09 Juni 2014

Chronik der Kürbiskriege! Tigergeschichte

Willkommen zurück beim Historytainment-Kanal! Hier vermischen sich Blutvergießen, Aberglaube und jahrhundertelang unbewiesene Vorstellungen von Ehre aufs schönste zur Unterhaltung der geschätzten Leserschaft! Nehmen sie virtuell Anteil am freien und wilden Leben der indigenen Eingeborenen beider Amerikas - und des kleinen Teils dazwischen.


Heute:
Der Königstiger der Kürbiskrieger (1)

Die Indianer der kürbistragenden Gebiete hatten auch Freizeit. Auch wer im Einklang mit der Natur lebte musste keineswegs ständig ums Überleben kämpfen. In normalen Jahren gaben die Erde und die Jagdgründe ausreichend Nahrung her. Neben der Arbeit blieb ihnen viel Zeit und in dieser Zeit wurde ihnen schnell langweilig. Sie entwickelten Hobbys.

Der eine sammelte Kürbiskerne und sortierte sie nach Größe, Farbe und Struktur. Eine andere ritzte eindrucksvolle Bilder in die Wände vom Canyon. Auf ihre Einladung traf man sich regelmäßig davor zum Grillen und Meinungsaustausch.

Es gab auch Haustierhaltung. Natürlich auch Nutztiere. Die Indianer konnten zwar zwischen nützlichem Nutztier und vermeintlich nutzlosem Haustier gut unterscheiden. Aber auch wenn sie Arbeit machten, gegen Haustiere sprach gar nichts, da man glaubte, dass sie gut für die Seele seien. Mit Ausnahmen.

Wir lauschen einem Gespräch zwischen Roo-Arr, dem gewählten Häuptling der Handclatchtomat'l, und Fatale Sandale, dem diensthabenden Medizinmann.
"Sag mal, Fatale Sandale, was soll das mit Lautlose Sohle?"

"Was soll mit ihm sein? Er ist mein Kater. Das macht er sehr gut."

"Aber dein Kater frisst unsere Jagdgründe leer!"

"Gar nicht! Ich gebe ihm ausreichend Lamafleisch, lauter Abfälle. Und ausschließlich gezüchtete. Das was eben so übrig ist. Zum Jagen ist er dann viel zu faul. Insgesamt macht das jede Handvoll Tage vielleicht ein ganzes Lama. So viel bleibt hier im Dorf immer übrig. Ich sammle die Abfälle bei den Nachbarn ein. Er mag es sogar besonders gern, wenn es schon stinkt."

"Aber er ist riesig!"

"Na und? Je mehr Kater desto besser."

"Er sieht nicht einmal aus wie die Katzen bei uns."

"Seit wann bist du so kleinlich? Du hast doch sonst für jeden Verständnis. Bist du jetzt zum Rassisten geworden? Nur weil du noch nie eine gestreifte Katze gesehen hast?"

"Aber er ist viel größer als alle Katzen bei uns. Viel größer als der Vertreter vom Großen Ozelot. Und sogar doppelt so groß wie ein Berglöwe!"

"Er ist genau wie alle Katzen. Er spielt gerne, er schläft gerne, er frisst gerne."

"Das ... das ist doch nicht dasselbe! Fürchtest du dich nicht manchmal vor ihm, so riesig wie er ist?"

"Nicht mehr als vor meiner Frau."

"Aber das kann man doch nicht vergleichen!"

"Der Kater ist jedenfalls berechenbarer als meine Frau. So lange er nicht hungrig ist, liebt er uns. Bei meiner Frau weiß ich nicht."

"Und wenn er hungrig ist?"

"Keine Ahnung, vermutlich macht er dann keinen Unterschied zwischen uns und dem Futter."

"Das ist doch nicht normal! Überhaupt, so einen Kater habe ich noch nie gesehen. Wo hast du ihn eigentlich her?"

"Habe ich gefunden als er noch ganz klein und hilflos war. Ich weiß nicht, woher er kommt. Damals war er nicht größer als eine gewöhnliche Miezekatze. Dass sein Fell so seltsam gestreift ist, ist mir damals auch aufgefallen. Aber man will doch auch immer was besonderes, nicht wahr? Ich konnte ja nicht ahnen, dass er dermaßen groß wird. Wir haben ihn mit Lamamilch aufgezogen, vielleicht ja deshalb."

"Deshalb was?"

"Na, die Kürbisse werden doch auch mit Lama-Dung besonders groß. Deshalb."

"Und da hast du keine Angst vor ihm?"

"Ich muss nur darauf achten, dass er nie hungrig ist. Ist gar nicht schwer, ich mag meinen Kater. Wenn ich das Futter einsammle sehe ich auch immer nach den Kranken im Dorf und weiter weg, das ist doch sehr praktisch, nicht? Und die freuen sich, dass der Medizinmann freiwillig kommt. Nicht so wie früher, kurz nachdem sie gestorben sind."

"Du machst mich wahnsinnig! Lautlose Sohle schleicht immer durchs Dorf und erschreckt die Leute!"

"Der erschreckt gar niemanden. Die merken noch nicht mal, dass er da ist, weil er immer so leise schleicht."

"Wenn sie es wüssten, würden sie sich zu Tode erschrecken!"

"Er sieht ihnen neugierig bei ihrem Leben zu, mehr nicht. Bei mir hat sich jedenfalls noch niemand beklagt."

"Und du lässt ihn frei herumlaufen!"

"Ich sperre ihn doch nicht ein! Bin ich wahnsinnig? Er braucht seine Freiheit!"

"Am letzten Halbmond hat er einen Berglöwen zerlegt!"

"Wie kommst du darauf? Das ist eine schwere Anschuldigung!"

"Ich habe einen zerfleischten Berglöwen gefunden. Wer sonst könnte einen Berglöwen zerfleischen - wenn nicht dein riesiger Kater?"

"Woher soll ich das wissen?"

"Niemand!"

"Kannst du doch gar nicht wissen..."

"Oh doch! Seine Pranken sind viermal so groß wie eine Hand von mir! Damit zerlegt er ganz leicht einen Berglöwen!"

"War der Berglöwe vielleicht auch ein Kater?"

"Weiß ich nicht. So viel war davon nicht mehr zu erkennen."

"Kater mögen sich nämlich untereinander oft nicht, so ist das bei Katzen."

"Das ist keine Katze! Das ist ein Riese! Und der Berglöwe ist der Abgesandte der Ahnen!"

"Dann muss er eben besser aufpassen."

"Aber ... das geht doch nicht! Der Berglöwe ist der Herrscher über allem!"

"Der soll sich nicht so aufspielen. Jetzt ist er eben selbst bei den Ahnen. Da lernt der Abgesandte auch mal die andere Seite kennen."

"Du ... du ... du kannst doch nicht ..."

"Was hast du eigentlich mit dem Berglöwen gemacht - ich kann mich an kein Totenfest erinnern?"

"Du warst ja nicht da, Fatale Sandale! Ich habe ihn heimlich begraben."

"So so..."

"Allerdings! Unsere Leute sollen nicht denken, das es noch etwas mächtigeres als den Mächtigen Berglöwen gibt. Sonst kommen die noch auf komische Ideen und glauben gar nichts mehr."

"Aha."

"Warum musst du nur so ein riesiges Vieh halten?"

"Das hat überhaupt keine Nachteile. Er ist sehr leise und schmusig. Nur dass er manchmal ein wenig schnarcht."

"Er schnarcht?"

"Ja, ganz leise. Süß, nicht?"

"Schläft er etwa bei euch im Haus?"

"Na, wo denn sonst? Draußen ist es kalt. Das ist auch sehr praktisch, er wärmt sehr schön das Bett."

"Er ... er ... er schläft bei Euch im Bett?"

"Manchmal. Warum nicht?"

"Was - warum nicht?!?"

"Während ihr friert und dreimal in der Nacht aufstehen müsst und Feuerholz nachlegt, haben wir Lautlose Sohle und es ist kuschelig warm. Ich musste nur das Bett vergrößern."

"Das ist doch gefährlich!"

"Nicht mehr als wenn das Feuer zu lange schwelt, wie letzten Winter bei den Nachbarn. Die sind eines Morgens aufgewacht und waren alle tot. So gefährlich ist unser Kater nicht. Wir leben noch."

"Ihr ... ihr seid wahnsinnig!"

"Nicht mehr als ihr."

"Oh doch!"

"Und dabei ist er so süß, wenn er leise schnarcht und seine Schwanzspitze zuckt. So süß!"




weiter zum 2. Teil: Hier

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