Schimmeltirade, 2. Teil
Na gut. Wo wir nun schon wissen, dass es Schimmel geben kann: Was tut man dann?
Reflexhafte Anwtort:
"Das kommt drauf an..."Zuerst die Beschreibung der
Maßnahme, wer keine Lust hat, braucht dann nicht weiter zu lesen:
In Deutschland sind üblicherweise Wände und oft auch Decken tapeziert, mit Rauhfaser. Darunter befindet sich Putz auf Mauerwerk. Die Späne und der Leim der Tapeten geben allerbeste Nahrung für Schimmel. Die Tapete wird deshalb abgerissen, und zwar mit großzügigem Abstand um den Befall herum. Leimreste sollten möglichst auch weg sein. Anschließend wird der Putz mit reinem Alkohol großzügig abgewischt, besser getränkt. Muss kein Single-Malt sein, wichtig ist nur, dass der Alkohol möglichst hochprozentig ist, das zerstört die Sporen. Es geht auch billiger Brennspiritus, der Alkohol verdunstet schließlich sehr schnell wieder.Der Putz selbst ist meist mineralisch und bietet eine wesentlich schlechtere Nahrungsgrundlage für den Schimmel. Am besten wäre, die befallene Stelle gar nicht mehr zu tapezieren und auch sonst keinen organischen Anstrich aufzubringen. Höchstens Kalkfarbe.Maßnahme Ende.VertiefungsseminarNun erklärt sich einiges, wenn man weiß, dass Schimmel sich besonders dort gut entwickelt, wo er flüssiges Wasser antrifft. Das kennt jeder: Kondenswasser, das an Scheiben herab läuft. In der Raumluft ist Wasserdampf enthalten, wenn der auf eine kalte Fläche trifft, kondensiert er.
Derselbe Vorgang spielt sich auf Wänden ab, wenn die Oberfläche zu kühl ist: Es bildet sich Kondenswasser. Nur sieht man es oft nicht, weil es schnell von der Wand aufgesogen wird. Durch heute übliche Wandfarben wird das Aufsaugen allerdings zuweilen so stark gebremst dass sich immer wieder ein flüssiger Film bildet.
Wenn man den ganzen Vorgang einschränkt, gedeiht der Schimmel schlechter.
Das kann man durch verschiedene Maßnahmen erreichen:
1. Weniger Luftfeuchtigkeit "Da haben sie wohl nicht richtig gelüftet!"Die Luftfeuchtigkeit kommt u.a. durch den Dampf in der ausgeatmeten Luft in den Raum. Je mehr Bewohner, desto mehr Wasserdampf. Aber auch durch Kochen, Geschirrspüler, Waschmaschinen, trocknende Wäsche, Pflanzen, Aquarien.
Hingegen: Außenluft ist meist trockener als Raumluft. Je weniger Luftaustausch, desto mehr Wasserdampf.
Man müsste also das Gegenteil tun: Wäsche auf dem Balkon trocknen, Dunsthaube mit Abzug nach draußen, weniger Pflanzen, Waschmaschine im Keller. Und wenn das alles nicht hilft, auch mal lüften.
Aber manche Dinge sind schwer umzusetzen: "Weniger atmen" geht nun mal schlecht, auf Pflanzen will keiner verzichten und man kann den Geschirrspüler auch nicht auf den Balkon stellen. Und das Lüften kostet Zeit, außerdem wird es kalt.
2. Wandoberfläche wärmer machenDann kondensiert das Wasser nicht auf der Oberfläche. Dies erreicht man durch Wärmedämmung - oder durch Beheizung. Dafür genügt es auch oft, wenn warme Raumluft immer ganz bis an die betroffene Wand herankommt, und nicht durch Möbel oder Vorhänge ferngehalten wird. Früher sagte man: "
Keine Möbel an Außenwände!"
3. Kondenswasser auf der Oberfläche verhindernSaugfähige/diffusionsoffene Oberfläche herstellen. Heißt: Anstrich des Putzes in betroffenen Bereichen am besten ganz weglassen.
Aber man will es doch gerne schön haben. Dann soll man wenigstens
diffusionsoffene Farben nehmen. Dazu zählen Silikat- und Kalkfarben. Kreide-/Leimfarbe zwar auch, aber wir wollten dem Schimmel mit dem Leim ja keine neue Nahrung anbieten. Und normale Dispersionsfarbe mit Sicherheit nicht.
So weit die einfache Lösung. Je nach Randbedingungen kann das helfen - oder nicht. Wenn nicht, braucht man einen Sachverständigen.
Von Baumarktgiften und fungiziden Anstrichen wird hier insgesamt
dringend abgeraten. Da weiß man nie, ob das Zeug wirklich so unbedenklich ist, wie die Verkäufer heute noch behaupten. DDT und Lindan waren auch mal beliebte Heilmittel.
Extended mix / Erläuterung:a.) wer genau hinsieht, kann einen Zusammenhang zwischen den Punkten 1. und 2. erkennen:
Manchmal werden neue Fenster eingebaut, sieht ja gut aus, und ist auch dicht, so dass weniger Heizwärme durch die Fugen nach draußen geht. Dummerweise bleibt damit auch die Feuchtigkeit im Raum. Wenn jetzt außen keine Wärmedämmung auf der Wand angebracht wird, ist die Wandoberfläche so kühl wie vorher - aber mehr Feuchtigkeit in der Luft. Damit ist das Risiko der Schimmelbildung durch eine vermeintlich hilfreiche Renovierungsmaßnahme deutlich gestiegen.
b.) in Bädern werden heute gerne wischfeste Farben genommen. Die bremsen die Dampfdiffusion bzw. das Einsickern von Wasser in den Putz und anschließende Verdunstung. Heißt: Das Schimmelrisiko steigt.
c.) Grundrisse sind heute anders als früher: Nämlich
"optimiert". Im sozialen Wohnungsbau muss man seine Möbel da hin stellen, wo Platz ist - nicht da, wo es physikalisch sinnvoll ist. Deshalb stehen heute oft Möbel an Außenwänden. Ist das die Schuld des Mieters?
Bonustrack
Auf Holzoberflächen (z.B. Fensterrahmen) kann man den Schimmel auch mit Essigessenz bekämpfen.