bin ick nach hause jekrochen.
als ick am nächsten tach meinen rausch ausjeschlafen hatte, dachte ick „Eene changse haste noch - jehste se suchen!"
so janz nüchtern kann ick da noch nich jewesen sein, weil in dem jedränge zwischen hunderttausend leuten findet man jenau niemand, wenn man nich präzise verabredet is. und nich mal dann.
und ick bin von bühne zu bühne, und von trommelgruppe zu trommelgruppe, und die meisten waren bestimmt nich schlecht. aber ick hatte nich so viel freude da dran wie am tach davor. und nach 'n paar stunden hatte ick jenuch und wollte nur noch nach hause.
aber jenau am ausgang vor der u-bahn treffe ick susanne. und sie grinst und sacht „Na das hat ja gedauert!"
war ick erst sprachlos, und denn „Ick jebs ungern zu - aber ick habe dich die janze zeit jesucht..."
und sie: „Wenn zwei blind herumrennen, finden die sich nie. Ich hab einfach hier am Ausgang gewartet."
naja, hunderttausend leute, acht ausgänge, davon zwei zur u-bahn: ihre methode is ooch nich besser als meine. aber mehr oder weniger seitdem sind wer 'n paar.
und wenn ick sie frage „Wieso eigentlich?" sacht sie immer „Ich hab's gleich gesehen!" und ick "... dass ick 'n bus fahre, wa?"
dit is unser jespielter witz, den führen wer immer vor leuten auf. aber sie sacht nie, wat se da jesehen hat. künstler, die können ja nich klar antworten.
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