22 Januar 2007
Telefone und Anschlussgebiete
Neuigkeiten aus den Anschlussgebieten
Seit neuestem wird man mit Werbung für Kommunikationsleitungen terrorisiert, die den unauffälligen Zusatz enthält: "...in einigen Anschlussgebieten vorhanden." Unauffällig gemeint. Vermutlich fällt den meisten Werbeopfern dieser weichgespülte Zusatz zum Killerslogan wieder mal gar nicht auf. Schließlich ist man schon froh, wenn die Werbung überhaupt wieder ein wenig leiser wird.
Was mich stört, sind ja nicht die "Anschlussgebiete", die man seit einiger Zeit doch wieder Österreich nennt.
Nein, wenn ich diesen Zusatz lese oder höre, denke ich mir immer:
"Will ich doch hoffen, dass das [¹] wenigstens in einigen Anschlussgebieten vorhanden ist! Schließlich bedrängen mich die Brüder ja mit ihrer Werbung dafür!" Und wenn es etwas nicht gibt, brauchten sie doch nicht extra Geld rauszuwerfen, um mich zu nerven?
Die feinsinnigen Kommunikationskreativen meinen natürlich was ganz anderes. Sie wollen vor allem sagen, dass das Angebot in einigen Anschlussgebieten NICHT vorhanden ist. Wenn ich an der Eisdiele stehe sage ich schließlich auch: "Ich möchte KEIN Eis." Komisch ist nur, dass mir der Eismann dann auch meistens keins gibt. Das ist eben Logik von Kommunikationsdesignern - so heißen Werber an neueren deutschen Hochschulen.
Aber die Werbebrüder wollen ja ganz woanders hin. Sie müssen solche Sachen sagen, damit man sie am Ende nicht verklagen kann: Etwa, wenn man am Arsch der Welt wohnt und sie aus Gründen der wünschenswerten Return-on-Investment-Relation leider keine Leitung bis an den Arsch der Welt legen wollen - obwohl sie grade das ja großspurig versprechen. Stichwort "Ressourcen-Effizienz", welches die neuhochdeutsche Form für "Raffgier" ist.
Die unauffällige Formulierung "In einigen Anschlussgebieten vorhanden" hat ihren Ursprung in der Erkenntnis, dass sich Sachen NOCH BESSER verkaufen lassen, wenn man etwas positives darüber sagen kann. Will einem dieser Kreativen außer "sinnvoll" oder "hilfreich" oder "praktisch" beim besten Willen nichts positives einfallen, soll es wenigstens nicht unangenehm sein. Und als unangenehm empfindet der Mensch anscheinend inzwischen alles, in dem eine negative Formulierung auftaucht. Kurz gesagt: Der Mensch mag das Wort NEIN nicht gerne hören - sonst kauft er nicht. Nun, woran erinnert uns das?
Genau: Kinder hören das Wort NEIN gar nicht gern, und wenn sie es schon hören müssen, wollen sie es nicht verstehen. Eltern hoffen dann immer von ihren Kindern, dass die irgendwann aus diesem Alter rauswachsen. Im Verlauf der Erziehung lässt sich das NEIN selten ganz vermeiden und Eltern sagen in solchen Fällen "Dann ist das eben so, gewöhn dich dran!"
Die Entwickler von Werbebotschaften versuchen einen anderen Weg: Wenn man den Kindern erst gar nicht NEIN sagt, brauchen sie es nicht zu hören und können ewig auf der Entwicklungsstufe der unbegrenzten Wunscherfüllung bleiben.
Seltsam? Kinder die Telefonanschlüsse bestellen? Oder eher Werbefachleute, die erwachsene Kunden wie unmündige Kinder behandeln? Meine Empfehlung: "Merkmal in einigen Anschlussgebieten vorhanden? Nicht kaufen, liebe Kinder!"
¹ beliebiges Beworbenes hier einsetzen
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