23 März 2011

Lügen

Grade ist was ganz blödes passiert. Auf einer Do-it-yourself-Seite bin ich über eine Anleitung zum Entlarven von Lügen gestolpert. Sowas will doch jeder wissen: Lügt das Gegenüber etwa? Do-it-yourself!

Habe ich die Anleitung also durchgearbeitet, war nicht sehr lang. Und in ihren Hinweisen weder besonders überrraschend noch besonders tiefsinnig, lauter Kriterien, die man schon einmal irgendwo gehört oder sich selbst bereits gedacht hat. Das Problem dabei: Nach dieser Anleitung muss Der Große Bloguator™ im täglichen Leben auf seine Gesprächspartner wirken wie Der Notorische Lügner Schlechthin. Also wohl unsolide. Das würde einiges erklären.

Dabei liegt mir das notorische Lügen fern. Die Wahrheit ist meist bequemer, weil es einfacher ist, sich an Begebenheiten zu erinnern, statt welche zu erfinden.

Die folgende Ausarbeitung kommt auch deshalb zustande, weil zur Zeit diese furchtbar dämliche Fernsehserie "Lie to Me" läuft, in die ich letzte Woche einmal aus Neugier geraten bin. Viele Zuschauer glauben vermutlich sogar den Mist, der da so behauptet und pseudowissenschaftlich vorgetragen wird. Dabei gehört die ganze Konstruktion der Serie zum größten Humbug, den man zum Thema verzapfen kann.

Andererseits sei noch vermerkt, dass es eine Reihe von "Zauberkünstlern" und vermutlich auch Psychologen gibt, die sehr wohl aus den unwillkürlichen nonverbalen Äußerungen ihres Gegenübers zutreffende Schlüsse ziehen können. Das ist ebenfalls spektakulär und dabei nicht so entsetzlich dämlich wie die Serie Lie-to-me.
Lügen erkennen & entlarven: finde heraus, ob jemand lügt

Schritt 1:  Augen lügen nicht

Üblicherweise heißt es ja, dass Tränen nicht lügen, aber darauf ist nicht wirklich Verlass. Aber mit geübten Blick kann man an den Augen erkennen, ob das Gegenüber die Wahrheit spricht, denn Augen verraten uns etwas über den Wahrheitsgehalt der Aussagen.

Es gibt Untersuchungen, die ergeben haben, dass eiskalte Lügner nicht wie immer angenommen den Augenkontakt vermeiden, sondern ihrem Gegenüber gerade in die Augen blicken, um den angeblichen Wahrheits­gehalt ihrer Aussage zu betonen und Vertrauen zu provozieren. Ein direkter Blickkontakt ist also kein Hinweis auf Wahrheit oder Lüge.
So weit ist noch alles im Grünen Bereich (hier blau dargestellt). Aber dann:
Aber es gibt einen anderen Hinweis: in welche Richtung schaut die Person? Denn der Blick nach rechts ist in der Regel mit dem Erinnern an bestimmte Situationen, Bilder und Eindrücke verbunden - und andersherum ist der Blick nach links mit dem Erfinden und Vorstellen von Situationen verbunden. Will heißen: wer beim Reden nach rechts schaut, berichtet aus seiner Erinnerung, wer nach links schaut, erfindet gerade etwas.
Sowas hört man öfter mal. Das wird zum Problem, wenn man Linkshänder ist: Da sind die Funktionen der Gehirnhäften angeblich vertauscht. Trotz einem Anteil von 15% Linkshändern findet sich nirgends in der Literatur eine ernsthafe Erläuterung dazu. Und dann gibt es noch die umerzogenen Linkshänder - die machen einige Sachen mit der rechten Hand, einige mit der linken, und durch die Umerziehung in früher Jugend wird sich wahrscheinlich einiges davon in der Benutzung der Gehirnhälften widerspiegeln.
Und für Profis: Menschen, die die Wahrheit sagen, haben größere Pupillen.
Menschen, die aufgeregt sind, auch. Deshalb wurde einst Belladonna erfunden. Es macht einen attraktiver.
Schritt 2:  Lächeln

Neben den Bewegungen der Augen ist das Lächeln ein weiteres Anzeichen, das sich im Gesicht ablesen läßt. Ein gestelltes Lächeln, das den angeblichen Wahrheitsgehalt einer Aussage unterstreichen oder das Gegenüber für sich gewinnen soll, spiegelt sich im Gesicht weniger wider, denn das echte Lächeln. Denn das unechte Lügnerlächeln ist eigentlich eine Bewegung, die nur vom Mund aus ausgeht. Das ehrliche Lächeln breitet sich im ganzen Gesicht aus, zieht Falten, schafft Grübchen und läßt die Augen strahlen.
Die Autorin meint wohl den Unterschied zwischen dem willkürlichen und dem unwillkürlichen Lächeln. Schade eigentlich: Manchmal will man einfach nur nett sein - und man möchte, dass das Gegenüber das auch sieht. Das wäre dann durchaus willkürliches Lächeln ohne böse Hintergedanken oder absichtliche Täuschung.
Schritt 3:  Körperspache

Gute Hinweise auf die Ehrlichkeit des Gegenübers geben die Hände: lügt jemand, so bewegt er sie nicht frei, das heißt die Hände sind unter Spannung, die Gestik ist eingeschränkt und vor allem nicht offen. Selten wird man die Handinnenseiten sehen oder die Hände werden nicht flach auf Brustkasten, Bauch oder Herz gelegt werden.
In einigen Regionen der Welt legt man die Hand aufs Herz, wenn man jemanden begrüßt oder ihm eine Ehre erweisen will. Finde ich eine schöne Geste, mache ich reflexmäßig auch.

Geübte Redner strecken gerne mal die Hand aus, Fläche nach oben, eine Bewegung mit etwa dem Gehalt "es liegt auf der Hand". Gerade so etwas wird bewusst eingesetzt, um ein Gegenüber zu überzeugen. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage steht damit in keinem Zusammenhang.
Ein Lügendetektorgerät misst unter anderem auch Blutdruck und Schweißbildung. Beides kann der vermeindliche Lügner nicht beeinflussen, aber leider ist es auch nicht ganz einfach beides zu messen, wenn einem jemand gegenüber sitzt und suspekt vorkommt. Allerdings kann man die Schweißbildung unter Umständen beobachten: Schweißflecken unter den Achseln, auf der Tischplatte nachdem die Hand darauf lag oder verschmierte Gläser durch schwitzige Hände.
Ich weiß ja nicht, wie es anderen Leuten geht: Häufig wird man mit etwas konfrontiert, woran man sich ohne Anlauf nicht mehr so genau erinnern kann. Dann fängt man an zu schwitzen und/oder stottern, weil man meint, man hätte was falsch gemacht. Einige Zeit später ist das Erinnerungsvermögen so weit wieder hergestellt, dass man weiß: Kein Grund zur Aufregung, man hat nichts falsch gemacht, alls war damals so verlaufen, wie es sein sollte. Aber nun hat man schon geschwitzt und gestottert und steht bestenfalls als kompletter Idiot, wahrscheinlich aber auch als schlechter Lügner da.
Im Übrigen wird jeder Lügner versuchen seine wahren Gefühle zu vertuschen, weswegen er insgesamt eher angestrengt wirkt oder zumindest ein maskenhaftes Gesicht aufsetzen wird, um eigene Gefühlsausdrücke zu unterdrücken.
Nehmen wir als Beispiel mal ein Vorstellungsgespräch: Wer wird da wohl entspannt sitzen und plaudern, auch wenn er gar nichts zu verbergen hat?
Schritt 4:  Sprache & Stimme

Abgesehen davon, dass sich Lügner gerne einmal in ihren Lügen verstricken, kann man aber auch anhand anderer Aussagen den Wahrheitsgehalt analysieren. Ein Lügner ist zum Beispiel froh, wenn das Thema wechselt, während jemand, der die Wahrheit sagt, eher irritiert ist, wenn unvorhergesehen über was anderes gesprochen wird.
Konversationsgenies wie Der Große Bloguator™ sind überhaupt nicht irritiert, wenn das Thema unvorhergesehen wechselt. Sie kommunizieren ohnehin in größeren Bögen und so kommt man halt nach einer Runde durch die Interessengebiete aller Gesprächsteilnehmer zurück auf das ursprüngliche Gesprächsthema.
Auch Gesprächspausen sind dem Lügner eher unangenehm, er wird versuchen sie möglichst kurz zu halten und möglicherweise sogar ins Plappern kommen, also viel "Füllmaterial" von sich geben ...
Aha. Nun ist genau dieses eine der Konversationstechniken des Großen Bloguators. Sie trägt den Titel "Das Gespräch in Gang halten". Man gibt dem Gegenüber ein paar Anreize, auf die es dann irgendwann hoffentlich wieder in das Gespräch einsteigen wird.
... und Deine Fragen wiederholen anstatt sie zu beantworten und klare Aussagen vermeiden. Verbunden mit der Angst enttarnt zu werden, ist der Lügner - sofern er nicht völlig abgebrüht ist - aufgeregt ...
...so wie jeder halbwegs durchschnittlich funktionierende gewöhnliche Mann, wenn er einer aufregenden Frau gegenüber sitzt.
... weswegen er sich häufiger als üblich räuspern wird und seine Stimme etwas höher sein wird.
Wahrscheinlich deshalb ist die Welt voller Männer mit hohen Stimmen.
Mit diesen Merkmalen sollten Euch nun eigentlich alle Lügner ins Netz gehen.
Und außerdem ich, Der Große Bloguator™. Tja. Schade.

Über die Autorin habe ich außer dem Pseudonym waldwichtl nichts konkretes gefunden. Hier die vollständige Anleitung:


"Lügen erkennen & entlarven: finde heraus, ob jemand lügt"


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