14 Juni 2017

Musik und Tön

Heute: Windschatten



Ick fahre ooch manchmal mit dem fahrrad. Janz schön oft. Also: Janz schön oft fahre ick manchmal mit dem fahrrad. Und wenn ick mit dem fahrrad unterwegs bin, denn habe ick dit eilich. Meine frau susanne sacht denn immer: "Du musst die Schallmauer nicht durchbrechen! Jedenfalls nicht mit dem Fahrrad!"

Dit sacht sie jedet mal. Vülleicht hat se da irjendwie recht. Aba ick habs eilich! Wenn ick mit fahrrad unterwegs bin, denn kenne ick nur die zustände 'schnell' und 'tot'. Mit dem fahrrad muss ick nämlich keen parkplatz suchen und sowat.

Und ick fahre jerne schnell. Mit 'schnell' meine ick: Wenn mich wer überholt, denn sitzt der in nem fluchzeuch. Eener uf nem fahrrad soll ruhich mal versuchen, da bin ick sehr jespannt.

Neulich kommt aba so eener. Ick bemerke nen schatten hinter mir. “Jibste eben mal n bisschen gummi” denke ick. Der bleibt dran. An der ampel sehe ick: Der tüp is vülleicht jenauso alt wie icke, also ooch nich mehr janz neu. Aba in volle profimontur, so fahrrad-clown: Atmungsaktive kleidung, carbonrahmenfahrrad mit achtunddreißich gänge, leichtbaurucksack, helm.

Helm-Radfahrer! Wer mit helm radfährt hat mit dem leben abjeschlossen. der besteht nur noch aus angst und nich mehr aus freude! Natürlich is dit sicherer, wenn ick mit helm unter nen abbiegenden laster jerate, schon klar. Wenn der zwanzichtonner endlich zum stehen kommt, denn is allet von mir matsch, außer dem helm.

Also, fährt eener mit helm hinter mir, janz knapp, kann sojar janz jut mithalten. Nich schlecht für sein alter. Nach ne weile dämmert mir: Der fährt nich rad - der saugt windschatten! Oijoijoi, wie tief kann een erwachsener mensch sinken!

Mein normaler spruch in so ne situation is: "Versuch doch erstma, dich in meinem windschatten zu halten!"

Kann der, immerhin. Der wind kommt ja ooch von vorne, und dit is richtijer gegenwind, nich bloß een bisschen fahrtwind. Schade. Meine antiquität is für so ernste rennen leider nich jemacht, torpedodreigang, 26er-räder, dit fahrrad wird nämlich diesen sommer fünfzich jahre alt. Der tüp mit dem helm sitzt uffm achtunddreißichgang-renner.

Ick jebe nochmal ordentlich gummi, aba so kann ick den nich abschütteln. Der saugt windschatten auf profesionellem niveau. Vülleicht dreißich zentimeter abstand zwischen seinem vorderrad und meinem antiken rücklicht. Fahrn wir hier im wallonischen kreisel?

... dit is ne technik ausm profiradsport, windschattenfahrn, da wird dit so jemacht - is aba zwischen die beteilichten ooch so abjesprochen. Zwischen uns nich, also: dem alten knacker aus meinem jahrgang und mir. Da werde ick eigen. Wieso soll ick nem freitzeitler mit helm windschatten spenden? Ick steige in die eisen.

... für die auswärtije leserschaft: Ich führe eine Vollbremsung durch...

Der tüp rumpelt mir hinten druff. "Was soll das?!?"

Icke, immerhin der anjefahrene: "Wat soll wat?"

"Warum bremst du denn?"

"Muss ick ab jetz jedet mal erklären, warum ick bremse, wenn ick bremse?"

"Du siehst doch, dass ich hinter dir fahre!"

"Wat? Wieso fährst du denn so dicht hinter mir?"

"Das ist ... das ist ... wegen ..."

"...jaaaa?"

"Weil - da ist doch Windschatten!"

"MEIN windschatten?"

"Ja!"

"Also der windschatten, den ick kraft meine anstrengung erzeuge und du nich?"

"Äh, ja."

"Aha."

"Aber ... der Windschatten ist doch da!"

"Der is nur da, weil icke den mache, oder? Und wenn ick bremse, nich mehr."

"Äh, ja."

"Hm. Wenn du bei hohem tempo in dreißich zentimeter abstand hinter wem herfahren willst, lernste vülleicht erstma radfahren."

"Also, hörmal!"

"Oder du sachst dem eben: 'Hallo, ich bin ein geborener Schnorrer, und ich würde gerne ein wenig von deinem Windschatten profitieren, ohne mich selbst anzustrengen!' "

"Also, hörmal...!"

"Is dit nich der richtije text?"

"Das ist doch ganz etwas anderes!"

"Wo?"

"Was wo?"

"Wo is dit wat anderes? Du bist echt schwer von capé, wa? Sage mal - wat fürn hirn willst du mit dem helm eigentlich schützen?"

"Du kannst doch nicht einfach hier bremsen! Einfach so!"

"Und wahrlich, ick sage dir, dit jeld für den helm war rausjeworfen - da is keen hirn zu schützen. Die kohle für dit teure fahrrad wahrscheinlich ooch."

"Spinner!" sind die letzten worte, die ick von dem tüpen höre. Denn rollt er unbeholfen vorbei, überquert die ampel bei rot, biecht rechts ab und braust alleene davon. Ohne windschatten. Also ziemlich langsam.

Ick hätte jerne jesehen, wie der so alleene zurechtkommt, aba mein weg führt leider jeradeaus weiter. Und außerdem hab icks eilich!

3 Kommentare:

ni hat gesagt…

oh super, orjinalsprech! mehr, mehr!

Anonym hat gesagt…

Wat, Kasupke (www.morgenpost.de/kolumne/kasupke) postet jetzt ooch bei Dir?

<°((( ~~ hat gesagt…

Ich weiß nicht, warum Kasupke meinen Busfahrer kopiert - aber dieser hier ist selbstverständlich das Original! :-)

Musik & Tön vom 15.12. 2006

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