Die Taikonauten hatten es in ihrer selbstgebauten Rakete doch tatsächlich bis zum Jupitermond Io geschafft und dort unter der Wolkendecke ganz überraschend ein steppenartiges Ökosystem vorgefunden, das dem ihrer Heimat sehr ähnlich sah.
Direkt nach der Landung holten sie die Gartenstühle und mitgebrachten Plastikblumen aus der Kapsel, schraubten die Kamera auf ein Stativ und machten ein stolzes Beweisfoto, um es zur Erde zu schicken.
Sie kamen aus der verlassenen Nordprovinz, einem kleinen Ort direkt an der Grenze zur Mongolei. Zu Ehren ihres Ortes und der ganzen Heimatprovinz wollten sie der Welt beweisen, dass das chinesische Bildungssystem mehr ermöglichte als nur das Kopieren westlicher Microchips und die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft auf allerhöchstem Niveau.
Für den Bau ihrer Rakete hatten sie Stahlschrott verwendet, der von den ersten chinesischen Kernreaktoren übriggeblieben und in der Nähe ihres Dorfes abgeladen worden war. Die Halde war leicht zu finden gewesen, in dunklen Nächten konnte man sie trüb leuchten sehen. Selbstverständlich verwendeten die Taikonauten für ihre Rakete nur sehr schwach strahlende Teile, die sie mit einem ebenfalls selbstgebauten Geigerzähler aussortierten. Den Rest überließen sie den dreihöckrigen Kamelen, die es seit einiger Zeit in der Gegend gab.
Mit der Hilfe des ganzen Dorfes bauten sie ihre Rakete zusammen, die Großmütter strickten ihnen noch blaue Glücks-Schals, falls es unterwegs in dem Raumschiff sehr kühl werden sollte.
Für den Antrieb der Feststoff-Raketen entwickelten die Taikonauten einen speziellen Kohlestaub-Reaktor, der mit dem Abraum eines nahegelegenen illegalen Bergwerks betrieben werden konnte. Der Bergwerksbesitzer war ihnen außerordentlich dankbar, dass ihm jemand das lästige Zeug, welches die Maschinen verstopfte und zudem noch giftig war, ohne zu murren abnahm. Er spendete daher nach längerem Feilschen den Kohlestaub kostenlos, sofern die Taikonauten ihn nur selbst abholten.
Der Start der Rakete gelang ohne Schwierigkeiten, was die Leistungsfähigkeit des chinesischen Bildungssystems gerade auf naturwissenschaftlichem Gebiet fraglos unter Beweis stellte. Auf dem Monate langen Weg zum Trabanten Io rezitierten die Taikonauten alte chinesische Philosophen, Kriegskünstler und auch weise Worte des großen Vorsitzenden Mao. Sie taten dies, um sich zu unterhalten, jedoch auch, um sich die großen Errungenschaften des chinesischen Geistes immer wieder vor Augen zu führen.
So gerüstet, war ihnen die Landung in einer steppenartigen Gegend auf dem Jupitermond Io gelungen.
Während sie da saßen und sich fotografierten, tickerte im Inneren der Rakete eine Meldung aus dem Fernschreiber. Für modernere Mikroelektronik hatten die Mittel gefehlt. Auf dem Lochstreifen hieß es, dass die zweite Rakete, die vorgesehen war um sie auf die Erde zurückzuholen, nun doch nicht gebaut werden könne, da der strahlende Kraftwerksschrott inzwischen für wichtigere Aufgaben in der Landwirtschaft gebraucht werde.
Und so lange sie da saßen und sich fotografierten entging ihnen auch, wie sich die Bewohner des Jupitermondes von hinten neugierig näherten.
auf der Erde hatte sich die Nachrichten-Agentur Reuters für sehr viel Geld die Exklusiv-Rechte zur Verbreitung des Bildmaterials über alle Kanäle gesichert. Sie wurde erwartungsgemäß schnell darüber aufgeklärt, was Chinesen unter dem Terminus "exklusiv" verstehen.
2 Kommentare:
"Sage mal, Carsten kann es sein, dass du nicht allzu viel Respekt vor der chinesischen Raumfahrt hast?"
"Wer? Ich?"
also doch!
so sah ich sie landen auf dem Io.
Schaue aus dem Bett laufend mit dem Rohr zum Nachthimmel und zähle die Juptermonde. Dabei war es kurz mal sehr hell und dann dunkel auf Io. Das sind sie!
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