28 Dezember 2010

Bosheit und Niedertracht (2)

die kleinliche Rache der Macht
 

Was bisher geschah:
Student Lennart steckt mitten in der Diskussion mit zwei dubiosen Typen, die ihm eben die Tür eingetreten und eine Lautsprecherbox zerstört haben.




Lennart überlegte verzweifelt, aber in seinem Wohnzimmer lag absolut nichts herum was sich zur Verteidigung gegen eine Axt, ein Messer und zwei irrsinnige Kerle eignete.
"Aber ... was wollen sie denn von mir?"
Der kleinere sprach zuerst in der anderen Richtung: "Jurii, findest du nicht, dass das jetzt unsymmetrisch aussieht? Das ist doch unästhetisch! Jurii, sag doch, das findest du doch auch, oder?"
Jurii nickte.
"Jurii, das können wir doch nicht so lassen, so unsymmetrisch, oder?"
Jurii nickte.
"Ja, was machen wir denn da, Jurii?"
Die Axt krachte in die andere HiFi-Box, die bisher noch intakt war. Er hatte etwas Mühe, sie wieder heraus zu hebeln. Holzsplitter bröselten heraus.
"Jurii! Das ist wirklich destruktiv!"
Jurii nickte. Er schlug gleich noch einmal zu.
"Jurii! Also wirklich! Soll uns der junge Mann für Barbaren halten?"
Jurii verzog traurig den Mund, nickte und schlug ein weiteres mal zu.
"Aha. Stimmt. Danke."
Lennart hatte inzwischen begriffen, dass er sich tatsächlich in dieser absurden Situation befand und es sich auch nicht nur um den Scherz irgendeines geschmacklosen Bekannten handelte. Er versuchte es erneut.
"Aber was wollen sie denn von mir?"
Eine andere Wahl als diese hilflose Frage hatte er ja nicht.
"Lennart, sieh mal, du fährst schwarz mit der U-Bahn..."
Das traf zwar zu, sporadisch, aber von gewalttätigen Hausbesuchen hatte er noch nicht einmal aus den autonomen Zirkeln gehört, in denen eine ausgeprägte Autoritäts-Paranoia herrschte.
"Sind sie von den Verkehrsbetrieben?"
Er hätte nicht zu fragen brauchen. Es war offensichtlich, dass sie etwas illegales taten.
"... was glaubst du, warum die Verkehrsbetriebe das machen, U-Bahnen und so?"
Der Ton eines Lehrers, eher des Direktors, während er einen scharfen Verweis begründet. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen.
"Das ist ihre Pflicht! Menschen müssen sich irgendwie fortbewegen!"
Seine Mitschüler hatten ihn früher den Rächer der Mittelschicht genannt. Sie warfen ihm vor, dass er nur seine Meinung sagte, wenn ihm ein persönlicher Nachteil drohte. Und auch nur dann, wenn es ohne Risiko war.
"Ach ja, stimmt, schon, richtig. Aber meinst du nicht auch, das die Verkehrsbetriebe Geld verdienen wollen? Ein ganz klein wenig Geld verdienen?"
Aber jetzt hatte er ein Risiko und sagte trotzdem seine Meinung. Er war ein Held. Nur konnte er sich im Augenblick nicht richtig darüber freuen.
"Das ist ihre Pflicht! Das sind öffentliche Unternehmen! Die müssen die Bevölkerung transportieren!"
"Na gut, da hast du vielleicht recht. Aber sollten sie nicht auch ein wenig Geld dafür bekommen?"
"Nein! Das sind öffentliche Unternehmen! Sonst kauft sich jeder ein Auto und es werden mehr und mehr und es stinkt und ist laut und das Leben in der Stadt wird völlig unerträglich! Das muss kostenlos sein!"
Er ereiferte sich.
"Aha. Na, das stimmt vielleicht."
"Und außerdem sind die Bahnen nie überfüllt, die fahren sowieso, ich tu doch niemandem weh damit!"

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