14 Mai 2010

Zahlungsmoral (12)

eine fast nicht erfundene Geschichte


Was bisher geschah:
Unser ehemaliger Auftraggeber, ein unbegabter Architekt, hat uns nicht bezahlt, weil ihn die Ausgabe reute. Wir zahlen ihm das jetzt heim.

VIII.

Wenn ein Mensch das Geld ganz besonders lieb hat, so wie mein Ex-Chef, quält man ihn am besten indem man ihm zeigt, dass das Geld ihn nicht mehr liebt. Denn das Geld ist ein ganz scheues Reh. Und überaus schreckhaft.

Mein Architektenchef hatte ja behauptet, dass der Bauherr mit den Zahlungen im Verzug sei. Ich wusste zwar aus sicherer Quelle, dass das nicht stimmte - aber trotzdem musste ich es natürlich nachprüfen. Möglichst lautstark, so dass jeder Beteiligte darauf aufmerksam wurde.

Ich rief im Büro der Bauherren an und musste noch nicht einmal lügen. Ganz arglos erzählte ich die Geschichte, dass mein Chef gesagt hatte, er könne gerade nicht zahlen, weil er vom Bauherrn noch kein Geld bekommen hätte. Und mit gespielter Arglosigkeit fragte ich weiter, ob sie denn unzufrieden seien und ob ich noch etwas dafür tun könnte, damit der Geldfluss in Gang käme. So macht man das.

Mit ebenso routinierter Empörung antwortete mir der Vertreter des Bauherrn, dass "selbstverständlich seit Wochen" alle Rechnungen beglichen seien und dass er sich gar nicht vorstellen könne, was mein Chef da wohl gemeint haben mochte. Es müsse sich sicherlich um einen Irrtum handeln. Sicher doch. Aber der Kern des Zweifels war gelegt.

Die Souveränität, mit der mir der Bauherren-Bevollmächtigte seine Antwort gab, ließ mich vermuten, dass er sie genau wortgleich öfter verwendete. Nur dass sie dieses eine Mal der Wahrheit entsprach. Ich ließ mich überzeugen "Sicher, vermutlich ein Irrtum, ich werde den Chef darauf aufmerksam machen." Dass ich seit einer Woche nicht mehr im Büro mitarbeitete war beim Bauherrn noch niemandem aufgefallen. Mein Chef drückte sich davor, die Umbesetzung bekannt zu geben, weil er Angst hatte, das könne seinem Ruf schaden. Eine völlig irrationale Furcht, er war ja von den Bauherren nicht wegen seines guten Rufes engagiert worden, sondern weil er untertänig Sonderleistungen erbrachte und den Bauherren nicht in Rechnung stellte. Auf meine Kosten.

Der Bauherr würde niemals direkt nach diesem Gerücht fragen, ausbleibende Gehalts­zahlungen, so eine Blöße gibt sich niemand, der halbwegs bei Trost ist: "Sagen sie mal - können sie ihre Mitarbeiter etwa nicht mehr bezahlen?" Das fragt niemand so direkt. Aber er ließ sicher zufällig die Frage nach meinem Befinden ins Gespräch einfließen, wenn er wieder mit meinem Chef telefonierte.

Auf die Idee, eine ehrliche Antwort zu geben, wäre mein Ex-Chef gar nicht gekommen, dieser Reflex gehörte nicht zu seinem Repertoire. "Nein, der Herr Feinmeier ist grade nicht da, der hat heute einen freien Tag genommen." Er hätte einfach behaupten können, dass "wir uns gestritten haben" oder so. Hatten wir ja auch. Aber aus guter Gewohnheit gab er nichts zu, was aus seiner Sicht Zweifel an der Leistungsfähigkeit seines Büros aufkommen ließ. Also wird er wohl herumgestottert haben. Dies wiederum ließ das Misstrauen beim Bauherrn wachsen.





... to be fortcontinued in kürze ... hier: Zahlungsmoral (13)

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