29 Dezember 2006

Der Berliner spricht

Und nun zu etwas ganz anderem...

In Berlin spricht man komisch. In Berlin sagt man Tüsch und Füsch, und eine Kürsche ist nicht zwingend Steinobst, sondern vielleicht ein Gotteshaus.

Im gesprochenen Berlinisch reimt sich Hinab auf Grab, obzwar diese Wörter einmal ein kurzes und einmal ein langes A haben.

Wenn der Berliner spricht, reimt er Funk und Trunk auf Entschuldigung, obwohl er das natürlich nie so intellektuell affektiert aussprechen würde. Sondern: 'schulljunk!

Der Berliner weiß genau, dass der Reim von Trunk auf Entschuldigung inhaltlich überhaupt keinen Sinn ergibt - deshalb reimt er ihn ja so. Außerdem entschuldigt sich der Berliner im Normalfall nicht.

An sich ist der Berliner ebenso fremsprachenresistent wie alle anderen Deutschen auch. Die letzte ernsthafte französischen Besetzung der Stadt ist 200 Jahre her. Aber immer noch spricht der Berliner Worte, deren Ursprung er für Französisch hält, so aus, wie er sich Französisch vorstellt. Er sagt Schemie (mit hartem SCH) und Droscherie (mit weichem SCH).

Vor allem aber spricht der Berliner bei der Anrufung des Baukünstlers so, wie der es verdient hat: Er sagt Arschitekt.

Im Berlinischen gibt es zwei Wörter, die legitim mit TZ anfangen, nämlich Tzven und Tzychologie.

Der Berliner beschreibt solches Verhalten sinngemäß damit, dass er die Sprache gern bis zur Kenntlichkeit entstellt.

Aber weil die Berliner Straßenbenamungsbehörde diese Leidenschaft zum sinnvollen Mißbrauch der Fremdsprache schon lange entlarvt hat, gab sie dem Bürger eine echte Herausforderung. Als Mahnung und letzte Warnung wird ein Straßenname verwendet, den wahrscheinlich allenfalls 3% der Deutschen verständlich - oder wenigstens unfallfrei - aussprechen könnten. Und noch viel weniger können ihn authentisch¹ schreiben.

...???

Straße heißt: "Allée Camille Saint-Saëns".

Sowas wird vom oben erwähnten Berliner gewohnheitsmäßig intoniert als Allee Kamille Seng Sa-Eng ... anschließend kommt eine schöne Buchstabieraufgabe mit siebenunddreißig Vornamen.²



¹ ähm, wo kam da nochmal das H hin? Mist. Jetzt muss ich authentisch nachschlagen.

² das ist diese Macke, anstatt einfach die Buchstaben verständlich auszusprechen³, KAUFMANN EMIL MANFRED ANTON LUDWIG zu sagen, wenn man einen türkischen Jungennamen buchstabiert.

³ ich würde auch "hartes B" und "weiches B" verständlich finden - as used in Franken.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

alle kamellen ist eng.

Anonym hat gesagt…

Kommen Sie gut rein Herr Goldfisch und alles Gute fürs 2007!

100 Goldfischli hat gesagt…

Hallo! Meister 500! Können Sie das bitte noch ein wenig erläutern!?! Sonst gibt das leider einen Punktabzug...

Aber mal abgesehen vom aktuellen Punktestand wünsche ich Euch beiden ein Frohes neues Jahr! Glück! Gesundheit! Und all das, wovon Eure Geschichten immer so handeln...

Ach, die handeln gar nicht so oft von Glück & Gesundheit? Ganz im Gegentum? Na, trotzdem!

Und dem Herrn Grob - falls er hier mal reinsieht - wünsche ich fast nichts von dem, was in seinen Geschichten immmer so passiert, sondern nur Glück! Und Gesundheit.

Prost!

Moritz hat gesagt…

"Der Berliner entschuldigt solches Verhalten sinngemäß damit, dass er die Sprache gern bis zur Kenntlichkeit entstellt."

Auch die Zugereisten sollten wissen, dass dieser Satz nicht ganz korrekt ist: ein Berliner entschuldigt sich nicht. Allenfalls werden die unverstandenen Satzfragmente für die Auswertigen laut grunzend wiederholt; aber auch das nur, wenn wir gut drauf sind. Das ´tschuljunk ist lediglich dem engen Familienkreis vorbehalten, wird jedoch meist vermieden.

100 Goldfischli hat gesagt…

Ja, ganz recht, ich dachte, ich hätte das sinnreich zum Ausdruck gebracht. Werd's gleich mal korrigieren, wa.

100 Goldfischli hat gesagt…

"Werd's gleich mal korrigieren, wa."

[x] Done.

Aber dafür hat die Berliner Straßenbenamungsbehörde anscheinend auch die Sache mit der Allee~ berichtigt. Schade eigentlich.

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