11 April 2007

Chronik der Kürbiskriege


Heute: Eigenheiten höchst eigenartiger Stämme

Dichter Denker Intellektuelle

Die Selchfleischapproximat'l konnten gar nichts. Jedenfalls war das die Meinung der anderen indigenen Völker. Sie selbst hielten sich für ein Volk der Künstler und Wissenschaftler, die geborene Oberklasse der Indianervölker, und deshalb sahen sie voller Verachtung auf die anderen herab und redeten geschwollen. Ja, geschwollen.

Die kriegführenden Nationen waren für sie ungebildete Wilde. Den Sinn ihrer Existenz sahen sie im Beobachten und Verstehen der Ursachen der Dinge. Die praktische Anwendung interessierte sie nicht.

Sie wussten - rein theoretisch - wie man mit hohem Ertrag Mais anbaut. Aber am Ende jedes Winters brach bei ihnen eine Hungersnot aus. Dann schnorrten sie die verachteten Nachbarstämme um Lebensmittel an. Die mussten ihnen aus Tradition und indianischer Solidarität helfen. Niemand mochte sie.

In Wirklichkeit hatten sie reichlich wenig vom Leben verstanden. Ihr Selbstbild und ihr Ansehen bei den anderen Indianern unterschieden sich kolossal. Ihre hohe Meinung von sich selbst wurde kaum durch praktische Erfahrung getrübt - sie versuchten nämlich gar nicht erst, mit hohem Ertrag Mais anzubauen. Sonst hätten sie längst gewusst, dass ihre theoretischen Kenntnisse für den Maisanbau nicht taugten. Das einzige, wofür die vermeintlichen Kenntnisse taugten war, hochnäsig auf die anderen Völker herabzusehen und sich selbst für etwas besseres zu halten. Bis zum nächsten Frühjahr.

Ihre Wissenschaft taugte nicht für den Alltag. Ihre Kunst beleidigte die Sinne und den Verstand. Viele andere Stämme schufen anspruchsvolle künstlerische Werke, ohne sie so zu nennen. Einige schnitzten Figuren, die Krankheiten vertrieben, einige zeichneten mit Sand Diagramme, mit denen sie in die Zukunft sehen konnten und einige hatten Tänze, mit denen sich der Verlauf des Wetters ändern ließ. Aber niemand wäre auf die Idee gekommen, das als Kunst zu bezeichnen. Auch nicht als Wissenschaft. Allenfalls noch Tradition hätten sie gelten lassen, aber was sie da taten, brauchte selten einen Namen.

Die Selchfleischapproximat'l hingegen erfanden Namen, ohne diese mit irgendwelchem ernstzunehmenden Inhalt füllen zu können. Nur wollten sie das nicht wahrhaben. Sie waren eben Unsympathen.

Viele Generationen später sollten Architekten, Werbefachleute und Hausgerätedesigner diese unterbrochene Tradition wieder aufnehmen. Aber davon handeln andere Geschichten.


Niedertracht der Naturvölker

Ganz anders die Poclatchcoat'l. Sie waren als Einzelpersonen beliebt, wegen ihres Charmes und ihres interessanten Aussehens. Als Stamm hingegen waren sie wegen ihrer Bosheit gefürchtet.

Beides war Ergebnis einer endlosen Reihe von Misserfolgen: Ihr begründeter Zynismus hatte sich im Lauf von Generationen in einen ziellosen Hass auf so ziemlich alles verwandelt. Sie bedrohten jeden, der eine Schwäche zeigte, öffentlich mit Häme, waren aber unsterblich beleidigt, wenn jemand das selbe mit ihnen tat.

Unter vier Augen verhielten sie sich oft ganz anders. Aber das musste der betreffende erst selbst erlebt haben ... was viel seltener vorkam als ihre öffentlich zur Schau getragene Niedertracht, wer wollte sich schon der Gefahr der Demütigung aussetzen? Aber die Sache hatte ein gutes: Sie wurden als allerletzte von den Selchfleischapproximat'ln angeschnorrt.
 

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