22 Mai 2010

Zahlungsmoral (20)

eine fast nicht erfundene Geschichte


Was bisher geschah:
Unser ehemaliger Auftraggeber, ein unbegabter Architekt, hat unsere Arbeit nicht bezahlt, weil ihn die Ausgabe reute. Wir zahlen ihm das jetzt heim und sind nicht zimperlich. Auf unerklärliche Weise geht seit neuestem im Büro vieles schief.



XIII.
Unsere Stadt ist nicht groß, nur vier Millionen Einwohner. Deshalb kennt fast jeder jeden. Na, nicht genau so, aber immerhin im Baubereich. Auf Umwegen hörte ich immer wieder Neuigkeiten aus dem Büro. Manchmal rief ich auch einfach unter einem Vorwand die Sekretärin an, die war nett und musste ihrem Herzen auch mal Luft machen. Damit wurde ich ihr Gesprächstherapeut und erfuhr im Gegenzug lustige Sachen.

Etwa, dass ein Lieferant den Drucker abgeholt hatte. Der Drucker war geleast, die Raten wahrscheinlich überfällig und der Chef zufällig nicht da. Woher konnte er das gewusst haben? "Ick soll hier wat abholn, dit muss zum Service." Den Chef konnte man nicht fragen, der war unterwegs und seine Frau hatte ihm die Scheidung angedroht, falls er sich unterwegs mit Geschäfts­angelegenheiten befassen sollte. "Damit das ein schöner Urlaub wird! Denk doch auch mal an das Kind! Und an mich!"

Der Drucker war weg. Nicht weiter schlimm, man kann auch außer Haus drucken lassen und es gibt sogar einen Lieferdienst. Aber das dauert einen Tag länger und man kann nur schwer Probedrucke herstellen. Wenn man es tut, muss man sie bezahlen. Dabei ist nicht allein die Herstellung das Problem, sondern auch, dass man nicht sofort darauf sehen kann. Man muss warten und der Arbeitsfluss stockt.

Die Probedrucke aus dem eigenen Drucker musste man vorher zwar auch bezahlen, aber jetzt kam für jeden eine leicht nachvollziehbare Rechnung. So bekamen die Mitarbeiter endlich ein Gefühl dafür. Wie ich den geizigen Chef kannte würden sie sich in der folgenden Zeit in peinlichen Verhören für jedes Blatt einzeln rechtfertigen müssen. Dann machten sie bestimmt weniger Probedrucke. Weniger Probedrucke – mehr Fehler. Man muss sich entscheiden.




... to be fortcontinued in kürze ... hier:  Zahlungsmoral (21)

Keine Kommentare:

kostenloser Counter