15 Juni 2014

Chronik der Kürbiskriege! Große Städte (2)

Die Indianer waren sich einig, dass für jede Segnung auch eine Anstrengung erforderlich war, und dass man nicht jeden einzelnen Handgriff mit einem anderen Handgriff aufwiegen musste. Selbst wenn sie besser rechnen gekonnt hätten - sie rechneten nicht. Auch der Umstand, dass man ein Feld bestellen musste, wenn man später ernten wollte, leuchtete ihnen ein.

Die Idee von 'Reichtümern', die man ansammeln konnte und für die gar keine Arbeit notwendig war, war ihnen daher völlig unverständlich. Dafür brauchte es einen fantasievollen Erfinder wie Rauchender Haufen.

"Na er dachte an so etwas wie eine Schinkenkeule..."

"Warum wollte er dort hinlaufen, damit ihm jemand eine Schinkenkeule gibt? Die kann er doch auch hier machen."

"So sehe ich das auch. Und er dachte an Schmuck, glitzernde Steine, Farben. Sie machen dort angeblich kleine Figürchen aus dem 'Gold'."

"Was will er denn damit?"

"Ich habe keine Ahnung. Jedenfalls hat er einen Beutel voll Gold gesammelt und ist losgelaufen, immer dahin, wo die Sonne im Zenit steht."

"Dort ist es noch heißer als bei uns, habe ich gehört?"

"Frag ihn selbst, wenn er wieder da ist. Er ist mehrere Monde lang gelaufen."

"Kommt da nicht ein Fluss?"

"Frag ihn selbst. Irgendwann kam er schließlich zum Wald. Sie haben dort angeblich viel dichteren Wald als bei uns."

"Das ist nicht schwer. Ich kenne Wald. Der hier bei euch ist wirklich dünn."

"Nach einem Marsch durch den Wald kam er bei einem Riesenpueblo an. Nicht so am Hang, wie unseres, sie haben dort keine Hänge. Und auch keinen Canyon, sagt Rauchender Haufen."

"Wie kann man nur so leben?"

"Der Pueblo ist riesig-riesig, sagte er. Der ist größer als alle unsere Pueblos hier zusammen, und noch die Dörfer von den Leuten in den Zelten dazu."

"Das glaubst du? Hat Rauchender Haufen da nicht geflunkert?"

"Er hat nachgezählt. Und irgendwann ist ihm alles ausgegangen, was man zum Zahlenmerken nehmen kann. Und er war immer noch lange nicht fertig."

"Das glaubst du ihm?"

"Sicher, seit wir Zahlen haben, sind die Zahlen seine Leidenschaft. Der Pueblo dort ist nicht nur unzählbar groß - es gibt angeblich sogar viele davon, naja, mehrere, jeweils im Abstand von einem Tagesmarsch. Sie nennen es eine 'Stadt'."

"Dort leben wirklich Menschen? Ist das nicht furchtbar laut? Eng?"

"Rauchender Haufen sagt, dass er auch sehr schockiert war. Aber ich glaube ihm seine Geschichten, er ist ein sehr guter Beobachter. Wenn er etwas nicht versteht, dann sagt er es. Wenn er etwas versteht ... also, wenn er glaubt, dass er etwas versteht ... dann muss er es ausprobieren. Es ist furchtbar! Aber er ist ein sehr zuverlässiger Beobachter."

"Und was ist mit meinem Kater?"

"Dazu komme ich noch. Gedulde dich, es ist eine längere Geschichte. Nimmst du noch einen Kürbis Bier? Die sind diesmal wirklich sehr klein."

Fatale Sandale nahm gern noch einen Kürbis Bier. Roo-Arr erzählte weiter:

"In der Stadt haben sie auch einen Chef. Aber Rauchender Haufen sagt, dass der nicht gewählt wird."

"Was denn sonst?"

"Er ist der Chef, weil sein Vater der Chef war."

"WAS? Was ist denn das für ein Unfug? Das ist doch maßlose Dummheit! Wenn einer Chef werden soll, dann muss er doch erst zeigen, dass er das kann! Nur weil sein Vater Häuptling war, heißt das doch lange nicht, dass der Sohn das auch kann. Ganz im Gegenteil!"

"Im Gegenteil?"

"Die Söhne von Häuptlingen, das sind doch meistens so verwöhnte, verzogene, faule und überhebliche Bürschchen!"

"Ich hoffe, du meinst damit nicht meinen Sohn? Macht Blumenth'al diesen Eindruck?"

"Aber ... aber nein! Selbstverständlich nicht dein Sohn! Dein Sohn ist wirklich ganz in Ordnung - aber die anderen!"

"Na schön. Dort in der Stadt ist so ein Chef, der sein verantwortungsvolles Amt vom Vater geerbt hat, der es seinerseits auch schon geerbt hat, nicht einfach Häuptling. Sie haben einen besonderen Titel für so einen, er nennt sich 'König'."

"Natürlich, so ein Angeber muss auch einen exotischen Titel haben."

"Es kommt noch besser: Der König denkt, dass er Gott ist."

"Du meinst, wie die Ahnen? Nur in lebendig?"

"Nein, viel größer: Er hält sich für den Herrscher über die Ahnen."

"Wie stellt er sich das vor? Der ist doch völlig durchgedreht. Die Könige dort sind offenbar noch viel verrückter als hier meine Kranken. Das lassen sich die Leute gefallen?"

"Es ist vermutlich eine andere ... Kultur."

"Na, Kultur ist doch sicher nicht das richtige Wort für diese Wahnsinnigen!"

Die Indianer hatten eine genaue Vorstellung von Kultur und sie waren sehr stolz darauf.

Keine Kommentare:

kostenloser Counter