12 Juli 2007

Unfall


unheimliche Beobachtung

Tagtäglich ist man auf der Straße. Wer von Euch hat schon mal einen Unfall gesehen? Auto~ meine ich. Hier in Berlin rummst es ja andauernd. Meistens kleinste Blechschäden, da man wegen der vielen Ampeln sowieso nicht sehr schnell fahren kann.

Mit einer gewissen Anzahl von Lebensjahren hat man also den einen oder anderen Unfall gesehen. Oder sogar an einem teilgenommen - aber davon soll heute keine Rede sein.

Auffällig ist das Verhalten der Unfallbeteiligten. Normalerweise ist der deutsche Autofahrer ja auf Zucht & Ordnung bedacht. Aber nach einer Kollision ist er empört über die Ungerechtigkeit der Welt. Jedenfalls meint er, dass in diesem Ausnahmefall selbst das Gesetz der Schwerkraft für ihn nicht mehr gelten dürfe.

Wenn es gekracht hat - oder sagen wir zutreffender: Wenn es eine außerplanmäßige Berührung zwischen Kraftfahrzeugen gab - drehen die Leute durch: Sie stellen ihre Karre schräg in den Gegenverkehr oder blockieren sämtliche Einfahrten zur Kreuzung oder parken auf dem Gehweg so, dass man nicht einmal zu Fuß außen rum kommt.

Und dann rennen sie panisch auf und ab und telefonieren hektisch mit Gott & der Welt als gälte es, sich per Handy aus diesem Leben zu verabschieden und mit dem Herrn im Himmel schon mal einen Termin abzustimmen.

(das beschreibt schon die Größe des Unfalls: Sie können 1. ihr Auto überhaupt verlassen und 2. auch noch ganz gut laufen)

Wenn sie eine Pappkamera aus dem 1-€-Shop haben, verknipsen sie den ganzen Film und wenn sie auch noch Kreide dabei haben, malen sie im dichtesten Verkehr auf der Straße herum. Sofern sie den Verkehr auf der vierspurigen Straße nicht durch ihr Verhalten ohnehin völlig zum Erliegen gebracht haben.

Das alles als Beweissicherung für den 2.000,-€-Kratzer an ihrem in der Farbe des Wagenlenkers lackierten Stoßfänger.

Ein Autofahrer nach einer einfachen Berührung ist hilfloser als ein Säugling, oder wie ein Roboter ohne Funkkontakt zur Basis.

Den Versicherungen ist das herzlich egal. Die regeln den Schaden unter sich nach Gutdünken und "freiem Ermessen" (=Willkür) der subalternen Hofschranzen untergeordneten Sachbearbeiter. Der Versicherte erfährt erst mit der nächsten Rechnung vom Wegfall seines Schadensfreiheitsrabattes und der Verdreifachung seiner Prämie. Dann ist die Widerspruchsfrist aber schon abgelaufen.

Ich frage mich, was so eine Kollision für den betroffenen Autofahrer bedeutet: Ein wenig Ausnahmezustand und ein kleines bisschen Freiheit, das es sofort zu nutzen gilt? Oder die Chance, als Profi-Unfallabwickler cool zu wirken und ganz groß rauszukommen?

Während sich also die Unfallbeteiligten kindisch und schlicht dämlich anstellen, gelten für alle anderen die Gesetze der Straße weiter. Für sie steigt die Chance, ungebremst in die liebevoll arrangierte Beweissicherungsszene zu krachen.
 

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