04 Juli 2007

Viel hilft viel!

: : : Segeln : : : Trivia : : :


In Anknüpfung an den freudlosen Vortrag von vorgestern

Viel hilft viel!

Trivial, nicht? Jeder erwachsene Mensch weiß doch, dass das nicht stimmt. Oder? Jedem ist doch schon mal aufgefallen, dass das immer nur ironisch gemeint ist. Etwa nicht?

Trotzdem wird es aber immer und immer und immer wieder versucht. Irgendwas will nicht funktionieren, und die Leute versuchen es immer heftiger, wütender. Aber immer auf dieselbe Weise: Viel hilft viel, das ist dem Menschen¹ anscheinend fest ins Rückenmark graviert. Und je energischer sie es versuchen, desto mehr verlieren sie die Übersicht, desto mehr kommt ihnen jede Einsicht abhanden.

Warum nun soll man da was vom Segeln lernen können?

Naja, beim Segeln geht es normalerweise um nicht sehr viel, jedenfalls kaum jemals lebenswichtiges. Immer vorausgesetzt, dass den Leuten ein wenig Erfolg im Breitensport nicht lebenswichtig erscheint. Trotzdem benehmen sie sich oft so. (na gut, das geschieht vielleicht auch beim Fußball. Gegenüber Fußballern hab ich meine Vorurteile, die mir bitte niemand beschädigen soll)

Beim Segeln kommt man häufig in eine verfahrene Situation. Und je mehr man sich anstrengt, desto weiter fällt man zurück. Je konzentrierter man ist, desto erfolgloser. Je aufmerksamer, desto langsamer. DAS NERVT! Und gerade dann gilt die Weisheit: "STRESS MACHT LANGSAM!"

Aber: Weil das Segeln so lange dauert, hat man mehr Zeit für eine Entscheidung. Wenn man das Dilemma einmal erkannt hat, kann man sich die Sache noch einmal in Ruhe ansehen und die Taktik ändern. Naja, hätte - könnte. Das Erkennen ist nämlich gerade das Problem, jedenfalls im Wettkampf. Da will man nur eins: Schneller sein als die anderen. Nicht etwa: Erkennen.

Der andere Vorzug beim Regattasegeln: Man hat einen echten Vergleich. Am Ende steht eine Zahl, und die sagt, ob man gewonnen hat oder nicht.²

Grade im Segeln hilft VIEL VON ALLEM gar nichts. Man hat es immer mit zwei Dutzend Parametern zu tun, das ergibt ein sehr komplexes System. Und es kommt dabei nur auf die richtige Abstimmung an. Jeden Parameter einfach auf Anschlag zu setzen ist so kindisch, wie es klingt. Wird aber regelmäßig versucht.

Einfaches Beispiel: Der Weg nach Luv - das ist die Entfernung, die man genau gegen die Windrichtung zurücklegt. Weil man nicht genau gegen den Wind segeln kann, kreuzt man, fährt schräg zum Wind im Zickzack. Aber je höher das Boot zum Wind fährt, desto langsamer wird es. Je voller man fährt, desto schneller fährt es durchs Wasser. Der "schnellste Weg nach Luv" ist meist weder das eine noch das andere Extrem. Wenn man die Nase vom Boot zu hoch dreht, bleibt es stehen, wenn man rasend schnell fährt, bewegt man sich nicht mehr gegen den Wind und kommt also auch nicht ans Ziel.

Für die hier beschriebene Aufgabe hat der Mensch keine natürlichen Rezeptoren. Er kann wohl sehen, wo der Wind herkommt, und er kann spüren, wann das Boot am schnellsten durchs Wasser rauscht. Aber die Addition der beiden Parameter muss man lernen. Vor allem muss man lernen, dass man das lernen muss.

Alles klar?

Der Vorteil am Segeln: Man kann immer wieder von vorne anfangen, man kann diese knifflige Situation viel öfter durchprobieren als im richtigen Leben. Sowas übt. Behaupte ich hier.

Zurück zum richtigen Leben: Da ist VIEL HILFT VIEL genauso oft falsch. Wer viel arbeitet, hat wenig Freizeit, oder wenig Familienleben. Wer sich viel Freizeit gönnt, kommt bei der Arbeit nicht voran ... oder geht seiner Familie auf den Nerv... aaah, nee, das ist zu trivial... oder nochmal die Heimwerker: Manche glauben, dass man nur sehr viel Geld für tolles Werkzeug und bestes Material ausgeben muss und dann macht sich die Arbeit fast von allein. Stimmt natürlich nur dann, wenn man außerdem noch Ahnung von der Sache hat.

Vielleicht einfach so: Der Volksmund sagt über das Anziehen von Schrauben "Nach fest kommt ganz fest. Und nach ganz fest kommt ganz lose." So einfach hätte ich das auch viel früher formulieren können.


¹ oder ist das ein rein männliches Problem - und Frauen haben ganz andere Sorgen?
² gibt natürlich immer wieder Strategen, die einem genau erklären können, warum sie gerade heute zufällig wieder nicht gewonnen haben. Und andere, die einem genau erklären können, warum sie ganz bestimmt gewinnen würden - die dann aber nie an einem Wettkampf teilnehmen.

3 Kommentare:

mq hat gesagt…

Wenn es um die Geldsummen geht, die ins hochtechnisierte (Profi-)Regattasegeln investiert werden, spricht man nicht gerade von homöopatischen Dosen ... oder?

100 Goldfischli hat gesagt…

Auch die Amateur-Regattasegelei ist von der Homöopathie weit entfernt. Jedenfalls, was das Geld betrifft...

... aber mehrere wirklich wohlhabende Leute¹ mit dem unbedingten Willen zum Geldausgeben mussten in den letzten Wochen eben die hier beschriebene Erfahrung machen.

_________________________
¹ und ich meine wirklich wirklich² wohlhabende Leute
² über die Wirklichkeit sprechen wir ein andermal, was?

Martha hat gesagt…

Und jetzt bitte Stock abholen. HoppHopp ;)
http://zimmer-3.blogspot.com/2007/07/acht-weissu.html

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