10 März 2014

Darwin-Award

Kennzeichen der Darwin-Awards ist auch, dass der Leser sie mit einer Mischung aus Schadenfreude und Fassungslosigkeit zur Kenntnis nimmt. Weil der im Folgenden beschriebene junge Mann sicher Angehörige hat, wird hier ausnahmsweise auf Schadenfreude verzichtet und stattdessen die Zeitungsmeldung zitiert:

S-Bahn-Surfen Valerian (19) raste in den Tod

Berlin –  05.03. 2014

War es Todessehnsucht, die Suche nach dem zweifelhaften Kick oder eine größenwahnsinnige Mutprobe? Ein junger Germanistik-Student ist in der Nacht zu gestern beim S-Bahn-Surfen ums Leben gekommen. Seine Freunde mussten alles mitansehen. Jetzt ermittelt die Bundespolizei.

Der S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke in Schöneberg, es ist 1.15 Uhr in der Nacht zu Mittwoch. Nach einem lustigen Männerabend kommen Valerian V. und seine Freunde auf eine ebenso dumme wie lebensgefährliche Idee: S-Bahn-Surfen.

Als eine Bahn der Linie S1 einfährt, klettern die Freunde im Dunkel der Nacht auf den Zug, niemand bemerkt die Truppe. Dann setzt sich der Zug in Bewegung, wird immer schneller und rast in Richtung S-Bahnhof Schöneberg.

Zunächst geht alles gut. Dann fährt die Bahn an einen Tunnel heran. Es kommt, wie es kommen musste: Valerian V. stürzt bei voller Fahrt vom Waggon, schlägt auf dem Boden auf – und ist tot. Seine vier Freunde hingegen schaffen den Absprung rechtzeitig. Und müssen aus einiger Entfernung mitansehen, wie ihr Freund seinen Leichtsinn mit dem Leben bezahlt.

Angeblich gehörte Valerian aber nicht fest zur Berliner S-Bahn-Surfer-Szene. Er studierte stattdessen Deutsche Literatur an der Humboldt-Universität, war seit August 2013 sogar Mitglied einer elitären Literaturinitiative.

Auf seiner Facebook-Seite zitierte er kürzlich den Schriftsteller Oscar Wilde: „Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht ...“

“Seine Freunde mussten alles mitansehen”.

Unter anderem wegen der S-Bahn-Surfer wurde die Bahn schon vor Jahrzehnten mit immer komplizierteren Schließmechanismen ausgestattet. Die Türen haben außen und innen keine Griffe mehr. Man kommt nicht einfach auf das Dach einer S-Bahn - man muss sich anstrengen.

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