07 August 2008

Mediensegeln

Einmal alle vier Jahre kommt Segeln in Deutschland in den Massenmedien vor: Zur Olympiade. Ein paar hunderttausend deutsche Segler sind aus Sicht der Medienfritzen sonst nicht der Rede wert. Deshalb muss man viermal in der Woche stundenlang mit öden Fußballberichten gepestet werden - Fußball zieht nämlich Publikum!

Na, doch, auf Eurosport gibt es einmal in der Woche eine unsägliche halbe Stunde: Von einem ahnungslosen Kommentator wird irgendeine Transkription der Ereignisse herunter gelesen, die oft genug mit dem Geschehen auf dem Bildschirm nicht das geringste zu tun hat. Dabei tut der Kommentator dann komplizenhaft kompetent. Segeln auf Eurosport ist so ziemlich das hinter... Segeln auf Eurosport bekommt hier später mal einen eigenen Beitrag, so dämlich stellen die sich an. Zurück zum Thema.

Wenn Olympia ist, legen sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten mächtig ins Zeug: Dann zeigen sie, wie man über Regattasegeln berichten könnte, wenn man denn wollte. Segelei ist nämlich leider nicht sehr zuschauerfreundlich: Der beste Wind ist da, wo die wenigsten Zuschauer sind, weit draußen auf dem See.

Wenn die Kamera an Land steht, erkennt man nicht viel, egal wie gewaltig das Teleobjektiv auch sei. Wenn sie auf einem Boot montiert ist, schaukelt sie immer mit dem Boot, das sieht nicht gut aus, bzw. man braucht für gute Reportagebilder halt ein wenig Erfahrung, aber wenn man das nur alle vier Jahre einmal macht... Am besten ist fast immer der Blick von oben, Hubschrauber, Luftschiff, oder an Gardasee und Riviera einfach das bergige Ufer. So viel Geld wollen die Anstalten ungern ausgeben, dann schon lieber mit dem Hubschrauber über ein Fußballstadion fliegen, das hat gleich viel mehr Informationswert.

Einmal alle vier Jahre zeigen sie, wie man auch dem Laien eine komplizierte Sportart verständlich machen könnte: Wie ein guter Start aussieht, wie sich eine Winddrehung auswirkt, wer Vorfahrt hat, wer jetzt wirklich vorne liegt - all das konnten sie bereits in Barcelona in Echtzeit einblenden, obwohl die Sache denkbar komplex ist. Es gab bereits 1992 perfekte Reportagetools.

Wahrscheinlich deshalb wird alle vier Jahre ein neues entwickelt: Die Berichterstattung sieht jedes Jahr ein wenig anders aus und ist immer individuell für die Sendeanstalt handgestrickt. Olympia - koste es was es wolle.

Über den Americas Cup 2007 hingegen wurde regelmäßig berichtet: Die Rennen liefen nachmittags, wenn nicht mal die Teenies Unterschichtenfernsehen kucken wollen. Dass dort ein paar durchgedrehte Milliardäre mit riesigen langweiligen Eimern hunderte Millionen verbrennen - das fanden die Sendeanstalten spektakulär. Außerdem kam das Material kostengünstig vom eigentlichen Veranstalter. Amerikas-Cup-Segelei ist für einen Laien sterbenslangweilig, fast so langweilig wie Formel1, aber wenn da hunderte Millionen verbrannt werden, dann muss das die Massen doch interessieren...?

Außerhalb von Olympia müssen die öffentlich-rechtlichen ja zum Glück nicht berichten. Höchstens mal die Regionalprogramme, oder über die Kieler Woche vielleicht, aber dabei stellen sie sich auch nicht besser an: Bei der Kieler Woche nehmen tausende Segler auf eher kleinen Booten der Größe 4,50m bis 12,50m teil, im Fernsehen sieht man dann ein Monstrum wie die Gorch Fock und andere Großsegler >80m, die ziellos auf der Förde herumgondeln, sowie den Trubel an Land. Das krasse Gegenteil von kenntnisreicher Segelreportage also.

Nur bei Olympia klappt die Berichterstattung. Alle vier Jahre. Es ist zum Heulen.

Wobei die Kalender zur Zeit ziemlich armselig sind:
Olympiasegeln bei der ARD
Olympiasegeln beim ZDF: sonstige
Immerhin: Der deutsche Seglerverband DSV, der einem sonst nur im Weg steht, hat die Übertragungszeiten grob zusammengestellt.


So, jetzt habe ich ja doch was über Olympia geschrieben.

Edith, etwas später, nach dem genauen Studium der Sendepläne: Alles Quatsch. Weil Qingdao 900km von Peking weg ist, wollen die Sendeanstalten diesmal leider leider kein TV-Team dort aufstellen. Sie übernehmen deshalb nur Beiträge, die sie von irgendwem anders zugeliefert bekommen. Ergebnis: Alle zwei Tage eine halbe Stunde.

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