Untote Grafen (2.1)
“Oh, nein, Herr Graf! Da sprechen wir eben noch von ihnen - was machen sie denn hier?"
"Sie wissen doch, wie leicht es ohnehin ist, ihre Gedanken zu lesen - auf diesem leeren Planeten sind sie kaum zu überhören."
"Und deshalb besuchen sie uns wieder?"
"Sie
haben ihren fantastischen Chardonnay erwähnt. Da ich mich gerne daran
erinnere, dachte ich, dass ich sie einmal aufsuchen müsste."
"Warum sind sie überhaupt noch hier?"
"Weil ich nicht fort bin."
"Und warum sind sie noch nicht fort?"
"Sie sind aber neugierig! Dafür, dass sie mich zur Halluzination erklärt haben, wollen sie überraschend viel wissen!"
"Ich bin am Wohlergehen meiner Halluzinationen nun einmal sehr interessiert."
"Das freut mich. Also, wegen ihres Chardonnay ...?"
"Ich habe zur Zeit nur zwei Flaschen, muss erst wieder neuen erzeugen lassen, aber das braucht seine Zeit."
"Kalt?"
"Selbstverständlich!"
"Holen sie sie. Dann erzähle ich.”
"Na schön. Kann aber einen Moment dauern."
"Wer ist denn hier neugierig - sie oder ich? Ich werde es mir so lange im Korbsessel auf der Terrasse des
Raumschiffs bequem machen, während sie da drin verschwinden...
... Käpt'n, was tun sie da? Nein, im Keller ist der Wein nicht! Er befindet sich ganz hinten im Kühlschrank, haben sie das vergessen?"
"Ja, habe ich wohl. Aber sie wissen es?"
"Natürlich, ich kann ihre Gedanken lesen."
"Selbst die vergessenen?"
"Ist
kein so großer Unterschied. Die, an die sie sich selbst irgendwann
wieder erinnern können, kann ich selbstverständlich ebenfalls lesen."
"Und die verdrängten?"
"Das hängt von der Verdrängungstechnik ab."
"Wovon?"
"Davon, mit welcher Technik sie verdrängt haben."
"Es gibt verschiedene Techniken?"
"Das
müssten SIE doch am besten wissen. SIE verdrängen doch! Überschreiben
mit angenehmeren. Schockieren. Drogen. Körperliche Verausgabung."
"Äh, ja, danke, so verdränge ich wohl."
"Der Wein steht in der Küche, wie gesagt, ganz hinten im großen Kühlschrank.
Aus der Küche hörte man Klappern und Räumen. Dann leises Klirren.
"Also Käpt'n, hören sie, nicht die billigen Gläser, das ist stillos! Nehmen sie gefälligst die guten!"
"Aber Herr Graf, sie wissen doch dann ebenso gut wie ich, wie schlecht man da rankommt!"
"Diese
billigen Pressgläser sind stillos! Strengen sie sich gefälligst an! Es
ist IHR hervorragender Chardonnay! Das hat er nicht verdient!"
Leises
Stöhnen aus der Küche. Nach einer Weile tauchte der Käpt'n mit einem
Tablett wieder auf, darauf zwei Kristallkelche und eine Karaffe mit dem
Wein.
“Verzeihung, ich musste ihn umfüllen. Wenn er
aus dem Erzeuger kommt, bewahren wir in in praktischen Universalgefäßen
auf, aber die sind sehr unansehnlich."
"Na, sehen sie Käpt'n, es geht doch! Vielen Dank, cheers!"
to be continued
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