29 Juni 2007
Chronik der Kürbiskriege
Der Chef (2)
Roo-Arr hasste seinen Job. Und er hasste sich dafür, dass er ihn angenommen hatte. Er hatte nun mal ein weiches Herz. Und er hatte das Amt vor allem deshalb bekommen, weil alle anderen kompetenten Stammesmitglieder abgesagt hatten - zum Teil mit fadenscheinigen Ausreden. Er selbst betrachtete sich bestenfalls als zweite Wahl. Jetzt versuchte er das beste daraus zu machen: In der Indianer-Öffentlichkeit gab er willkürlich schroffe Kommandos - und intern wurde diskutiert.
Wenn eine der Abmachungen nicht umgesetzt wurde - was relativ häufig geschah, wie man sich leicht ausmalen kann - glaubten die anderen Stämme, dass es dafür sicher einen triftigen Grund geben müsse, oder dass es die Clatchis vielleicht vergessen hätten. „Vergessen" galt auch als triftiger Grund. Zumindest unter Indianerstämmen, die sich gegenseitig mit Respekt behandelten und das auch von den anderen Indianern erwarten durften. Außerdem war die Schrift noch nicht eingeführt und man konnte keine Notizen machen.
Genauer gesagt: Die Handclatchtomat'l kannten die Schrift schon, aber die meisten anderen Stämme noch nicht, und daher wussten sie nicht, dass das mit den Notizen inzwischen möglich war. Die Handclatchtomat'l hingegen waren über ihre zahlreichen Versäumnisse durchaus im Bilde. Sie schämten sich ein bisschen dafür.
Die nach außen vorgespielte Komödie von Ordnung und straffer Organisation verschaffte den Handclatchtomat'ln einen gewissen Freiraum, subjektiv hatten die anderen Stämme auch gar nicht das Gefühl, dass sie ihren Verpflichtungen öfter mal nicht nachkamen.
Das konsequente Vortragen dieses Schauspiels zeugte also durchaus von einer Art von Disziplin - auch wenn die anderen Stämme dies bei Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse wahrscheinlich bestritten hätten.
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