09 Juni 2008

Musik und Tön


III. Staffel - Busfahrerelegie

2.1 Putativ und subjektiv


Wenn man mit Jerichte und Anwälte zu tun hat, lernt man ja Wörter... da kommt 'n normal vernünftiger Mensch im Leben nich drauf: „Putativnotwehr". Da staunse, wa? Ick ooch.

„Putativnotwehr", dit is, wenn man sich wehrt, obwohl man sich jar nich wehren müsste: „Wenn man subjektiv glaubt, sich in einer Notwehrsituation zu befinden, obwohl diese objektiv nicht gegeben ist."

Auf sone idee können ooch nur juristen kommen. Wenn mir eener n messer unter die nase hält werde ick ja objektiv vielleicht jar nich bedroht. Vielleicht will der mir nur sein schönet messer zeigen. Und wenn der dazu sacht „Ich schlitz dich auf, du sack!" denn meint der dit vielleicht jar nich unfreundlich ... aber ick fange am besten mal von vorne an.

Nachdem ick die drei jungs von neulich auf den pfad der tugend zurück jebracht hatte, habe ick lisa nach hause jefahren - mit'n bus. Dürf ick zwar nich, war mir aber egal und ihr hat dit imponiert. Ick hab ihr einjeschärft, dit se die jeschichte ihren eltern erzählen muss. Hat se versprochen und denn wohl ooch jemacht. Seither bringen die eltern sie zum bus. daher kenne ick ooch den werner, der hat sich persönlich bei mir bedankt. Und die wohnen zufällich jenau visavis von uns, nur eene etage höher.

Die schule ham se wohl ooch bescheid jesacht, jedenfalls passt da jetz immer een lehrer auf, bis alle kinder im bus sitzen. Dit machen die sehr ordentlich, kann ick wirklich nich meckern. Für die lisa war also jesorgt. Dass ick mir jetz um mich selber sorgen machen müsste, auf die idee bin ick jar nich jekommen.

Eines Tages springt der junge von neulich wieder in mein bus, der ehemalije anführer, die heulboje. Linus heißt er, weeß ick jetz, Linus Meier, mit weichem ei ...und wenn man mich lassen würde, mit zwei.

Ick frage ihn großzügich: „Na, wat darfs denn heute sein, junger mann? kleene stille busfahrt - oder die große tracht prügel mit nachschlach?" Da zieht er plötzlich een messer raus, so een langet spitzet klappmesser und hält et mir janz dicht unter die nase und schreit „ich schlitz dich auf, du sack! ich mach dich fertig, du sau!" Müssense sich mal vorstellen, auf so wat kommen heute die kinder, und vielleicht bloß weilse sich ne backpfeife einjefangen haben: mitn klappmesser, also wirklich! Hab ick mir tüchtich erschreckt.

ab da konnte ick mich später nich mehr richtig erinnern, komisch, wa? irgendwat is wohl passiert, jedenfalls lag am ende dit messer in meine schublade und der junge is mit ner blutigen hand und verklärtem jesicht jetürmt. „Tja," dachte ick mir, „so isse wohl heute, die jugend".

Ick hab ja rechts von mein sitz meine kasse, zwischen mir und die fahrgäste. und da drunter is ne schublade mit die scheine, die liegen da lose drin. ditt is nämlich nich vorjesehen, dass man mit scheine zahlt. wenn die fahrkarte 2 euro kostet, isset für manchen ingenieur-oberen völlich unwahrscheinlich, dass een kunde mit nem 5- oder 10-euro-schein kommt. deswegen liegen die lose rum. ick könnte mir die ooch in meine tasche stecken, oder sonst wo hin. nu is die schublade da und alle nehm se ehmt für die scheine. in meine schublade liegen aber ooch noch wohnungsschlüssel, foto von frau mit tochter und mein telefon. und für kurze zeit een messer mit fingerabdrücke drauf.

Wie der weg war hab ick die Polizei jeholt, müssen wir immer machen in solchen fällen. Die hat een protokoll von mir aufjenommen und die adressen von alle fahrgäste einjesammelt. mehr konnten se nich tun, hamse jesacht, den jungen haben se nich jefunden, und die fahrgäste kannten den ooch nich. schade fand ick dit schon, aber damit hätte die sache ja eigentlich erledicht sein könn'.

Aber denn hat die versicherung von dem jungen mich jefunden. So rum jehts natürlich ooch.

Dafür hatten die ihre gründe: versicherungen wolln nie jerne zahlen.

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