04 April 2012

Nada Surf und Prosa

Aaaargh! Neulich haben sie im Radiosender meines Vertrauens ... meines früheren Vertrauens ...? ... also: Auf Radioeins haben sie neulich in der Musikdiskussionssendung am Freitagabend (Soundcheck, hier als Podcast) die durchaus begnadeten Nada Surf niedergemacht. Mag sein, dass die letzte Platte nicht ihre allerbeste ist, aber so unqualifiziertes Geläster haben sie nun wirklich nicht verdient.

Besonders böse wurde es in dem Moment, als in der Sendung der eher so minderbegabte Max Prosa einstimmig und ohne großen Widerspruch mit "gehtinordnung" bewertet wurde. Mann! Max Prosa - allein so einen trivialanspruchsvollen Künstlernamen muss man sich erstmal trauen.

Im gegenwärtigen Hit, der überall so gelobt wird, singt er "Kommst du dann zu mir zurück mein Kind?" Wer würde sowas sagen? Das ist jedenfalls keine Poesie ... und über Prosa wollen wir hier mal nicht reden, mir fällt grade kein Witzchen ein, das billig genug wäre.

Der Typ ist jetzt 22 - zu wem spricht der da, von der Anhöhe seines Alters herab? Wen singt der an? Seine sechzehnjährige Freundin, die gerade schwer auf dem Selbstfindungstrip ist?

Das Stück ist ganz schrecklich authentisch auf jungen Bob Dylan produziert, mit Bombastorchester und Gitarre und Lonesome-Lyrikdichter-Gesang. Dazu ein staubig-vorwärtstreibendes Altachtundsechziger-Intro, das schwer nach jungem Rio Reiser klingen soll, einszweidrei-einszweidraihhh! Der Typ hat überhaupt nichts eigenes.

Aber die Medien fahren voll auf ihn ab. Wer den Namen googelt muss erkennen, dass er im letzten halben Jahr in jeder besseren Zeitung besprochen wurde. Was fürn Hype um einen Hänfling...

... grausiger Höhepunkt der Hysterie war ein Interview im Tagesspiegel, wo der junge Mann ganz stolz berichtet, wie er aus seiner Heimatstadt Berlin ... nee, nicht was Ihr jetzt denkt! ... wie er aus seinem Heimatbezirk in Berlin, dem gepflegten, schönen, aber bisschen langweiligen Charlottenburg¹, bis ins to-taaal abenteuerliche verruchte gefährliche Neukölln gezogen ist. Quasi in die finstersten Favelas von³ Berlin. Das aufregendste, was er in seinem Leben bisher erlebt hat ist, wie sie dort in seiner WG einmal drei Tage nicht abgewaschen haben.

So ein bewegtes Leben macht ihn anscheinend wahnsinnig interessant für jeden ehrgeizigen Journalisten im Land. Spokesman of a Generation! Von Leuten, die ausgerechnet Max Prosa "nichmalsoübel" finden, werden jetzt die beseelten Nada Surf niedergemacht. Oh mann!





¹ Der Große Bloguator™ kommt übernigens außer aus der Heimatstadt zuletztens auch aus dem schönen Charlottenburch
² ja, gut, die Journalisten hatten für diesen Abend zum Besprechen außerdem Lana del Rey und Leonard Cohen vorgeschlagen - kann man ungefähr erkennen, was für gruselig schlechter Geschmack in der Sendung vorherrschte. Naja, so habe ich mir wieder mal das Geld für die Geisterbahn gespart und muss mich mindestens zwei Wochen lang nicht ritzen.
³ wer Berlin nicht ganz so gut kennt: Hier gibt es wirklich keine Favelas, keine Slums, keine SouthBronx. Der gefährlichste Bezirk ist Spandau - dort stirbt man qualvoll vor Langeweile

1 Kommentar:

Radegunde hat gesagt…

Aber beide waren schon bei Tex Drieschner auf der Couch. Also irgendwas müssen sie ja haben. Sowohl Nada Surf als auch der Herr Prosa. Obwohl: bei TV Noir war auch die Bombastpraline Louisan...und Poisel der Schreckliche.

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