20 Mai 2009

Sonnenschutz

Man soll ja nicht über die Kollegen lästern - sonst hat man besonders viel Grund zur Reue, wenn es einen selbst wieder mal trifft.
Andererseits.


Von meinem Arbeitsplatz aus sehe ich durchs Bürofenster genau auf das Dachgeschoss im Nachbarhaus. Berliner Altbau, Seitenflügel, über dem vierten Obergeschoss. Und dort kann ich seit einiger Zeit zuschauen, wie sich die hier abgebildete Sonnenschutzanlage langsam aber stetig zerlegt.


Das liegt daran, dass nie jemand das Ding hoch fährt, aber der Wind darauf keine Rücksicht nimmt und dennoch unablässig daran rüttelt. Das hält auf Dauer der beste Sonnenschutz nicht aus. Zumal, wenn er ein wenig unzureichend konstruiert ist, und wahrscheinlich doch über die eine oder andere scharfe Kante verfügt, an der sich das Tuch langsam aufschlitzt.

Wie wir erkennen können, ist das bei den drei Tuchbahnen im rechten Feld bereits geschehen. Wenn es windig ist kriegt man sehr einleuchtend vorgeführt, dass es bei den anderen Bahnen auch nicht mehr lange dauern kann.

Der Ästhet unter den Konstrukteuren hätte auch zu bemängeln, dass die ganze Anlage ein wenig unbeholfen vor das Fenster gebastelt ist. Von Leuten, die eigentlich Profis sein sollten - solche Anlagen im fünften Stockwerk kann kein Amateur, sowas gibts nicht im Baumarkt. Noch nicht.

Wie es sich wohl hinter permanenten flatternden Tuchbahnen lebt, darüber kann man spekulieren. Kennt hier zufällig jemand die Rosa-Panther-Filme? Der Gegenspieler von Inspektor Clouseau ist nicht etwa ein Krimineller, sondern der Inspektor Dreyfuss, der von Clouseau in den Wahnsinn getrieben wird. Dreyfuss hat diverse schlimme Ticks.

Etwa so stelle ich mir die Bewohner dieses Dachgeschosses vor. Wahrscheinlich eine Eigentumswohnung, und die Leute dachten, sie erwerben etwas besonders wertvolles. Der Kaufpreis legte diesen Schluss bestimmt nahe.

Am besten daran ist aber ein erstaunliches Detail: Das riesige Fenster zeigt genau nach Süden. Volltreffer der Kollegen Arschitekten. Vermutlich wurde die Südlage noch als besonders werterhöhendes Merkmal angepriesen.

Jeder Laie ahnt und jeder Architekt weiß ... sollte wissen ... dass sich Dachgeschosse bei Sonnenschein besonders gut aufheizen. Das Stichwort heißt "Barackenklima" und beschreibt einen konstruktiv schwer auszuräumenden Mangel an Speichermasse. Wenn man hingegen ein Gebäude solar beheizen will, stellt man eine Glaswand vor die massiven Bauteile. Die Sonnenwärme kommt rein, geht aber nicht gleich wieder raus.

Das dämlichste, was man also bei einem Dachgeschoss tun kann ist, eine großflächige Verglasung zu bauen. Zumindest nach Osten, Süden oder Westen.

Die Sonnenschutzanlage die hier allmählich zerfällt, ist der Offenbarungseid für so ziemlich alle, die an diesem Werk beteiligt waren - und zeigt irgendwie eine Art selbstregulierende Gerechtigkeit. Das hat man selten am Bau.

3 Kommentare:

Jalousie nach Maß kaufen hat gesagt…

Das Problem kenne ich mit meiner Dachgeschosswohnung leider auch! Aber mit den neuen Jalousien kann man schon sehr viel der Hitze draußen lassen, damit es einigermaßen erträglich in der Wohnung ist.

100 Goldfischli hat gesagt…

Lieber Herr (Frau?) JalousienachMaßkaufen,

erkenne ich hier ein ganz klein wenig Spam?

Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn denn wenigstens eine sinnvolle Lösung beworben würde. Denn siehe, Buddha sagt:
"Das Glashaus - die Steine."

Ich will es für die ahnungslosen Spammer und für alle anderen einmal unmissverständlich so formulieren:

SONNENSCHUTZ GEHÖRT NACH AUSSEN!

sonst bleibt die Wärme drinnen.

Und "Jalousien" klingt für mich irgendwie nach ... innen? Innenliegende Jalousien haben nur einen Effekt, nämlich, dass sie den Durchblick behindern. Aber die Infrarotstrahlung (Wärme) geht halt doch durch die Scheibe. Dann heizt sie den Fußboden und die heruntergelassene Jalousie auf und steigt nach oben.

Wer eine Dachwohnung haben will, die sich nicht so stark aufheizt, braucht: Speichermasse (Betonfußboden, Estrich, schwere Schüttung o.ä.) - Wärmedämmung (Material egal, Hauptsache dämmt) - verschattete Fenster (und der Sonnenschutz muss außen liegen, als festes Rollo beispielsweise. Oder die Fenster gehen nicht nach Süden).

JalousienachMaß hat gesagt…

Hallo 100Goldfischli,

da gebe ich dir vollkommen Recht, um eine wesentlich effinzientere Maßnahme der Wärmedämmung zu erreichen bedarf es einer Außenliegenden Jalousie. Da dies jedoch meißt kostpieliger und wesentlich problematischer zu befistigen ist, kann ich dennoch Jalousien oder Plissees empfehlen. Wer mir sagt das bringt nichts, den lade ich gerne in meine Dachgeschosswohnung ein, an einem Sonnigen Tag mit jeweils offenen Jalousien und einmal geschlossenen, ich denke danach wird jeder Bestätigen, das es Wärme abhält.

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