21 Mai 2010

Zahlungsmoral (19)

eine fast nicht erfundene Geschichte


Was bisher geschah:
Unser ehemaliger Auftraggeber, ein unbegabter Architekt, hat unsere Arbeit nicht bezahlt, weil ihn die Ausgabe reute. Wir zahlen ihm das jetzt heim und sind nicht zimperlich. Seine Kreditwürdigkeit ist inzwischen nicht mehr die beste und er sitzt finanziell in der Klemme. Eine gute Gelegenheit  zum Nachtreten.



XII.
Mit der Festplatte wurde auch der Terminkalender des Chefs gesichert und befand sich dann auf dem Server. Ich konnte ihn demnach nicht tagesaktuell einsehen, aber mit einer gewissen kurzen Verzögerung. Daher wusste ich, was er so trieb. Und damit wusste ich mehr als seine Mitarbeiter. Wahrscheinlich auch mehr als seine Frau.

Nachdem die Bank seine Kreditlinie nicht verlängern wollte, war er in der Klemme. Er wollte seine angestellten Mitarbeiter nicht entlassen. Dafür waren sie einfach zu billig und machten gemessen daran halbwegs brauchbare Arbeit. Er brauchte sie, um die durchaus vorhandenen Aufträge zu bewältigen. Aber um sie halbwegs pünktlich oder überhaupt zu bezahlen musste er auf sein Erspartes zurückgreifen. In den fetten Jahren des Büros hatte sich einiges angesammelt. Das war wohl unversteuert und lag in Luxemburg. Und ich wusste aus seinem Kalender, wann er nach Luxemburg fährt.

Nun stellt sich die Finanz-Polizei nach einem anonymen Hinweis sicher nicht einen ganzen Tag lang an die Straße und wartet auf ein einzelnes Auto. Aber Luxemburg hat den Vorteil der überschaubaren Größe. Und ich wusste außerdem, in welchem Hotel der Chef wohnt. Sowie auch, wann er zurück fährt.

Meine Argumentation beim Hinweis an den Zoll war ganz einfach: "Wenn sie mir nicht glauben, brauchen sie doch bloß in seinem Hotel nachzufragen, ob er da ist." Das machte so wenig Aufwand, dass sie es tatsächlich getan haben müssen. "Und dann fahren sie ihm eben bis zur Grenze hinterher, ist ja nicht weit." Das hatte sie anscheinend ebenfalls überzeugt. Kurz vor der Grenze wurde er von einem unscheinbaren Fahrzeug überholt und direkt nach der Grenze mit einem offiziellen Zeichen herausgewunken und gefilzt. Das viele Bargeld kam bald zum Vorschein. Die Erklärung dauerte vermutlich ein Weilchen.

Es ist ja nicht so, dass alles endgültig enteignet wird, nur weil man keine einleuchtende Erklärung hat. Es wird nur vorübergehend beschlagnahmt und man muss es nachversteuern - zum dreifachen Satz. Für einen, der das Geld sehr lieb hat, sind Steuern ohnehin ein schmerzlicher Verlust. Meinem Ex-Chef muss diese himmelschreiende Ungerechtigkeit sehr, sehr weh getan haben. Hoffe ich.

Nun war der Chef nicht mehr flüssig. Nicht, dass er gar kein Vermögen mehr gehabt hätte - aber er kam nicht ran, es lag auswärts. Und seine Hausbank gab ihm nichts. In dieser Lage sah er sich veranlasst, mit seinen übrigen Mitarbeitern genau das zu tun, was er mit mir getan hatte: Er musste sie wegen der Gehaltszahlung vertrösten. Aber gleichzeitig zum Ableisten von Überstunden überreden. Das Projekt war ja da und hätte Honorar einbringen können, dabei fehlte jetzt leider ein besonders effizienter Mitarbeiter. Der Widerwille der Festangestellten gegen Überstunden war sprichwörtlich, gegen Stress allgemein noch mehr. Das wird ihn sicher einigen Schweiß gekostet haben.




... to be fortcontinued in kürze ... hier: Zahlungsmoral (20)

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