14 August 2016

Erstaunen

Jesus war überrascht: "Die haben dir ein paar aufs Maul gegeben? Warum denn? Die sind doch sonst total friedlich. Hast du sie provoziert?"

"Gaaar nich..."
 

"Aha, du hast sie also provoziert!"
 
"Der Herr sagt: Die nicht von deinem Stamm sind, reiße mit Stumpf und Stiel aus!"
 

"Wer?"
 

"Dein Papa!"
 

"Wann soll er das gesagt haben?"
 

"Das war ein Befehl!"
 

"Wie: Befehl?"
Jesus versuchte, aus den Ereignissen schlau zu werden - aber mit diesen Jüngern war das nicht leicht.

"Der Herr sagt: Reiße sie mit Stumpf und Stiel aus!"

"Das war ein Witz, Mann! Das war einer von Papas blöden Witzen!"

"Er sagt: Reiße sie aus - du wirst dafür das Paradies schauen!"

"Ja. Von außen."

"...das Paradies schauen!"


"Und dafür lässt du dir aufs Maul geben? Am Ende habe ich die Brüder noch am Hacken, weil meine eilfertigen Jünger sie mit sinnloser Gewalt provoziert haben! Weißt du, die kreuzigen ebenso gerne Leute wie die Römer!"

"Aber es war ein Befehl vom Herrn!"


Jesus war am Verzweifeln: Sein Vater mit seinen dämlichen Witzen und seine Horde humorbefreiter Jünger... täglich musste er mit seiner Erziehung von vorn anfangen. Er sprach:

"Stell dir vor, du stehst auf einem Hausdach."

"Ja."


"Hohes Hausdach."


"Ja."


"Hast dus?"


"Ja."


"...und jemand sagt: Wenn du runterspringst erhältst du tausend Goldstücke dafür."


"So viel?"


"Genau. Du springst also. Und anschließend verlangst du deine tausend Goldstücke."


"Aber dann bin ich doch tot!"


"Tja. Pech."


"Aber dann habe ich doch gar nichts von dem ganzen Gold!"


"Das Leben ist kein Honiglecken."


Jesus liebte es, seine unterbelichteten Jünger mit schiefen Gleichnissen zu quälen. Für irgendetwas mussten die doch gut sein.

Doch da kam auch schon der eine, der seinem Jünger aufs Maul gegeben hatte, und fragte höflich, ob er vielleicht trotzdem beim nächsten Abendmahl mitmachen dürfe. Diese Brüder kamen von weither, aber sie waren gottseidank nicht nachtragend.

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