05 September 2008

Wladimir und der Tiger




Eine Fabel


Gelegentlich besucht Wladimir Putin das Volk in der Provinz, bis tief hinein nach Sibirien. Sie liegen ihm beide am Herzen: Seine Landeskinder und die sibirischen Tiger. Doch wenn es hart auf hart kommt, müssen die Landeskinder wissen, wo ihr Platz ist - genau wie die Tiger.


Kürzlich bedrohte eine dieser Bestien - die größten ihrer Art - ein unschuldiges Kamerateam, welches nur auf die beschwerliche Reise mitgekommen war, um den Ruhm des Landesvaters zu mehren.

Das konnte der große Wladimir nicht zulassen. Fast mit bloßen Händen ging er entschlossen dazwischen, nur mit einer Betäubungspistole bewaffnet, um dem Blutdurst des grässlichen Tigers Einhalt zu gebieten.

Der Tiger jedoch fuhr fort in seinem Wüten, so dass Waldimir Putin zum allerletzten Mittel greifen musste. Ja, er war dazu gezwungen: Mutig schoss er mit der Betäubungspistole auf den Tiger, und wie üblich verfehlte er sein Ziel nicht.

Nun, da es so ist, dass ein Treffer aus dem Betäubungsgewehr erst nach einiger Zeit wirkt, musste Waldimir Putin das rasende Untier so lange aufhalten.

Mit bohrendem Blick und fester Stimme machte er dem Tiger seine Lage klar: Dass das Volk der Tiger immerhin seinen angestammten Lebensraum habe und dieser Lebensraum nur inzwischen leider jemand anderem gehöre. Falls sich die Tiger damit und mit den damit einher gehenden lästigen Nebeneffekten nicht abfinden würden, könnten sie ja wählen, nämlich zwischen Tod und Vertreibung.

Er jedenfalls, Wladimir Putin, kenne mit solchen uneinsichtigen Störenfrieden keine Nachsicht und gewähre unterlegenen Schwächlingen schon aus Prinzip keine Gnade. Die Tiger würden dann erleben, wie zweckmäßig er mit Flächenbombardements und Hetzjagden im Wald der Tiger umzugehen wisse.

Und falls das Volk der Tiger auf die abwegige Idee käme, etwa in einem Theater oder einer Schule eine große Anzahl ziviler Geiseln zu nehmen, würde er ohne Rücksicht auf eigene Verluste den Frevel beenden und die Tiger würden es nicht nur vor Ort sondern auch zu Hause zu bereuen haben und teuer bezahlen mit allem, was ihnen lieb sei.

Der Tiger hielt die ganze Zeit inne und hörte Waldimir Putin fasziniert zu. Das leckere Kamerateam hatte er längst vergessen. An sich war er noch gar nicht müde, denn in so eine kleine Betäubungspistole passt längst nicht so viel Narkosemittel wie in eine ordentliche Flinte. Aber er kannte die Sache mit dem Betäubungsgewehr schon und wusste, was man von ihm erwartete.

Insgeheim hoffte er, dass er auf elegante Weise dem nervtötenden Geschwätz dieses überdrehten Zwerges entgehen könnte: Also ließ er sich umfallen und stellte sich schlafend. Außerdem gefiel es ihm, dass sie ihm bei dieser Gelegenheit immer mit Minzcreme die Zähne putzten - das filzige Gefühl war für eine Weile weg und sie fühlten sich viel besser an. Er hätte sich auch ganz ohne Betäubungsgewehr die Zähne putzen lassen, aber das konnten die ja nicht wissen.

Der schwafelnde Zwerg in Sprungweite regte seinen Appetit sehr an. Nur hatte er eine vage Ahnung, dass sie es ihm sehr übel nehmen würden, wenn er den Zwerg in handliche Einzelteile zerlegte und den Rest für schlechte Zeiten in der Nähe der Tigerwohnung vergrub.

Also blieb er liegen, ließ sich die Zähne putzen und anschließend vermessen und ertrug das großmäulige Geschwätz des blassen Zwerges wie ein echter Tiger. Am nächsten Tag würde er seinen Wald ja wieder für sich allein haben.

Aber dass die handverlesenen Forscherdarsteller, die das kleine Großmaul mitgebracht hatte, ihn, den König der sibirischen Tiere, nicht von einem Tigermädchen unterscheiden konnten, würde er ihnen lange nicht verzeihen. Sobald er einen von denen alleine träfe, wäre der fällig.

1 Kommentar:

Peter P. Neuhaus hat gesagt…

Ich möchte diese wunderbare Geschichte gern ergänzen, indem ich gänzlich unbescheiden auf ein 5 Jahre später geschriebenes und von der taz in allerlei Haushalte expedierte Gedicht hinweise, dass zeigen soll: Einmal Putin, immer Putin!
Bitte sehr: Freunde fürs Leben
HabedieEhre!

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