13 März 2011

Atomdebatte reloaded

Das ist aber jetzt mal Pech: Unsere Bundesregierung ist noch nicht ganz durch mit dem Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomkraft und in Japan explodiert ein Kernkraftwerk.

Wer unter uns ein wenig älter ist kann sich sicher noch an die Beweise der Atomindustrie erinnern, dass genau das niemals passieren kann. Um die Atomkraftgegner zu widerlegen gab es lange Zeit immer wieder Berechnungen die haargenau bewiesen, dass ein SuperGAU bei der bekannten hohen Sicherheit der Kernkraftwerke höchstens einmal alle vier Milliarden Jahre auftreten könne - also quasi fast nie. Dass dieses eine Mal leider schon in den ersten zwanzig Jahren der zivilen Nutzung auftrat war dann ein wenig Pech, lag aber immerhin noch innerhalb der statistischen Logik: "Wieso? Wir haben doch gesagt: Höchtens ein Mal."

Aber anscheinend sind danach die rechnerischen Beweise aus der Mode gekommen und sie wurden durch philosophische Postulate ersetzt. Man behauptet nun einfach steif und fest und ganz ohne Beweise, das sowas überhaupt "nie wieder" auftreten könne. Genau. Und "nie wieder" ist interessanter Weise schon jetzt. Wer hätte das gedacht?

Schwer zu ertragen war kürzlich das Herumgedruckse des Umweltministers, der immer wieder betonte, wie unklar die Lage und wie weit weg Japan doch sei und dass deutsche Bürger ü-ber-haupt-nichts zu befürchten hätten. Geografischer Abstand, Wetter- und Windverhältnisse, alles bestens. Da er vermutlich noch keine ästhetische Sprachregelung dafür hatte, fand er es gestern unanständig, jetzt über die deutsche Atomdiskussion gefragt zu werden. Das war jedenfalls gestern. Heute bezeichnet er die Atomkraft wieder als Auslaufmodell. Und selbst die Kanzlerin, die neulich noch die Verlängerung der AKW-Laufzeiten betrieben hatte, lädt heute überraschend zu einem Krisentreffen ihre Minister ein. Ja, sie denkt sogar über die Überprüfung der Sicherheitsstandards deutscher AKWs nach. "Es muss ja erst was passieren" sagen erfahrene Eltern zu ihren Kindern, die ohne eigene Schmerzen nicht lernen wollen. Oder, wie seltsam: Eine Explosion in 12.000km Entfernung versetzt die Bundesregierung in helle Aufregung.

In Japan wurden gerade 200.000 Menschen evakuiert. Das wird die deutsche Atomindustrie und ihre Minister vielleicht dazu verleiten zu behaupten, dass wir so dicht besiedelte Gebiete in Mitteleuropa ja eigentlich gar nicht haben. Denn diese Japaner, die waren ja sowieso immer schon für ihre Unzuverlässigkeit berüchtigt. Und Erdbeben und Tsunamis müssen wir hier ohnehin nicht fürchten. Wir haben doch die beste Reaktorsicherheit der Welt! Die paar Terroristen mit ihren paar Passagierflugzeugen haben wir schon im Griff. Jetzt werden sie wieder zu Höchstleistungen auflaufen, die Pressesprecher und Sprach­regelungs­erfinder. Zu deren Talenten gibt es hier einen sehr aufschlussreichen Bericht, der das Problem mit der Kernkraft verdeutlicht.

1 Kommentar:

Sören hat gesagt…

ISt doch wirklich merkwürdig, dass nun der Ausstieg vom Ausstieg überprüft werden soll. Wieso eigentlich? Sind unsere AKWs auch nicht M8.9 tauglich? oder verläuft eine Subduktionsstörung unterhalb deutscher Länder, die bisher unentdeckt geblieben ist? Oder wird hier versucht den "drohenden" 50% Zustimmung für die Grünen in den nächste Wahlen etwas Aktivismus entgegen zusetzen? Könnte ja auch sein, das die AKWs nicht JumboCrash tauglich sind, aber das ist doch alles schon vor dem M8.9er Beben in Japan bekannt gewesen. Oder hat sich mit dem M8.9er auch die Qualität unserer AKWs durch Zauberhand reduziert?
Merkel manövriert durchsichtig Richtung Wahlen: Gratulation! so wird das dann auch nix.

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