27 Dezember 2009

Afghanistan


Als außenpolitischer Laie darf man sich trotzdem Gedanken machen. Hat seine Gründe, dazu ein anderes mal mehr

Viele Leute meinen, dass die Deutschen in Afghanistan überhaupt nichts zu suchen hätten: So weit weg, so teuer. Und die vielen lieben Soldaten, die da verheizt werden! Ich hingegen finde ja schon, dass die Bundeswehr in Afghanistan ganz richtig ist. Was sie da soll? Genau das, was immer behauptet wird: Frieden und Demokratie verteilen.

Genau dafür sind die Deutschen die richtigen. Dass wir in Mitteleuropa seit über 60 Jahren Frieden haben, ist wahrscheinlich ganz wesentlich dem lästigen demokratischen System zu verdanken, in dem jeder bornierte Besserverdienende Mitspracherecht hat und jede irrationale Minderheit berücksichtigt werden muss. Immerhin redet man miteinander und schlägt sich nicht um einen kleinen Vorteil die Köpfe ein. 65 Jahre sind wahrscheinlich die längste Friedensperiode in Mitteleuropa seit der Zeit der Römer - wenn das mal kein Erfolg ist.

Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass man mit Gewalt keinen Frieden bringen kann.

Und wenn man zur Erzwingung des Friedens genau die Maßnahmen anwenden muss, die man den anderen eigentlich abgewöhnen will, kann irgendwas an der Rechtfertigung nicht stimmen.

Im übrigen: So mittelalterlich ist Afghanistan nicht. Dort wohnen genau wie hier Menschen, die sich Frieden, Wohlstand, ein ruhiges und bequemes Leben wünschen wie anderswo auch. Und es gibt eben auch solche, die sofort auf Mord und Totschlag verfallen, wenn man sie nur lässt. Das ist nicht anders als auf dem Balkan vor kurzer Zeit auch.

Was also sollen die Deutschen in Afghanistan?

Naja, die Friedfertigen und die Gutwilligen zu beschützen wäre kein schlechter Plan. Und außerdem für Wohlstand sorgen. Beispielsweise indem man Bildung einsetzt, Straßen und Brücken baut und Zugang zu europäischen Märkten ermöglicht. Wer sich selbst ernähren und kleiden kann, hat weniger Interesse an Extremisten.

Naiv, nicht? Wir haben ja Weihnachten, da darf man sich was wünschen.

Ohne Hunger, Hass und Neid gehen den Militanten schnell die Argumente aus. Egal ob es sich um "Taliban", "Warlords" oder "lokale Milizen" handelt. Und dann kommt ihnen die Unterstützung der Bevölkerung abhanden, die sie aussaugen.

Denn die sogenannte Bevölkerung macht dabei selten völlig freiwillig mit: Von der einen Seite, dem Westen, wird sie im Stich gelassen und von der anderen, den Militanten, zum Mitmachen gezwungen. Je mehr die einen Hilfe verweigern, desto weniger Zwang brauchen die anderen anzuwenden. Wenn sich nichts von dem, was die Afghanen produzieren, auf dem Markt verkaufen lässt, müssen sie zum Überleben eben das produzieren, was ihnen die Taliban bereitwillig abkaufen: Opium. Wer nun hergeht und Opiumfelder vernichtet, weil das im Westen ja illegal, böse und verboten ist, zerstört die verbliebene Lebensgrundlage all dieser Menschen und macht sie sich zum Feind.

Wer nach den Kosten des westlichen Militäreinsatzes fragt, hört gewaltige und völllig absurde Summen. Für einen Bruchteil davon ließe sich die gesamte Opiumernte aufkaufen und den Taliban ganz friedlich die Finanzquelle austrocknen.

Wahrscheinlich lässt sich in Afghanistan tatsächlich auf die Schnelle keine "funktionierende Demokratie" nach westlichem Muster aufbauen. Aber wer sich zur Zeit Italien ansieht, Israel, Griechenland oder einfach nur Bayern, der kann auch hier Zweifel an der Funktionsfähigkeit und dem Sinn von Demokratie bekommen.

Schließlich: Um den gegenwärtigen Zustand zu erreichen haben die Europäer ebenfalls mehrere Jahrzehnte gebraucht. Dazwischen war nicht eben alles zum besten bestellt.

Und warum nun ausgerechnet Afghanistan?

Na, warum denn nicht? Im Grunde sollten die Menschen jedes Landes in Frieden und Freiheit leben können, nicht nur in Afghanistan. Aber gleich nebenan, im Iran und in Pakistan ist das wegen der Größe der Länder deutlich schwerer in Gang zu setzen. Afghanistan ist kleiner, man kann mit wenig Einsatz mehr erreichen. Das Land steht auf der Schwelle und wäre für alle Entwicklungen offen. Wenn es klappt mit ein bisschen Frieden und Demokratie könnte es ein großartiges Beispiel für alle anderen abgeben.

Sehr naiv, ich weiß.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Richtiges Studium gewählt?

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31767/1.html

100 Goldfischli hat gesagt…

Mein Studium? Das war auf jeden Fall richtig.

Ich würde mich allerdings nicht darauf verlassen, dass Arschlöcher generell nicht lesen können und nichts von Physik verstehen. Oder irgendeiner anderen Wissenschaft.

Das mag für die gegenwärtigen Nazis gelten, und für die Selbstmordattentäter allüberall. Aber die Originale der Nazis vor 70 Jahren fanden sehr wohl Wissenschaftler, die genug von Physik verstanden, von Medizin, von Chemie und allem anderen.

Genauso finden die anderen Extremisten verwirrte Genies, die ihnen die gewünschte Ausrüstung zusammenfrickeln. Nur eine Frage des Geldes - für die Ausrüstung - und wie man die Sache dem Genie richtig erklärt.

Das mit dem Diesel und dem Dünger muss ich gleich mal ausprobieren. ;-)

"Sofort haben Sie einen mit TNT vergleichbaren Sprengstoff."

Muss nur noch eine Wiese finden, wo ein Ententeich fehlt. Hm, vielleicht ... den Berliner Schlossplatz?

...


...


... ähm: Was hatte das mit Afghanistan zu tun?

100 Goldfischli hat gesagt…

Welcher anonyme Gönner gibt mir hier eigentlich so wertvolle Tipps?

Anonym hat gesagt…

Das sich Leute finden, die für Geld so Zeugs zusammenbauen steht außer Frage. Wenn man's selber kann ist man aber viel unabhängiger ;-)
Mit dem Afghanistan-Eintrag hat's nichts direkt zu tun. Ich dachte mir Du könntest Dich bestätigt fühlen.

(Sieh mal auf die Uhrzeit und stell die Frage, wer um die Zeit nichts besseres zu tun hat.)

Liebe Grüße

mq hat gesagt…

Nach Rücksprache mit einem Ortskundigen stellt sich folgendes Problem: Tagsüber unterstützen die humanitären Hilfstruppen Dorfbewohner bei der Aufbauarbeit und der Errichtung einer Infrastruktur. Nachts kommen Talibantruppen und kürzen alle, die mit den ausländischen Truppen kooperieren, um exakt einen Kopf. Am folgenden Tag stehen die Hilfstruppen (und auch nichtmilitärische Organisationen) vor verschlossenen Türen - wofür man ein gewisses Maß an Verständnis aufbringen kann. Lösung?

100 Goldfischli hat gesagt…

@ mq:
Schon klar, dass es genau so läuft. Sollte es aber nicht. Das wäre genau Die Sinnvolle Aufgabe™ für das wertvoll bewaffnete auswärtige Militär - aufpassen, dass alle Köpfe dran bleiben. Eine andere können sie nicht erfüllen. Keinen Krieg führen und keine unsichtbare Guerilla "bekämpfen". Zur Zeit läuft da irgendwas schief. Und aufgeben, sich verpissen und alles sich selbst überlassen ist eine ganz blöde Idee.

@ ano nym:
1:20h? Wer? Na, ich. Sonst kenne ich da niemanden mehr, glaub ich. Autarkie in der Herstellung von ordentlichem Knallzeug würde ich für mich aber sehr begrüßen. Wo kauft man denn Kunstdünger in haushaltsüblichen Mengen? Diesel weiß ich...

mq hat gesagt…

Das sehen sowohl der Ortskundige als auch ich genauso. Aber um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müsste man nach Ansicht des Ortskundigen zusätzlich ca. 400.000 Soldaten entsenden.

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