27 Februar 2007

Qualität

 

Thema heute: Der Gegensatz von Qualität und Pfusch


Reden wir doch über Qualität. Das sollte hier sowieso schon länger mal passieren. These: Qualität scheitert heute oft am Preis. Manche Leute hätten schon gerne Qualität. Nehmen sie dann aber nicht, weil es anderswo etwas gibt, das so ähnlich aussieht, aber billiger ist. Oder etwas, das sogar annähernd dasselbe leistet, Armbanduhren beispielsweise.

Von den Herstellern wird dies gern forciert. Weil der Kunde kaum die Möglichkeit zur Prüfung hat, wird die Qualität einfach nur BEHAUPTET. Das nennt man dann Werbung. Ich sage absichtlich "weil": In einer Vielzahl von Fällen hat das Produkt gar nicht die versprochenen Eigenschaften, oder nur in geringem Umfang, oder nur ähnliche Eigenschaften. Die Werbung weiß das, der Hersteller weiß das, aber versprochen wird trotzdem, unverschämt und lautstark.

Früher hätte man das Betrug genannt, aber die Zeiten ändern sich. Heute hat entweder kein Kläger genug Geld oder Wut, um der Macht der Betrüger zu widerstehen. Oder der Betrüger hat sich ein abseitiges juristisches Hintertürchen offen gehalten, das man als einzelner nur kennt, wenn man schon auf genau diese Masche hereingefallen ist. Ähnlich wie "In einigen Anschlussgebieten erhältlich". Oder einem Kunden wird hartnäckig vorgegaukelt, dass er genau zur Zielgruppe gehört - obwohl das Gegenteil der Fall ist. Davon lebt zum Beispiel die ganze Baumarktbranche.

Auf der anderen Seite ist da der Kunde. Der möchte natürlich immer die ganz große Qualität zum ganz kleinen Preis. Und er möchte sich ganz wenig Mühe geben, möglichst gar keine Arbeit haben. Der Kunde hört immer nur mit halbem Ohr hin und versteht immer nur das, was ihm zum Vorteil erscheint. Dass ein Kilo Schweinefleisch für 1,98 einen Haken haben muss, will er gar nicht wissen. Wenn auf der Verpackung der Fliesen eine Schneeflocke aufgedruckt ist, will er, dass die frostfest sind. Er ist dann enttäuscht, wenn er erfährt: Naja, da ist eine Schneeflocke auf der Packung abgedruckt, die Fliese hält schon eine Schneeflocke aus - mit Frost hat das aber nichts zu tun. Meist merkt er das aber erst, wenn die Garantie abgelaufen ist, Fliesen sind dafür ein wunderbares Beispiel.

Früher war auch nicht alles besser, Qualität und so. Man könnte meinen, am Schweinefleisch konnten sie doch nicht viel falsch machen. Aber man irrt da - Täuschung und Betrug gab es schon immer. Beim Fleisch: Das kann man zur Gewichtszunahme in Wasser einlegen. Beim verarbeiteten Fleisch, beispielsweise Bouletten, kann man fremde Produkte wie Brötchen drunter mischen. Heute heißen die Dinger Hamburger und werden streng überwacht - wenn man mal von der Brandrodung in Südamerika absieht. Im Bauwesen sparte man früher gerne am Zement und gab dafür mehr Sand zu. Die Häuser sind nicht immer gleich zusammengebrochen, aber die Haltbarkeit ist eine andere, und vielleicht schon der Unterhaltungsaufwand.

Mein persönliches Hassobjekt ist LAMINAT: Das ist der billigste Bodenbelag gleich nach "gar kein Bodenbelag". Bei diesem Produkt ist es inzwischen so weit, dass die Kundschaft das für wertvoller als echtes Holz hält, und gleichzeitig furchtbar preiswert zu haben.

Warum wollen sie es haben? Weil es "wie echtes Holz" ¹ aussieht und "so gemütlich" ¹ ist. Kann sich noch jemand an Fototapete erinnern? Kitschige Sonnenuntergänge mit Palmen in der Größe einer ganzen Wand. Nach ein paar Jahren rümpfte jeder angewidert die Nase, wenn von Fototapete die Rede war.

Laminat ist nichts anderes, nur am Fußboden. Das sind Abfallprodukte der Holzverarbeitung, Späne, irgendwie zusammengekleistert und mit Holzfotos beklebt. Doch doch, diese millimeterdünne Nutzschicht ist ein Foto und Kunstharz.

Laminat wird immer mit hoher Festigkeit der Oberfläche beworben - und das ist tatsächlich die einzige Eigenschaft, in der es Holz kurzfristig übertrifft, Holz ist meist weicher als Kunstharz. Diese Festigkeit kann allerdings niemand so richtig nutzen: Im Dauereinsatz leidet auch Kunstharz, und wenn das Foto erst durchgewetzt ist, kommen nur noch Späne.

Bei den Laminatdielen ist ein Schwachpunkt der Stoß: Ein paar Tropfen Wasser und die Späne quellen sofort auf, das lässt sich auch mit noch so trockenem Feucht-Wischen nicht verhindern. Wenn Schmutz drauf ist, kratzt man den am besten mit dem Spachtel ab. Was das Harz so an Chemie ausdünstet, will keiner sagen, vorsichtshalber misst man dann eben nicht. Das eigentlich eklige beim Laminat ist aber das Gefühl, dass man auf Pappe herumläuft. Dabei ist Pappe doch tatsächlich noch das ehrlichere Produkt. Aber die Kundschaft will Laminat.


¹ sehnsüchtig flötenden Tonfall denkt sich der Leser dazu
 

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wer billig kauft, kauft zweimal!

100 Goldfischli hat gesagt…

Wau! Du hast Dich wirklich durch diesen ganzen länglichen Text gelesen?

Aber, Du hast recht: So kann man's auch formulieren - damit kriege ich nur mein Blog nicht voll... :-)

Anonym hat gesagt…

Ich lese hier schon länger, nur kommentiere ich recht selten. Als stolzer Besitzer von verklebtem Massivholzparkett bin ich übrigens bekennender Laminathasser :-)

100 Goldfischli hat gesagt…

Ach Du bist das!

Für die Laminathasser hätte ich mit der Tirade ruhig weiter oben anfangen können, was? Argh! Wenn ich an Laminat denke, reg ich mich sofort wieder auf...!

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