16 April 2017

Beweis

Die Serie Neid, Gier, Geiz umfasste bislang hauptsächlich theoretische Wehklagen und Abhandlungen. Hier beginnt nun auch der praktische Teil - weniger romantische Gemüter würden es vielleicht als “Beweis” bezeichnen.

Vorrede:

Eine der Grundlagen von Wohneigentum ist, dass sich Wohnhäuser mit mehreren Parteien drin schlecht teilen lassen. Man kann ganz schwer sagen, wo der Anteil des einen endet und der des Nachbarn anfängt. Weil der Gesetzgeber aber nun einmal Wohneigentum unbedingt fördern möchte, tut er es trotzdem und nimmt eine Abgrenzung vor.

Das geschieht derart, dass zuerst eine Eigentümergemeinschaft gebildet wird. In dieser wird man Mitglied, hat Mitspracherecht und muss auch mitbezahlen, wenn die Gemeinschaft etwas zu bezahlen hat.

In der Praxis ist so eine Eigentümergemeinschaft natürlich nur selten ein Zusammenschluss gutwilliger Menschen mit gleichen Zielen. Sondern eine Zwangsgemeinschaft von Leuten mit höchst verschiedenen Bestrebungen und Idealen. Das beginnt bei Sauberkeit, vermeintlicher Ordnung, Geräusch, und reicht bis zu sehr unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten.

Um ein Mehrfamilienhaus überhaupt aufteilen zu können, werden alle Teile, die nicht einfach einem einzelnen Eigentümer zugeordnet werden können, dem Gemeinschaftseigentum zugeschlagen. Dies betrifft zuerst natürlich alle tragenden Bauteile: Wände, Decken, Fundamente, aber auch Fassaden, Dächer, Wärmedämmung oder Fenster. Und Balkone.

Zum privaten Teil jedes einzelnen gehören nichttragende Wände, Badausstattung, alle inneren Wandoberflächen und Bodenbeläge. Auch die Beläge des Balkons.

Vorredeende.

Wer Wohneigentum kauft, legt meist eine sechsstellige Summe an. Man darf vermuten, dass vor einer solchen Investition die meisten Menschen den Kaufvertrag genau durchlesen. Heißt: Ein Wohnungseigentümer weiß in der Regel genau, was er da macht. Es ist auch wirklich nicht so schwer.

Aber die Faustregel sagt: “Auf zehn Eigentümer immer mindestens ein Arschloch!”

Und hier nun ein schönes Beispiel: So klar wie Kloßbrühe gehören Balkone zum Gemein­schafts­eigentum. Das ist bereits seit der Erfindung des Wohneigentums der Fall - wenn nicht sogar seit der Erfindung des Balkons.

Aber in fast jeder Eigentümergemeinschaft ist einer, der es nicht glauben will und stänkert. Obwohl er ausdrücklich genau das mit seiner Unterschrift auf dem Kaufvertrag bestätigt hat.

Hier also ein Dachbewohner, der keinen eigenen Balkon hat und deshalb denkt, das er sich vor der Zahlung drücken könne¹:

Üblicherweise haben Dachwohnungen aber Terrassen, welche erheblich aufwändiger herzustellen sind als Balkone, also: Teurer. Dieser hier will so etwas natürlich nicht wissen - und das kommt gar nicht so selten vor.

Eine leichte Retourkutsche der übrigen Eigentümer wäre gewesen, wenn sie den Mann in Zukunft alle Dachdecker- und Wärmedämmarbeiten hätten alleine bezahlen lassen, weil er ja der einzige mit einem Dach ist.

 

 

 


¹ stammt aus dem Immobilienteil des Tagesspiegel vom Wochenende

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